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Investmentmöglichkeiten in Argentinien und Brasilien

Mai 2019
Marketingdokument

Es rumort in Südamerika

Für Anleger gibt es interessante Entwicklungen in Argentinien und Brasilien. Wir haben uns vor Ort umgeschaut.

01

Die beiden Seiten des Wasserfalls

Die Iguazú-Wasserfälle an der Grenze zwischen Brasilien und Argentinien gehören vielleicht zu den eindrucksvollsten Naturwundern, aber das Tosen der 1,5 Millionen Liter Wasser, die jede Sekunde gegen die Felsen donnern, ist nicht mehr als ein Rumoren im Vergleich zu den wirtschaftlichen Entwicklungen, die zurzeit auf beiden Seiten der Grenze toben. Zwei Mitglieder unseres Emerging Markets Teams haben in beiden Ländern vor Ort recherchiert – Guido Chamorro in Argentinien und Adriana Cristea in Brasilien.

Bei diesen Besuchen standen nicht nur Treffen mit Zentralbank- und Regierungsvertretern auf dem Programm. Mit der Unterstützung, einer Stiftung, die sich für die Jugendförderung einsetzt, haben wir uns in die Dörfer, die Favelas und Barrios begeben, um nach Hinweisen zu suchen, dass die öffentlichen Programme in diesen Volkswirtschaften tatsächlich etwas bewirken. Wir glauben, dass dieser aktive, integrative Ansatz uns zu besseren und verantwortungsvolleren Anlegern macht. 

Unsere Erkenntnisse sind in unsere Positionierung eingeflossen. Wir sind im argentinischen Peso und in auf US-Dollar lautenden argentinischen Staatsanleihen und auch leicht im brasilianischen Real übergewichtet und warten die weiteren Entwicklungen ab. Davon machen wir es abhängig, ob wir diese Position ausbauen und möglicherweise zu einer Übergewichtung brasilianischer Lokalwährungsanleihen übergehen.

02

Argentinien – Guido Chamorro

Vor sechs Monaten, bei meinem letzten Besuch, standen alle Signale in dem Land auf Rot. Die Wirtschaft kühlte sich rapide ab, die Inflation schoss in die Höhe und das Risiko, dass Argentinien seine Schulden nicht würde refinanzieren können, nahm zu – Beobachter fragten sich, ob die vom Internationalen Währungsfonds zugesagten Mittel von 50 Mrd. US-$ schnell genug zur Verfügung stehen würden.

Ungeachtet der Marktturbulenzen, die sich daraufhin einstellten, scheint das Schlimmste vorüber zu sein. Bei meinem letzten Besuch vor ein paar Wochen habe ich zumindest genug gesehen, das Anlass zu Optimismus gibt. Die Wirtschaft hat im letzten Jahr einen starken Dämpfer erlitten, lässt jetzt aber wieder Lebenszeichen erkennen. In den ersten drei Monaten des Jahres ist sie mit 0,5% im Quartal gewachsen. Zudem hat das Refinanzierungsrisiko abgenommen, nachdem der IWF sein Darlehen um 7 Mrd. US-$ aufgestockt und mit Auszahlungen begonnen hat.

Argentinien könnte sich 2019 für Schwellenländeranleger als Topp oder Flopp erweisen. Wir glauben, dass die Verschuldung des Landes attraktive Chancen eröffnet. Seine auf US-Dollar lautenden Anleihen bieten ordentliche Renditen vor dem Hintergrund der geringen Refinanzierungsrisiken. Die Lokalwährungsanleihen werden den Anlegern mit Sicherheit eine holprige Tour bescheren, aber wer einen robusten Magen und einen klaren Kopf hat, kann hohe Renditen erzielen.

Diese Zeichen der Hoffnung werden jedoch durch die besorgniserregend hohe Inflation und erhebliche politische Unsicherheit getrübt.

