Notenbanken - Detailanalyse der Protokolle

Protokollen eilt der Ruf voraus, staubtrocken zu sein. Nicht so in der Finanzwelt. Investoren reagieren sensibel auf die Statements großer Notenbanken. Zentralbankpolitik ist für alle Marktteilnehmer herausfordernd wie schon lange nicht mehr - die folgende Analyse der jüngsten Protokolle liefert einen Überblick. 

Uli Krämer

Uli Krämer, CIO bei KEPLER-FONDS KAG

 

Uli Krämer, Leiter des Portfoliomanagements bei Kepler, analysiert die aktuellen Protokolle der US-Notenbank und der europäischen Zentralbank. Der studierte Volkswirt weist bereits 25 Jahre Expertise an den Finanazmärkten auf und managt auch nachhaltige Rentenfonds.

Video - Detailanalyse Notenbankprotokolle

Chief Investment Officer Uli Krämer zeigt in einem Video-Statement und mit einer Detailanalyse auf, was in den aktuellen Protokollen der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank steht.

Wippe mit roten Kugeln

Zentralbankpolitik

Die Ausgangslage

Weltweit wichtige Zentralbanken wie die US-amerikanische Federal Reserve (FED) und die europäische Zentralbank (EZB) stehen aufgrund wirtschaftlicher und kriegsbedingt auch politischer Rahmenbedingungen vor vergleichbaren Herausforderungen. Diese gleichen einem Hochseilakt ohne Netz! Denn kaum hat sich die globale Konjunktur aus den Fesseln der Pandemie und damit in Verbindung stehenden Lieferkettenproblemen halbwegs gelöst, sorgt der Krieg in der Ukraine für den nächsten externen Schock. Und dieser bringt insbesondere für Europa sehr hohe Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung mit sich.

Nur eines lässt sich mit Sicherheit sagen: Das Wachstum wird sich verlangsamen, die Inflation erhält einen weiteren Schub nach oben. Damit sind weltweit die Zentralbanken gefordert, die extrem lockere Geldpolitik den neuen Gegebenheiten anzupassen. Aber wie viel Straffung ist notwendig? Zu viel endet in einer Rezession, zu wenig droht Inflationserwartungen längerfristig über vertretbare Niveaus zu heben und im Endeffekt inflationäre Tendenzen zu verfestigen.

In der Erläuterung ihrer jüngsten Entscheidungen heben die FED und die EZB die gestiegenen Unsicherheiten hervor. Sie gehen von einem Wachstumsknick (keiner Rezession!) und einem kurzfristig zusätzlichen Schub der Inflation nach oben aus. Und beide betonen die Datenabhängigkeit zukünftiger Entscheidungen. In einem Umfeld mit bereits vielen Fragezeichen sollen die anstehenden geldpolitischen Maßnahmen die Unsicherheit nicht zusätzlich anheizen.

Fed versus EZB - Gleiche Problemstellungen. Unterschiedliche Ergebnisse.

Trotz gemeinsamer Ausgangslage kommen die US-Notenbanker und ihre europäischen Pendants zu unterschiedlichen Ergebnissen:

Die FED hebt die Zinsen an und bereitet darauf vor, dass 2022 noch zahlreiche Schritte nach oben folgen. In einer der nächsten Sitzungen werden auch Entscheidungen gefasst und kommuniziert, wie die Bilanzsumme verringert wird. So wie es momentan aussieht, soll der sehr hohe Bestand von Anleihen in der FED-Bilanz beginnend mit Mai sukzessive reduziert werden - und zwar wesentlich schneller als bei der letzten Reduktion in den Jahren 2018 und 2019.

FED-Vorsitzender Jerome Powell versuchte im Frage- und Antwortteil der jüngsten Pressekonferenz glaubwürdig zu versichern, dass die US-Notenbank alles daran setzen wird, die Inflationserwartungen weiter bei 2 Prozent zu verankern. Erwartungen einer dauerhaft höheren Inflation sollen sich auf keinen Fall verwurzeln. Denn die daraus resultierenden Kosten wären sehr hoch.

Dagegen stehen die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank: EZB-Chefin Christine Lagarde will zuerst die Kaufprogramme auslaufen lassen, dann in einem nächsten Schritt die Zinsen erhöhen und erst zuletzt die Bilanzsumme reduzieren.f

USA: Wie schnell wirkt die Zinspolitik?

