Suchoptionen
Startseite Medien Wissenswertes Forschung und Publikationen Statistiken Geldpolitik Der Euro Zahlungsverkehr und Märkte Karriere
Vorschläge
Sortieren nach
  • PRESSEMITTEILUNG

EZB unternimmt weitere Schritte, um Klimaschutz stärker in ihre geldpolitischen Geschäfte einzubeziehen

4. Juli 2022

  • EZB berücksichtigt Klimawandel bei ihren Ankäufen von Unternehmensanleihen, im Sicherheitenrahmen, bei Offenlegungspflichten und der Risikosteuerung, im Einklang mit ihrem Maßnahmenplan zum Klimawandel
  • Mit den Maßnahmen sollen Finanzrisiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel in der Bilanz des Eurosystems verringert, die Transparenz erhöht und der grüne Wandel der Wirtschaft unterstützt werden
  • Maßnahmen werden regelmäßig überprüft, damit sie ihren Zweck erfüllen und auf die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens und die Ziele der EU zur Klimaneutralität abgestimmt sind

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat beschlossen, weitere Schritte zu unternehmen, um Klimaaspekte in den geldpolitischen Handlungsrahmen des Eurosystems einzubeziehen. Er beschloss, die Bestände an Unternehmensanleihen in den zu geldpolitischen Zwecken gehaltenen Portfolios des Eurosystems und den Sicherheitenrahmen anzupassen, klimabezogene Offenlegungspflichten einzuführen und das Risikomanagementverfahren auszubauen.

Diese Maßnahmen sind so gestaltet, dass sie vollständig im Einklang mit dem vorrangigen Ziel des Eurosystems stehen, Preisstabilität zu gewährleisten. Mit ihnen sollen klimabedingte Finanzrisiken in der Bilanz des Eurosystems besser berücksichtigt und – im Hinblick auf unser nachrangiges Ziel – der grüne Wandel der Wirtschaft entsprechend den Zielen der EU zur Klimaneutralität unterstützt werden. Außerdem schaffen unsere Maßnahmen Anreize für Unternehmen und Finanzinstitute, ihre CO2-Emissionen transparenter darzulegen und zu verringern.

„Mit diesen Entscheidungen setzen wir unsere Zusage zur Bekämpfung des Klimawandels in die Tat um“, so EZB-Präsidentin Christine Lagarde. „Wir unternehmen weitere konkrete Schritte innerhalb unseres Mandats, um den Klimawandel in unsere geldpolitischen Geschäfte einzubeziehen. Und im Rahmen unserer Klimaagenda, die wir kontinuierlich weiterentwickeln, werden weitere Schritte folgen, um unsere Tätigkeiten auf die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens abzustimmen.“

Die folgenden konkreten Maßnahmen wurden beschlossen:

  • Bestände an Unternehmensanleihen: Das Eurosystem strebt eine allmähliche Dekarbonisierung seiner Bestände an Unternehmensanleihen im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens an. Zu diesem Zweck wird das Eurosystem diese Bestände durch eine Wiederanlage der in den kommenden Jahren erwarteten umfangreichen Tilgungen auf Emittenten mit einer besseren Klimaleistung verschieben. Eine bessere Klimaleistung wird anhand von niedrigeren Treibhausgasemissionen, ehrgeizigeren Zielen für die CO2-Reduktion und besseren klimabezogenen Offenlegungen gemessen.
    Verschieben bedeutet, dass der Anteil der Vermögenswerte in der Bilanz des Eurosystems, die von Unternehmen mit einer besseren Klimaleistung ausgegeben werden, im Vergleich zu dem von Unternehmen mit schlechterer Klimaleistung erhöht wird. Dadurch sollen klimabedingte Finanzrisiken in der Bilanz des Eurosystems gemindert werden. Es werden auch Anreize für Emittenten geschaffen, ihre Offenlegungen zu verbessern und ihre CO2-Emissionen künftig zu verringern.
    Die EZB geht davon aus, dass die Maßnahmen ab Oktober 2022 Anwendung finden. Weitere Einzelheiten folgen kurz vor diesem Zeitpunkt. Ab dem ersten Quartal 2023 wird die EZB regelmäßig klimabezogene Informationen zu den Beständen an Unternehmensanleihen veröffentlichen.
    In jedem Fall wird das Volumen der Ankäufe von Unternehmensanleihen weiterhin ausschließlich von geldpolitischen Überlegungen und ihrer Rolle bei der Erreichung des Inflationsziels der EZB bestimmt.
  • Sicherheitenrahmen: Das Eurosystem wird den Anteil der von Unternehmen mit einem hohem CO2-Fußabdruck ausgegebenen Vermögenswerte begrenzen, die von einzelnen Geschäftspartnern für beim Eurosystem aufgenommene Kredite als Sicherheiten hinterlegt werden können. Mit dieser neuen Begrenzungsregelung sollen klimabedingte Finanzrisiken bei Kreditgeschäften des Eurosystems verringert werden. Zunächst wird das Eurosystem solche Begrenzungen nur auf marktfähige Schuldtitel anwenden, die von Unternehmen außerhalb des Finanzsektors (nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften) begeben werden. Mit zunehmender Verbesserung der Qualität der klimabezogenen Daten können auch weitere Anlageklassen unter diese neue Begrenzungsregelung fallen. Die Maßnahme soll vor Ende 2024 Anwendung finden, sofern die erforderlichen technischen Voraussetzungen gegeben sind. Um Banken und andere Geschäftspartner dazu zu bewegen, sich frühzeitig vorzubereiten, wird das Eurosystem die Begrenzungsregelung vor ihrer konkreten Umsetzung testen. Weitere Einzelheiten, einschließlich des Zeitplans, werden zu gegebener Zeit bekanntgegeben.
    Zudem wird das Eurosystem ab diesem Jahr Klimarisiken bei der Prüfung von Bewertungsabschlägen für als Sicherheiten verwendete Unternehmensanleihen berücksichtigen. Bewertungsabschläge sind Abschläge, die auf den Wert von Sicherheiten basierend auf deren Risikogehalt vorgenommen werden.
    In jedem Fall wird mit allen Maßnahmen gewährleistet, dass weiterhin reichlich Sicherheiten verfügbar sind, damit die Geldpolitik weiterhin wirksam durchgeführt werden kann.
  • Klimabezogene Offenlegungspflichten für Sicherheiten: Das Eurosystem akzeptiert bei seinen Kreditgeschäften ausschließlich marktfähige Sicherheiten und Kreditforderungen von Unternehmen und Schuldnern, die die Anforderungen der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) einhalten (sobald die Richtlinie vollständig umgesetzt ist). Da sich die Umsetzung dieser Richtlinie verzögert, dürften die neuen Zulassungskriterien ab 2026 gelten.
    Diese Anforderung gilt für alle Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich der CSRD fallen. Damit werden die Offenlegungen verbessert und eine bessere Datenlage für Finanzinstitutionen, Investoren und die Zivilgesellschaft geschaffen.
    Um die Beteiligten dazu zu bewegen, sich frühzeitig an die neuen Regeln anzupassen, wird die EZB diese Regeln ein Jahr vor der konkreten Umsetzung testen.
    Ein wesentlicher Anteil der Vermögenswerte, die als Sicherheiten bei Kreditgeschäften des Eurosystems hinterlegt werden können (z. B. Asset-Backed Securities und gedeckte Schuldverschreibungen), fällt jedoch nicht unter die CSRD. Um auch eine angemessene Bewertung der klimabedingten Finanzrisiken für diese Vermögenswerte zu gewährleisten, unterstützt das Eurosystem eine bessere und harmonisierte Offenlegung klimabezogener Daten zu diesen Vermögenswerten und steht dafür – als Katalysator – in enger Verbindung mit den zuständigen Behörden.
  • Risikobewertung und -management: Das Eurosystem wird außerdem seine Instrumente und Fähigkeiten zur Risikobewertung weiter ausbauen, um Klimarisiken besser Rechnung zu tragen. So hat beispielsweise die Analyse der EZB gezeigt, dass die derzeitigen Offenlegungsstandards trotz der bereits erzielten Fortschritte der Ratingagenturen noch nicht zufriedenstellend sind.
    Um die externe Bewertung von Klimarisiken zu verbessern, wird das Eurosystem die Ratingagenturen auffordern, transparenter darzulegen, wie sie Klimarisiken in ihre Ratings einbeziehen, und ihre Offenlegungspflichten zu Klimarisiken ehrgeiziger zu gestalten. Das Eurosystem steht diesbezüglich in engem Austausch mit den zuständigen Behörden.
    Darüber hinaus verständigte sich das Eurosystem auf eine Reihe gemeinsamer Mindeststandards dafür, wie Klimarisiken in den Ratings der internen Bonitätsbeurteilungssysteme der nationalen Zentralbanken berücksichtigt werden sollten. Diese Standards werden bis Ende 2024 in Kraft treten.