Der Schein trügt

Wer sich in den eleganten Stadtbezirken von Buenos Aires aufhält, übersieht leicht, dass es um die Wirtschaft Argentiniens nicht gut bestellt ist. Internationale Flüge in die Hauptstadt sind genauso voll wie das Four Seasons. Nette Restaurants sind unter der Woche ausgebucht. Die Wohlhabenden haben es geschafft, sich aus der Krise herauszumanövrieren, indem sie ihre Ersparnisse in US-Dollar umgewandelt haben.

Bei der übrigen Bevölkerung sieht es ganz anders aus. Nach einem starken Start ins Jahr 2018 ging die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um jährlich 4% und im dritten Quartal um weitere 3,5% zurück. Die Inflation war zügellos.

Aber dank des grössten Kreditprogramms in der Geschichte des IWF hat sich die Lage verbessert. Die Löhne schliessen langsam zu den Preisen auf und die Stimmung stabilisiert sich. Eine gute Sojaernte könnte das Wachstum weiter beflügeln, sodass es genügend Raum für positive Überraschungen gibt. Der Vertreter des IWF war positiv überrascht, wie schnell sich die Wirtschaft stabilisiert hat, auch wenn die Inflation weiter enttäuscht.

Auf dem Weg der Besserung

Gesamtstaatlicher Haushaltssaldo und Leistungsbilanz, % des BIP (Prognose aus 2019)

Abbildung Leistungsbilanz Argentinien
Quelle: Internationaler Währungsfonds, World Economic Outlook April 2019.

Die Inflation liegt bei rund 50% – wenngleich der Starbucks-Kaffee, den ich mir auf dieser Reise gegönnt habe, 50 Prozent teurer war als letzten Oktober. Der IWF hat seine Prognose für das aktuelle Jahr von 20% auf 30% angehoben. Zum Glück macht der IWF Strukturprobleme und nicht die politischen Lenker des Landes für die Probleme verantwortlich. Die Beziehung zwischen dem IWF und Argentinien scheint recht stabil zu sein, aber das muss sie auch. Es wird lange dauern, bis Argentinien seine Schulden zurückgezahlt hat.

Der argentinische Durchschnittsbürger ist nach wie vor misstrauisch gegenüber dem IWF, dem viele die Schuld für die Staatspleite und die Wirtschaftskrise 2001 geben. Die Vertreter des IWF haben erklärt, dass sie ihren Ansatz geändert haben und viel unternommen wurde, um Prinzipien wie sozialer Zusammenhalt, Gleichstellung der Geschlechter und Schutz der Schwächsten der Gesellschaft Geltung zu verleihen. Wie sagte die IWF-Chefin Christine Lagarde so schön: „Das ist nicht der IWF, wie ihn Ihre Grosseltern kannten.“

Oktober-Revolution?

Die grösste Sorge des Markts ist die Frage, was bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober passieren wird. Vorerst findet ein offenes Rennen zwischen mehreren Kandidaten statt, unter anderem Mauricio Macri, dem marktfreundlichen amtierenden Präsidenten, und Cristina Kirchner, der marktfeindlichen ehemaligen Präsidentin und Angehörigen der Peronistischen Partei. Die jüngste Marktvolatilität lässt darauf schliessen, dass Kirchner in der Gunst der Wähler aufsteigt, aber ich glaube, Macri oder ein anderer Kandidat aus seiner Koalition haben nach wie vor die Oberhand und die Wahrscheinlichkeit eines Wahlsiegs liegt bei 60–70%.

Kirchner polarisiert die Wähler, aber da die Peronistische Partei und damit eine starke Wählerschaft hinter ihr steht, wäre es ein Fehler, sie abzuschreiben. Ein peronistischer Kompromiss – der vermutlich nicht ganz so abschreckend für die Märkte ist wie Kirchner – könnte aus den Reihen der ehemaligen Minister kommen.

