Die Woche voraus:
Markt-Update von Allianz Global Investors
Erste Schritte
Das Jahresende 2024 und der Jahresanfang 2025 waren durchaus ereignisreich, und die Kurse an den Finanzmärkten sind kräftig in Bewegung geraten. Die zweite Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump hat viel Aufmerksamkeit erregt, und in der Tat hat der neue Präsident gleich am ersten Tag zahlreiche Verordnungen erlassen, die insgesamt eher am pragmatischen Ende des Spektrums lagen, mit dem die Finanzmärkte gerechnet hatten. Wie die Strategie in der Zollpolitik sowie in der Handelspolitik insgesamt aussehen wird, dürfte sich wohl erst im Zeitablauf klären.
Ende 2024 fanden außerdem bei Zentralbanksitzungen bedeutsame Weichenstellungen statt. Bei ihrer Dezember-Sitzung überraschte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Marktteilnehmer insofern, als sie ihre Inflationsprognose nach oben korrigierte und damit auch für das kommende Jahr höhere Leitzinsen in Aussicht stellte.
Seither haben die Mitglieder des Offenmarktausschusses den Anlegern praktisch einhellig signalisiert, dass die Notenbank nach der raschen Zinssenkung um 100 Basispunkte (1,00%-Punkte) im zweiten Halbjahr 2024 künftig bei Zinsreduzierungsentscheidungen sehr viel langsamer vorgehen dürfte. Den Prognosen der Fed zufolge ist 2025 mit zwei Zinsschritten zu rechnen; die Finanzmärkte preisen seit Jahresbeginn allerdings weniger ein. Die Renditen von 10-jährigen Anleihen, die den Zinspfad für das nächste Jahrzehnt diskontieren, sind seit September, also dem Beginn des Zinssenkungszyklus der Fed, um rund 100 Basispunkte angestiegen.
Im Dezember stand also die Fed im Rampenlicht. Im laufenden Monat ist wohl die Europäische Zentralbank (EZB) diejenige Notenbank, bei der am ehesten mit einem Leitzinsschritt zu rechnen ist. In ihrer gleichzeitig mit der Zinssenkungsentscheidung vom Dezember veröffentlichten Presseerklärung schrieb die EZB, dass sie ihre Zinsentscheidungen weiterhin in Abhängigkeit von der Datenlage fällen werde. Eine subtile Formulierungsänderung deutet aus unserer Sicht jedoch darauf hin, dass sie bei der kommenden Sitzung eher zu einer Zinssenkung neigt.
Vor der Dezember-Sitzung hatte die EZB geäußert, es werde von den Daten abhängen, wie lange und in welchem Umfang die Geldpolitik restriktiv bleiben werde. Im Dezember hieß es dagegen lediglich, die anstehenden Daten würden sich darauf auswirken, welche geldpolitischen Entscheidungen die EZB für angemessen halte. Da die Zentralbank die aktuellen Bedingungen weiterhin als restriktiv bezeichnete, impliziert dies aus unserer Sicht, dass die EZB ihren Inflationsprognosen hinreichend vertraut, um derzeit erst einmal weitere Zinssenkungen vorzunehmen. Die seither veröffentlichten Wachstums- und Inflationsdaten dürften an dieser Auffassung der Zentralbank nichts geändert haben. Daher halten wir eine Zinssenkung um 25 Bp. für die wahrscheinlichste Entwicklung.
Leitzinssätze für den US-amerikanischen und europäischen Raum, (%)
Quelle: Allianz Global Investors Global Economics & Strategy, Bloomberg. Stand der Daten: 20.01.2025.
Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für die Zukunft.
Die Woche voraus
Neben den Sitzungen der Fed und der EZB stehen in der kommenden Woche noch wichtige Daten an.
In den USA und im Euroraum werden die ersten BIPSchätzungen für das vierte Quartal veröffentlicht. Für die USA wird ein Wachstum von nahe 3,0% (annualisiert) erwartet, im Euroraum wohl etwas weniger als 1,0% (annualisiert). Der Abstand zwischen den Wachstumsraten ist höher als es in der Vergangenheit normal war – eine Situation, die im kommenden Jahr wohl bestehen bleiben dürfte, wenn es nicht zu überraschenden politischen Kurswechseln kommt.
Ebenfalls in den USA dürften sich die Auftragseingänge für dauerhafte Gebrauchsgüter nach einer kurzen Schwäche im November erholen. Die Kernrate des von der Fed verwendeten Index für private Konsumausgaben (Personal Consumption Expenditure, PCE) hat im Dezember wahrscheinlich knapp über dem Zielwert der Notenbank gelegen. Der Index für Beschäftigungskosten ist im vierten Quartal wohl leicht auf rund 4,0% (annualisiert) angestiegen.
Im Euroraum werden neben den BIP-Daten für das vierte Quartal auch die Umfragen der EU-Kommission zum Geschäftsvertrauen veröffentlicht. Sie werden zeigen, ob die Ende 2024 verzeichnete Schwäche überwunden wird. Das Geldmengenwachstum dürfte sich allmählich verbessern, weil die Zinssenkungen der EZB langsam auf die Kreditvergabeentscheidungen durchschlagen. In Deutschland liegt der ifo-Index seit dem Ende der Pandemie durchgehend unter dem Niveau, das er davor innehatte. Dies scheint sich bedauerlicherweise fortzusetzen, was für kein oder ein leicht negatives BIP-Wachstum im vierten Quartal spricht. Die deutschen Inflationsdaten für Januar dürften genau beobachtet werden, da die Preise Anfang des vergangenen Jahres in beträchtlichem Umfang angepasst wurden.
In China wird der Caixin-Einkaufsmanagerindex Aufschluss darüber geben, ob die konjunkturelle Beschleunigung zum Jahresende 2024 bis ins neue Jahr hinein angehalten hat. In Großbritannien dürfte der CBI-Geschäftsklimaindex wie andere Umfragen auch seit dem Haushalt vom Oktober gefallen sein. Und in Japan werden zum Wochenende hin noch Arbeitsmarktdaten, Zahlen zu den Konsumausgaben und Baubeginne sowie der VPI für den Raum Tokio veröffentlicht.
Bei den ersten Schritten ins neue Jahr bewegen wir uns noch auf vertrautem Gelände. Allerdings hat die Amtseinführung von Präsident Trump erneut zu Bewusstsein gebracht, dass 2025 beträchtliche Veränderungen anstehen.
Ihr
Sean Shepley
Senior Economist