Robeco-Expertin Fedeli | Setzen Sie auf die Außenseiter!

"Lassen Sie mich so viel vorab sagen: Das vor uns liegende Jahr scheint ein gutes Jahr für globale Aktien zu werden. Und die Signale für eine Outperformance von Nicht-US-Aktien gegenüber US-Aktien, nach denen wir Ausschau gehalten haben, werden allmählich sichtbar", schreibt Fabiana Fedeli, Global Head of Fundamental Equities bei Robeco. Robeco | 03.02.2020 12:20 Uhr
Fabiana Fedeli, Global Head of Fundamental Equities, Robeco / © Robeco
Fabiana Fedeli, Global Head of Fundamental Equities, Robeco / © Robeco
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Ein paar Teile des Puzzles – genauer gesagt eineinhalb – fehlen immer noch. Dennoch wissen wir alle, dass sich die Märkte ausgehend von unvollkommenen Informationen bewegen und dann, wenn alle Sterne perfekt ausgerichtet sind, einen Großteil ihrer Bewegung bereits vollzogen haben. Wenn wir dies mit dem in unserer letzten Vierteljahrespublikation erörterten asymmetrischen Risiko-Rendite-Verhältnis verbinden, ergeben sich überzeugende Argumente für die Aktienmärkte außerhalb der USA – beginnend mit denen der Schwellenländer.

Lassen Sie mich erläutern, wie wir bis zu diesem Punkt gelangt sind. Im letzten Quartal war unsere Haltung zu den Aktienmärkten der Industrie- wie auch der Schwellenländer neutral. Die Anleger spielten sozusagen Flipper, wobei Präsident Trumps Tweets und gelegentliche Meldungen zur Geldpolitik das Spiel bestimmten. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, ob es bald ein Handelsabkommen zwischen China und den USA geben würde. Und an allen großen Aktienmärkten hatte sich die Gewinndynamik wegen der abflauenden Weltkonjunktur deutlich abgeschwächt. Wir kamen jedoch zu dem Schluss, dass zwar die Nachrichten fifty-fifty in die eine oder die andere Richtung gehen könnten, das Verhältnis von Risiko zu Rendite aber asymmetrisch war. Die Aktienmärkte außerhalb der USA hatten bereits sehr viel Unsicherheit eingepreist, und das relative Gewinnwachstum (sofern vorhanden) bewegte sich auf einem Niveau, das die großen Unterschiede bei den Bewertungskennzahlen nicht rechtfertigte.

Welche Veränderungen in den letzten drei Monaten haben das Pendel stärker in Richtung Optimismus bewegt und uns in Bezug auf Nicht-US-Aktien zuversichtlicher gemacht? Es gibt inzwischen mehr Klarheit, wenn auch keine 100%ige Sichtbarkeit. Aber die haben wir – glaube ich – eigentlich nie. Die Weltwirtschaft zeigt sich widerstandsfähiger als wir erwartet hatten, und es gibt gewisse Anzeichen dafür, dass die Talsohle erreicht ist. Noch wichtiger ist für die Aktienmärkte, dass die Gewinndynamik anscheinend nicht weiter zurückgeht. Diese ist zwar an den meisten Märkten immer noch negativ, aber die Unternehmensgewinne werden in allen Regionen weniger stark nach unten revidiert. Die beiden besten Meldungen kamen aus den USA, wo der letzte Datenpunkt eine leichte Verbesserung zeigt, und aus den Schwellenländern, in denen die Gewinnrevisionen jetzt nahezu neutral sind. Es erübrigt sich der Hinweis, dass die Notenbanken weltweit weiter unterstützend wirken.

Schließlich geht auch das entscheidende Handelsabkommen zwischen China und den USA in die richtige Richtung. Vor wenigen Tagen haben beide Länder ein erstes Phase-Eins-Handelsabkommen unterzeichnet. Dieses Abkommen ist alles andere als umfassend und sieht eine Beibehaltung der meisten bisher verhängten Zölle vor. Dennoch lässt es hoffen, dass eine weitere Verschärfung des Zollkriegs jetzt vom Tisch ist. Dies könnte sich freilich schon mit dem nächsten Tweet ändern – so, wie wir dies bedauerlicherweise in den letzten beiden Jahren erlebt haben. Doch angesichts des gegen ihn eingeleiteten Amtsenthebungsverfahrens, einer gut, aber nicht hervorragend laufenden Wirtschaft und der im November anstehenden Wahlen würde Präsident Trump ein Abkommen begrüßen. Und zwar jedwedes Abkommen. Das unausgereifte Phase-Eins-Handelsabkommen ist das eingangs erwähnte halbe Puzzleteil. Ein umfassenderes Abkommen wäre die zweite fehlende Hälfte.