ESG

So sinnvoll es auch ist, sich mit Politikern und Zentralbankvertretern in schicken Besprechungsräumen in Buenos Aires zu unterhalten – wir müssen uns auch damit beschäftigen, welches Leben der argentinische Normalbürger führt. Um mehr darüber zu erfahren, sind wir eine Partnerschaft mit  einer Stiftung eingegangen, die lokale Wohltätigkeitsorganisationen und Vereine unterstützt, welche jungen Menschen helfen. Unsere Kontaktpersonen haben bestätigt, dass die Macri-Regierung die sozialen Ausgaben erhöht hat, aber sie stellen gleichzeitig die Wirksamkeit dieser Bemühungen in Frage. Sie prangern auch an, dass sich das argentinische Bildungswesen in den vergangenen zehn Jahren immer mehr verschlechtert hat – das könnte am Ende zu einer strukturellen Belastung für die Wirtschaft werden.

Wo wir stehen

Im Ergebnis dürften sich argentinische Staatsanleihen, die auf US-Dollar lauten und mit 11–12% rentieren, gut entwickeln, wenn das Hartwährungsuniversum insgesamt weiter eine Rally vollführt, aber diese Renditen sind an den Anleihemärkten der Schwellenländer nichts Besonderes. Dank des IWF-Programms besteht nur ein geringes Das kurzfristiges Refinanzierungsrisiko. Wir sind übergewichtet positioniert, wenngleich unsere positive Einschätzung zum Zustand des Hartwährungsmarkts insgesamt einen grossen Anteil hat.

Der Markt für argentinische Anleihen in Lokalwährung ist um einiges attraktiver. Das sind die einzigen Anleihen, bei denen ich mir Renditen von um die 50% vorstellen kann. Und das hat seinen Grund. Die natürliche Entwicklung des argentinischen Peso sieht so aus, dass er mit der Inflation abwertet – mit rund 30% pro Jahr –, sodass die Anleger mit Realrenditen von etwa 20% rechnen können. Diese Entwicklung kann jedoch holprig sein. Der Peso hat in der Vergangenheit alle paar Monate Ausverkäufe in einer Grössenordnung von 10% erlebt, ohne dass es dafür einen offensichtlichen Auslöser gegeben hätte. Das bedeutet: Egal, wie hoch die Rendite erscheint, hier kann man leicht Geld verlieren, wenn der Zeitpunkt nicht richtig gewählt ist.

03

Brasilien – Adriana Cristea

In der Favela, die wir mit einer gemeinnützigen Einrichtung besuchten, ist eine der am stärksten benachteiligten in Rio de Janeiro und es herrscht dort eine extrem hohe Gewaltkriminalität – in einem Land, dessen Mordrate ohnehin schon dem Schwellenwert für konfliktbezogene Gewalt der WHO entspricht.

Es gibt aber auch Anlass zu Optimismus. Doch trotz allen Engagements bei der Unterstützung benachteiligter Jugendlicher muss die Hauptlast von den Politikern getragen werden. Auch wenn die Tendenz positiv ist, ist Vorsicht vor zu grosser Hoffnung geboten.

Kehren neue Besen besser?

Jair Bolsonaro hat zu Beginn des Jahres sein Amt als neuer Präsident Brasiliens angetreten. Er wollte die altmodische Politik wegfegen und stattdessen eine Fülle wirtschaftlicher und sozialer Reformen auf den Weg bringen. Aber sein Besen gehorcht ihm nicht.