FED-Chef Powell hat zum Thema US-Arbeitsmarkt auf einen wichtigen Punkt verwiesen: Im Zuge der Pandemie hat sich das Arbeitskräfteangebot in den USA im Vergleich schlecht erholt und hinkt anderen Ländern hinterher. Zuletzt erhöhte sich die Partizipationsrate, also der Anteil der Bevölkerung der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, leicht. Powell geht davon aus, dass dieser Trend langsam aber doch anhalten wird - so wie das in der letzten langen Erholungsphase nach der „Großen Rezession“ 2008/09 der Fall war. Das sollte Druck von der Lohnentwicklung nehmen - Stichwort „Lohn-Preis-Spirale“ - und einen wichtigen Beitrag zur Inflationsbekämpfung leisten.

Die US-Notenbank geht momentan davon aus, dass die Inflationsraten im 2. Halbjahr 2022 langsam zurück gehen. Auch Basiseffekte wegen der Messung von Inflation in rollierenden 12-Monats-Fenstern tragen dazu bei.

Die FED weiß, dass ihre geldpolitischen Maßnahmen mit einer Zeitverzögerung von mehreren Quartalen auf die Wirtschaft wirken. In Beantwortung einer Frage hat Powell deswegen darauf hingewiesen, dass die finanziellen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft nicht erst mit der ersten Zinserhöhung enger geworden sind. Denn schon seit mehreren Monaten steigen die Renditen für US-Staatsanleihen deutlich und auch die Risikoprämien für Unternehmensanleihen haben sich ausgeweitet. Der Finanzmarkt widerspiegelt damit deutlich, dass die FED-Rhetorik Wirkung gezeigt hat.

Eurozone: Noch überwiegen externe Inflationsursachen.

Die Eurozone ist anders als die USA, darauf legte EZB-Präsidentin Christine Lagarde großen Wert. In der jüngsten Pressekonferenz meinte sie gar, die Abwägung der unterschiedlichen Geldpolitik komme einem Vergleich von Äpfeln mit Birnen nahe. Insbesondere hob sie hervor, dass die Eurozone aufgrund der geografischen Nähe zum Krieg in der Ukraine und der Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland wirtschaftlich stärker als die USA betroffen sein wird. Zudem sei der Arbeitsmarkt bei weitem nicht so eng wie in den USA. Und zu guter Letzt steigen die Löhne in der Eurozone laut den letzten verfügbaren Zahlen im Jahresvergleich deutlich unter 2 Prozent. Die EZB weiß, dass die Lohnentwicklung hinsichtlich der Ausprägung einer Lohn-Preis-Spirale wesentlich ist und einen „Rückspiegel-Indikator“ darstellt. Deswegen wird dieser Faktor intensiv beobachtet.

Eurozone.: Welche nächsten Schritte plant die EZB?

Für die EZB ist die Verankerung von Inflationserwartungen genauso wichtig wie für die FED. In der aktuellen Lage geht sie davon aus, dass der eingeschlagene geldpolitische Pfad ausreichend ist, um die Inflationserwartungen mittelfristig bei 2 Prozent zu halten. Dieser Weg beginnt zunächst damit, die Kaufprogramme abzuschließen. Erst danach wird über die Höhe von Zinssätzen entschieden. Abschließend ist die Bilanzhöhe ein Thema. Der ungewisse Verlauf des Krieges in der Ukraine erfordert laut EZB-Präsidentin Lagarde noch mehr eine Geldpolitik, die flexibel auf geänderte Rahmenbedingungen reagieren kann.

Diese Flexibilität zeigte sich beispielsweise bei der Änderung des EZB-Wordings, wann nach Ende der Anleiheankäufe eine erste Zinserhöhung erfolgt. Diese Änderung wurde in der März-Pressekonferenz hinterfragt und im April näher erläutert. Im Januar hatte es geheißen, Zinsanhebungen könnten kurz vor dem Ende der Ankäufe erfolgen („shortly before“). Im März und April heißt es nun einige Zeit nach dem Ende („some time after“) - und das kann eine Woche oder mehrere Monate danach bedeuten. Bewusst hat die EZB das Wording nicht auf „shortly after“ geändert. Sie wollte angesichts der vielen Unsicherheiten flexibel bleiben und trotzdem dem Finanzmarkt signalisieren, dass sie sich der Inflationsthematik sehr bewusst ist.

Solange die Inflationsraten im Wesentlichen wegen externer Schocks so hoch sind, könnte die EZB-Strategie aufgehen. Spätestens wenn Zweitrundeneffekte wie z.B. starke Lohnerhöhungen zunehmen, ist die Angemessenheit der EZB-Geldpolitik aber noch intensiver am Prüfstand.

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