Mehr Augenmaß und Zielgenauigkeit bei Regulierung gefordert

Die Fondsbranche unterstützt konstruktiv den deutschen und europäischen Gesetzgeber bei der regulatorischen Bewältigung der Finanzkrise. Sowohl an der Marktregulierung als auch beim Verbraucherschutz und der Begrenzung systemischer Risiken beteiligt sich der BVI aktiv. Dabei muss er regelmäßig der Gefahr der Überregulierung entgegentreten. Ein Rückblick auf 2012 und Ausblick auf 2013. Markets | 07.02.2013 17:27 Uhr
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Allein 2012 beschäftigten den BVI über 30 Gesetzgebungsinitiativen, die teilweise zu Fehlsteuerungen und Nachteilen für die Anleger zu führen drohten.

Fehlendes Augemaß bei Regulierungsplänen

„Manche Vorschläge aus Ministerien und Aufsichtsbehörden ließen das nötige Augenmaß vermissen. Ohne das korrigierende Eingreifen der Politik wäre es zu Überregulierung gekommen“, sagte Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI, auf der heutigen Jahres-Pressekonferenz des deutschen Fondsverbandes. Die Regulierungspläne gefährdeten zeitweise ganze Geschäftsfelder im Asset Management. Als Beispiele nannte Richter die geplante Abschaffung von Spezialfonds, offenen Immobilienfonds und der Provisionsberatung für Wertpapiere.

- Den Spezialfonds drohte gleich zweimal das Aus. Erst hatte eine vom hessischen Finanzministerium geführte Bund und-/Länderarbeitsgruppe vor, Spezialfonds in Personengesellschaften umzuwandeln. Später wollte das Bundesministerium der Finanzen die Produktregulierung des Spezialfonds im Zuge der AIFMD-Umsetzung beseitigen. Die Branche verwaltet 982 Mrd. Euro in Spezialfonds, die eine tragende Säule der Altersvorsorge in Deutschland sind. Die Assets hätten in aufsichtsrechtlich unerprobte
Vehikel umgeschichtet werden müssen, was zu Verunsicherung der Anleger und hohen Kosten geführt hätte. Die Zwangsumschichtung hätte
sogar Steuern im In- und Ausland auslösen können.

- Darüber hinaus hatte das Bundesministerium der Finanzen die Umsetzung der AIFM-Richtlinie zum Anlass genommen, neue offene Immobilien-Publikumsfonds und -Spezialfonds zu verbieten. Der Plan scheiterte am Willen der Politik, Kleinanlegern weiterhin diversifizierten Immobilienbesitz ohne Aktienkursrisiken zu ermöglichen.

- Die Provisionsberatung stand im Rahmen der MiFID-Überarbeitung kurzzeitig vor dem Aus. Hierzulande wären in der Praxis davon vor allem Investmentfonds betroffen gewesen. Versicherungen, hauseigene Zertifikate oder Bausparverträge wären außen vor geblieben. Richter: „Das hätte dem Verbraucherschutz einen Bärendienst erwiesen. Die Berater wären in nach wie vor provisionierte Produkte ausgewichen.“ Der BVI plädiert für ein gleichberechtigtes Nebeneinander von Provisions- und Honorarberatung.

Regelungen zu Provisionen müssen produktübergreifend gelten, wie zum Beispiel in der europäischen Initiative für Packaged Retail
Investment Products (PRIPs). 2012 brachte jedoch auch regulatorische Verbesserungen für die Fondsbranche. So wird mit dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und Anpassungen im Investmentsteuergesetz Pension-Pooling auch in Deutschland möglich.

Auf Initiative des BVI können künftig international tätige Konzerne die Altersvorsorgegelder ihrer Mitarbeiter aus unterschiedlichen Ländern ohne steuerliche Nachteile zentral in einem Vehikel in Deutschland bündeln.

Ausblick 2013: Regulierungsflut hält an

Auch 2013 wird die deutsche Investmentwirtschaft angesichts der Regulierungsflut stark gefordert sein. Die Schwerpunkte auf der Agenda der kommenden Monate werden die Regelungen des KAGB zu offenen Immobilien-Publikumsfonds (OIF), die Diskussion über Schattenbanken und das Hochfrequenzhandelsgesetz sein.

OIF müssen für Kleinanleger attraktiv bleiben

Im Großen und Ganzen begrüßt der BVI den Entwurf zum KAGB. Lediglich bei den Regelungen zu OIF sieht er Nachbesserungsbedarf und schlägt eine klare Trennung zwischen bestehenden und neuen Fonds vor. Bewährte OIF, die erfolgreich durch die Finanzkrise gekommen sind, sollten als Produkt in ihrem Bestand geschützt werden, d. h. für alte und neue Anleger sollten dieselben Regeln gelten. Das gilt insbesondere für den Freibetrag von 30.000 Euro pro Kalenderhalbjahr, den laut KAGB-Entwurf künftig nur noch Bestandsanleger beanspruchen dürfen sollen. Sollte dies geltendes Recht werden, entstünde innerhalb eines Fonds eine Zweiklassengesellschaft:

Bestandsanleger könnten ihr Kapital kurzfristig abziehen, Neuanleger nicht. Die Benachteiligung der neuen Anleger würde sich in geringen Mittelzuflüssen widerspiegeln, die Abflüsse würden die Zuflüsse überwiegen, die Fonds würden mehr oder weniger schnell austrocknen. Das Ziel, breiten Anlegerschichten diversifizierten Immobilienbesitz ohne Aktienkursrisiken zu ermöglichen, würde praktisch konterkariert, und ein wichtiger Baustein für die private Altersvorsorge ginge verloren. Dies geschähe ohne triftigen Grund, denn für die OIF gelten erst seit Jahresanfang schärfere Regeln.