Aufgrund der Zersplitterung des Kongresses und seines gespannten Verhältnisses zur Regierung kommt das so wichtige Gesetz über die Rentenreform einfach nicht durch. Bolsonaros Pläne, die Ausgaben für die Alterssicherung um 1,2 Bio. BRL (ca. 302 Mrd. US-$) signifikant über einen Zeitraum von zehn Jahren zu kürzen, könnten auf etwa  500 Mrd. BRL gestutzt werden, sollten sie von der (traditionellen) politischen Maschinerie abgesegnet werden. Das ist problematisch. Unseren Berechnungen zufolge braucht Brasilien eine Haushaltskonsolidierung von rund 2,5% des BIP – der Großteil davon müsste von der Reform des Sozialversicherungssystems gestemmt werden, der Rest von Privatisierungen, der Streichung des Mindestlohns und vom Kampf gegen Steuerbetrug und -vermeidung –, damit die Wirtschaft auflebt und das Vertrauen der Anleger wiederhergestellt wird. Wir gehen davon aus, dass die Reform des Sozialversicherungssystem nach Möglichkeit bis zu BRL 1 Bio. (USD 255 Mrd.) an Einsparungen bringen muss, damit es mit der Wirtschaft aufwärts geht.

Bolsonaros schwere Last

Staatsverschuldung Brasilien im Verhältnis zum BIP, % (Prognose aus 2018)

Abbildung Staatsverschuldung Brasilien
Quelle: Internationaler Währungsfonds, World Economic Outlook April 2019
Das erklärt auch, warum das Wachstum weiterhin enttäuscht und nach der anfänglichen Begeisterung die Stimmung in der brasilianischen Bevölkerung wieder gedrückt ist. Kein Wunder, dass Bolsonaro in den Umfragen schlecht wegkommt. Der Konsum ist verhalten, eine Folge der ungenutzten Kapazität am Arbeitsmarkt und des langsamen Wachstums der Realeinkommen. Der Unternehmenssektor leidet unter den hohen Fremdkapitalkosten, die durch fehlenden Wettbewerb, Bürokratie, geringe Akzeptanz von Technologie und eine ineffiziente Rechtsprechung verursacht wurden und alle gemeinsam die Wirksamkeit monetärer Entscheidungen hemmen.

Reformorientiert

Sollte Bolsonaro es schaffen, seine Rentenreform durchzubringen, dürfte der Rest seiner Agenda ein Spaziergang sein, da für einen Grossteil seiner Themen keine Zustimmung des Kongresses nötig ist. Unter diesem Vorbehalt dürfte die Öffnung des Handels durch Senkung der Zölle, Förderung des Wettbewerbs in diversen Branchen, Privatisierungen, Steuerreform, Arbeitsmarktreform usw. positiven Einfluss auf die Wirtschaft haben. Technokraten aus der Regierung, die ich getroffen habe, machten einen energiegeladenen Eindruck und ihnen ist bewusst, dass sie den Auftrag haben, strukturelle Veränderungen herbeizuführen, damit Brasilien gerechter, offener und produktiver wird. Das Land hat ohne Zweifel noch einen weiten Weg vor sich. Nehmen wir als Beispiel die Bildung. Auch wenn Brasilien pro Schüler viel mehr ausgibt als vergleichbare Schwellenländer, sind die Schulen in benachteiligten Gemeinden überfüllt und es fehlt an lokaler Sicherheit, sodass die Kinder im besten Fall an 80 Tagen im Jahr im Unterricht sitzen.

Vorerst tun ausländische Anleger gut daran, eine vorsichtige Haltung einzunehmen. Die Investitionsströme lassen darauf schliessen, dass sie nicht sehr stark in Anleihen oder der Währung des Landes investiert sind. Obwohl sich die Aussichten für das Land gebessert haben und die politischen Spannungen weitgehend abgenommen haben, hängt unserer Meinung nach viel davon ab, wie die Verhandlungen  zur Rentenreform voranschreiten und inwieweit die vorgeschlagenen Kürzungen verwässert werden. Die fiskalische Anpassung ist keineswegs eine einfache Aufgabe, doch ist der kurzfristige Schmerz erforderlich, um langfristige für Brasiliens künftige Generationen einen Erfolg zu erzielen. Wir sind im brasilianischen Real zurzeit leicht übergewichtet. Günstige Entwicklungen in Sachen Rentenreform wären für uns ein Grund, diese Position auszubauen und vielleicht auch zu einer Übergewichtung in brasilianischen Lokalwährungsanleihen überzugehen.