Wir haben die Hoffnung, dass das Phase-Eins-Handelsabkommen dadurch, dass es die Eskalation bei den Zöllen beendet, den Weg für das in unserem Outlook 2020 skizzierte Basisszenario frei macht. Das heißt, ein nicht umfassendes Handelsabkommen, aber eine „abgespeckte“ Version davon, die ausreicht, um wieder für mehr Vertrauen bei den Unternehmen und für höhere Investitionen zu sorgen. Dies erleichtert die Rückkehr zu Gewinnwachstum und ist ein positives Signal für globale Aktien. Eine klar aufwärts gerichtete Dynamik bei den Gewinnen wäre das fehlende ganze Puzzle-Teil. Die Voraussetzungen und Katalysatoren hierfür stellen sich gegenwärtig ein.

Das Risiko-Rendite-Verhältnis für Nicht-US-Aktien ist nach oben verzerrt

Nicht geändert hat sich seit dem letzten Quartal – und das ist ebenfalls positiv – das asymmetrische, nach oben verzerrte Risiko-Rendite-Verhältnis für Nicht-US-Aktien, deren Gewinnwachstum mit dem von US-Aktien Schritt hält, während ihre Bewertungskennzahlen hinterherhinken. Für 2019 gehen die IBES-Konsenserwartungen für US-Aktien und Schwellenländer-Aktien vom selben Gewinnwachstum von ca. 1,1 % aus. Allerdings zahlen Anleger für US-Aktien für 2019 ein KGV von 20,4, verglichen mit lediglich 14,6 für Schwellenländer-Aktien (s. Tabelle 1).

Quelle: MSCI-/IBES-Gesamtwerte, Stand Dezember 2019 

Europa und Japan hinken beim Gewinnwachstum für 2019 hinterher. Die derzeitige Marktdynamik spiegelt anscheinend den Ausblick für die relativen Gewinne im Verhältnis zu den Bewertungskennzahlen wider. Schwellenländer-Aktien erreichten im vierten Quartal 2019 eine bessere Performance als US-Aktien und halten mit diesen in diesem Jahr bisher Schritt, während Dividendentitel aus Europa und Japan immer noch hinterherhinken. Wie wir uns selbst immer wieder vor Augen halten, sind die relativen Gewinnaussichten ein maßgeblicher Faktor für die Aufteilung von Aktien-Portfolios nach Regionen.

Die Argumente erscheinen noch zwingender, wenn man sich die Gewinnerwartungen für 2020 im Vergleich zu den Bewertungskennzahlen ansieht; denn es wird erwartet, dass das Gewinnwachstum in allen anderen Märkten nahe an dem der US-Aktienmärkte sein wird. Natürlich haben wir in der Vergangenheit schon erlebt, dass tadellose Gewinnerwartungen vor allem an den Aktienmärkten der Schwellenländer die Richtung ändern und immer weiter nach unten korrigiert werden können. Wir haben zwar keine Kristallkugel, um in die Zukunft zu schauen. Zwei Elemente machen uns aber Hoffnung, dass es zumindest in diesem Jahr nicht dazu kommen wird. Erstens, dass bei den Gewinnrevisionen in allen wichtigen Märkten anscheinend die Talsohle erreicht ist, und zweitens, dass nach unserer Überzeugung eine Entschärfung des Handelskonflikts wieder für Zuversicht bei den Unternehmen, höhere Investitionen und infolgedessen zukünftiges Wachstum der Unternehmensgewinne sorgen sollte.

Von unseren Kunden wird häufig der Einwand vorgebracht, dass sich Aktien bereits hervorragend entwickelt haben und ihnen deshalb nur noch wenig Luft nach oben bleibt. Ich stimme zu, dass dies bei US-Aktien so sein mag. In Bezug auf andere Aktienmärkte müssen wir diesem Einwand aber widersprechen. Seit Ende 2007 – also kurz vor Beginn der globalen Finanzkrise – haben die US-Aktienmärkte in Euro eine Gesamtrendite von sage und schreibe 194 % erzielt. Die Renditen für die Aktienmärkte anderer Länder waren dagegen viel bescheidener: In Japan stiegen die Kurse um 57 %, in Europa um 32 % und in den Schwellenländern um magere 27 %. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, die Außenseiter neu zu bewerten, solange es mit den Fundamentaldaten weiter aufwärts geht.