Der EZB-Rat ist fest entschlossen, alle vorstehend dargelegten Maßnahmen regelmäßig zu überprüfen. Er wird ihre Wirkung bewerten und sie gegebenenfalls anpassen: a) um zu bestätigen, dass sie ihre geldpolitischen Ziele weiterhin erfüllen, b) um – innerhalb seines Mandats – sicherzustellen, dass die betreffenden Maßnahmen nach wie vor den Dekarbonisierungspfad zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens und der Ziele der EU zur Klimaneutralität fördern, c) um auf künftige Verbesserungen der Klimadaten und der Modellierung von Klimarisiken oder auf regulatorische Änderungen zu reagieren und d) um, innerhalb seines Preisstabilitätsmandats, zusätzliche ökologische Herausforderungen anzugehen.

Unternehmen und Staaten müssen ihren Teil zur Bekämpfung von Klimarisiken beitragen, indem sie die Offenlegungen verbessern und ihren Verpflichtungen zur Reduzierung von CO2-Emissionen nachkommen.

Die vorstehend beschriebenen Beschlüsse sind Teil des im Juli 2021 bekanntgegebenen Maßnahmenplans zum Klimawandel. Die Arbeit der EZB schreitet wie in dem Klimafahrplan beschrieben voran. Sie muss gegebenenfalls angepasst werden, wenn sich der Zeitplan in den EU-Rechtsvorschriften ändert.

Die EZB berücksichtigt Klimaaspekte nicht nur bei der Geldpolitik, sondern auch in anderen Bereichen ihrer Arbeit. Hierzu zählen Bankenaufsicht, Finanzstabilität, wirtschaftliche Analyse, statistische Daten sowie die ökologische Nachhaltigkeit von Unternehmen. Mit dieser Verpflichtung wollen wir auf dreierlei Weise einen echten Beitrag leisten: a) indem wir die mit dem Klimawandel verbundenen Finanzrisiken steuern und mindern und seine wirtschaftlichen Auswirkungen bewerten, b) indem wir ein nachhaltiges Finanzwesen fördern, um einen geordneten Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft zu unterstützen und c) indem wir unser Fachwissen zur Verfügung stellen, um so umfassendere Veränderungen des Verhaltens der Wirtschaftsakteure zu fördern.

Eine Übersicht der laufenden Maßnahmen findet sich in der EZB-weiten Klimaagenda (siehe Anhang).

Medienanfragen sind an Daniel Weber (Tel.: +49 172 8344 539) zu richten.

KONTAKT

Europäische Zentralbank

Generaldirektion Kommunikation

Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet.

Ansprechpartner für Medienvertreter