Denn nach wie vor kocht jeder Anbieter sein eigenes Süppchen und versucht, seine Vorteile gegenüber den Wettbewerbern hervorzuheben. Dabei sollte die Branche lieber mit einer Stimme zu sprechen.
Wohin es führen kann, wenn eine Branche sich nicht auf ein einheitliches Konzept einigt, zeigt der Bereich nachhaltiger Investments. Dazu gehören Fonds, welche bei ihren Anlageentscheidungen neben ökonomischen auch ökologische und soziale Faktoren berücksichtigen. Viele Investoren halten das an sich für eine gute Idee und interessieren sich für entsprechende Anlagemöglichkeiten. Doch die Mittelzuflüsse hielten sich bislang in Grenzen, weil Anleger die einzelnen Produkte nicht verstehen und miteinander vergleichen können. Denn im Detail definiert fast jeder Anbieter den Ansatz seiner nachhaltigen Finanzprodukte anders.
Meiner Ansicht nach müssen die Regulatoren in der ETF-Branche ein klar abgegrenztes Spielfeld schaffen. Nur sie können den Wildwuchs der Produktnamen und -kategorien in den Griff bekommen, den die Marketingabteilungen der Anbieter geschaffen haben. Grundsätzlich gilt: Der Name eines Produktes sollte immer eindeutig klarmachen, worum es sich handelt.
Die Regulatoren sollten den Markt der börsengehandelten Produkte (Exchange Traded Products - ETPs) in börsengehandelte Indexfonds (ETFs) einerseits sowie Anleihen (Zertifikate, Exchange Traded Notes - ETNs und Exchange Traded Commodities - ETCs) andererseits unterteilen. Dass ein Investor die grundlegenden Unterschiede zwischen Fonds und Anleihen kennt, sollte man voraussetzen dürfen. Zudem sollten Anleihen in besicherte und unbesicherte Strukturen unterteilt werden, weil das Emittentenrisiko dabei unterschiedlich groß ist.
Steht dieses Grundgerüst, kann man sich über die genauere Klassifizierung der einzelnen ETFs Gedanken machen. Für Investoren und insbesondere Privatanleger ist es sicherlich hilfreich, wenn Sie am Namen erkennen können, ob ein ETF seinen Basisindex grundsätzlich über einen Swap abbildet oder nicht. Ebenso muss der Name klarmachen, ob der Fonds die Wertentwicklung seines Indexes überproportional - also gehebelt - oder umgekehrt - sprich short - nachvollzieht und auf welchen Zeitraum sich diese Effekte beziehen.
Einige Marktteilnehmer haben vorgeschlagen, dass ETFs, welche die Wertentwicklungen von Indizes über Swap-Geschäfte nachvollziehen statt in die Indexpapiere zu investieren, das Wort Derivate im Namen tragen sollten. Meiner Meinung nach ist dieser Vorschlag nicht sinnvoll. Denn schließlich nutzen auch ETFs, welche die Indexpapiere kaufen, von Zeit zu Zeit Derivate zur Optimierung von Dividendenerträgen.
Aus meiner Sicht sollten die ETF Anbieter möglichst bald beginnen, den Regulatoren mit einer Stimme gegenüberzutreten, anstatt durch marketing-getriebene Initiativen noch mehr Verwirrung zu stiften. Denn ansonsten könnte es passieren, dass Politiker und Aufseher über das Ziel hinausschießen.
Dass diese Sorge nicht unbegründet ist, zeigt die Äußerung eines EU-Beamten vor Kurzem auf einer Veranstaltung in Brüssel: Aufgrund der Tatsache, dass die meisten ETF-Umsätze außerbörslich (OTC) stattfänden und viele Produkte auf Derivaten (Swaps) basierten, handele es sich dabei weder um börsennotierte Instrumente noch um Fonds.
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Über den Autor Detlef Glow, MBA (UoW):
Glow begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Thomson Reuters - Lipper. Seit Anfang 2007 war er dort Leiter der Fondsanalyse für Zentral-, Nord- und Osteuropa. Seit Herbst 2010 ist Herr Glow Head of Lipper EMEA Research und damit Leiter der Fondsanalyse Europa, Mittlerer Osten und Afrika. Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanger für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.
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