Für neue OIF schlägt der BVI vor, den Freibetrag von 30.000 Euro abzuschaffen. Dies verhindert, dass Anbieter in den Markt einsteigen, deren Liquiditätsmanagement den gleichzeitigen Ausstieg vieler Privatanleger nicht bewältigen kann und es so zu Fondsschließungen kommt.

Der BVI kritisiert auch die geplanten Regeln zur Ausgabe und Rücknahme von Anteilen. Richter: „Es wäre eine unnötige Verschlechterung für das Liquiditätsmanagement des Fonds, wenn Zuflüsse von bisher 250 auf vier Tage im Jahr beschränkt würden.“ Der BVI schlägt deshalb vor, die Anteile weiterhin börsentäglich auszugeben. Er plädiert ferner dafür, die Rücknahme von Anteilen sowohl einmal im Jahr als auch börsentäglich nach Ablauf der Kündigungsfrist zu gestatten. Damit blieben OIF weiterhin für Kleinanleger attraktiv.

Schattenbanken: BVI für sachgerechte Diskussion

Der BVI begrüßt die Regulierung von Schattenbanken. Allerdings ufert die Diskussion mit Blick auf Investmentfonds aus. Nach den derzeit diskutierten Kriterien wären praktisch alle offenen Fondstypen außer Aktienfonds Schattenbanken. Richter: „Investmentfonds sind bereits streng reguliert. Von „Schatten“ kann keine Rede sein.“ Der BVI fordert stärkere Konzentration auf andere Nichtbanken, denn bei den eigentlichen Zielgruppen wie zum Beispiel Hedgefonds gebe es kaum Fortschritte. Richter: „Es ist nicht zielführend, dass ausgerechnet der streng regulierte Geldmarktfonds, noch dazu in einer hierzulande ungebräuchlichen Ausprägung, der Leuchtturm in der Schattenbankendebatte ist." Der Nichtbankensektor ist sehr heterogen und umfasst völlig unterschiedliche Finanzdienstleistungen, die nicht über einen Kamm geschoren werden können. Trennscharfe Abgrenzungen und zielgenaue Regulierungsmaßnahmen sind daher notwendig. Die pauschale Einordnung von Investmentfonds als Schattenbanken wird dem nicht gerecht.
Eigenkapitalanforderungen könnten sich z.B. dafür eignen, die Auslagerung von Bankgeschäften in Zweckgesellschaften zu regeln, für die treuhänderische Vermögensverwaltung wären sie aber fehl am Platz.

Hochfrequenzhandel: BVI für europaweit einheitliche Regeln

Als Vertreter langfristiger Investoren begrüßt der BVI das geplante Hochfrequenzhandelsgesetz, erachtet die Initiative der Bundesregierung allerdings als übereilt. Mit der MiFID-Reform ist eine europäische Regelung bereits auf dem Weg. Der BVI setzt sich insbesondere für europaweit einheitliche Zulassungsvoraussetzungen und Vorgaben zum Order-Transaktions-Verhältnis ein. Außerdem setzt der Gesetzentwurf Hochfrequenzhandel und algorithmischen Handel zu Unrecht gleich. Algorithmische Handelsstrategien werden von Fondsmanagern für eine kostengünstige Ausführung der Orders eingesetzt und kommen der Fondsrendite langfristiger Anleger zugute. Algorithmische Strategien dürfen deshalb nicht pauschal eingeschränkt werden. Richter: „Fondsgesellschaften sind keine Händler und dürfen deshalb auch nicht als solche reguliert werden.“

Fazit aus der Sicht des BVI

Insgesamt ist der BVI mit den erreichten Ergebnissen im Rahmen der Regulierung zufrieden, insbesondere mit dem Erhalt bewährter Produkte und Vertriebswege. Bedenklich findet er jedoch die Tendenz, dass die Regulierer zwar anfänglich das richtige Ziel vor Augen haben, aus Angst vor Regulierungslücken im Laufe des Verfahrens Definitionen und Anwendungsbereiche jedoch immer weiter fassen. Betroffen sind dann am Ende nicht nur die Problemverursacher, sondern auch Unbeteiligte, bei denen Kollateralschäden mindestens in Form unnötiger bürokratischer Anforderungen entstehen.

So sollte die AIFM-Richtlinie ursprünglich Private Equity- und Hedgefonds regulieren, am Ende landeten jedoch auch Spezialfonds und Immobilienfonds als Beifang im Netz. Auch die Finanztransaktionssteuer würde nicht die Verursacher der Krise treffen, sondern die Sparer. Richter: „Die Politik wird auch 2013 gefordert sein, überschießende Regulierungspläne auf ein sinnvolles Maß zurückzuführen.“

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