Werden Substanzaktien ein Comeback erleben?

Nun möchte ich mich dem anderen Außenseiter zuwenden: Substanzaktien. Nach über zehn Jahren mit unterdurchschnittlicher Performance sah es nach einem Comeback dieser Papiere aus, die im September und Oktober letzten Jahres an den globalen Aktienmärkten zeitweise eine überdurchschnittliche Performance erreichten. Das war aber nicht von Dauer. Viele Kunden fragen uns nach unserer Meinung: Wird es ein Comeback für Substanzaktien geben? Ja und nein. Unserer Ansicht nach sollte man zwei Dinge berücksichtigen.

Erstens zeigt die kurzzeitige Hinwendung zu Substanzaktien, dass Aktienanleger immer weniger bereit sind, für „überlaufene“ Trades – ob im Hinblick auf den Anlagestil (Momentum und Wachstum) oder in regionaler Hinsicht (USA) – zu viel zu bezahlen. Sie brauchen nur einen Auslöser, um zu wechseln. Die Wiederaufnahme der Handelsgespräche zwischen den USA und China im September letzten Jahres und – in geringerem Maße – Fortschritte beim Brexit waren solche Auslöser. Um aber bei der Stange zu bleiben, müssen sich Anleger mit Blick auf die Konjunktur- und Gewinnaussichten sicherer fühlen.

Zweitens, obwohl wir überzeugt sind, dass ein Comeback von Substanzaktien fällig ist, glauben wir nicht, dass alle der traditionellen Definition entsprechenden Substanzaktien auf dem Weg zu nachhaltiger Outperformance sind. Unserer Meinung nach ist die traditionelle, eindimensionale Definition von Substanzaktien, die allein auf ein niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis abstellt, überholt. In einer durch technologische Innovationen geprägten Welt, in der in Volkswirtschaften rund um den Globus Dienstleistungen und Konsum zunehmendes Gewicht haben, der Einzelhandel und Informationsströme ins Internet verlagert werden und Software für Produktionsprozesse eine größere Rolle spielt als Hardware, brauchen wir eine wirklich multidimensionale Definition von Substanzwert.

Der langfristige Ausblick für die Unternehmensgewinne und deren Nachhaltigkeit ist nur eines der wichtigen, zusätzlichen Elemente, die Bestandteil der zukünftigen Definition von Substanzwert sein sollten. Und auch wenn es bei Aufwärtsbewegungen von Substanzaktien anfänglich oft zu Kursübertreibungen bei Papieren geringerer Qualität kommt, muss unsere Suche nach unterbewerteten Aktien klüger werden und berücksichtigen, dass in einer sich wandelnden Welt Unternehmen, die nicht mit Innovationen Schritt halten, zurückfallen und ihre Aktien dauerhaft im Keller bleiben könnten.

Wegen der vorstehend genannten Punkte sind unsere Portfoliomanagement-Teams mit Blick auf die jeweils von ihnen betreuten Aktienmärkte optimistischer geworden und haben die Schlussfolgerungen aus ihrem Fünf-Faktoren-Rahmenkonzept von neutral auf positiv abgeändert. Für unser Developed Markets-Team war dabei ausschlaggebend, dass sich die gesamtwirtschaftliche Situation als widerstandsfähiger erwiesen hat als zunächst erwartet und bei den Gewinnrevisionen anscheinend die Talsohle erreicht ist.

Für unser Emerging Markets-Team waren auch die Unternehmensgewinne ein Faktor für die Neueinschätzung; denn die Situation in Bezug auf die immer noch leicht negativen Gewinnrevisionen wird allmählich besser. Darüber hinaus hat sich die Stimmung verbessert. Das Emerging Markets-Team geht wegen der Entspannung in der Konfrontation zwischen China und den USA und wegen der anhaltenden Unterstützung durch die Geldpolitik von einer Fortsetzung der in letzter Zeit beobachtete Zunahme der Mittelzuflüsse aus.

Abschließend die wichtigste aller Fragen: Was könnte schiefgehen? Wenn nicht ein Kreditereignis mit weltweitem Dominoeffekt eintritt, was die Notenbanken aber anscheinend unbedingt verhindern wollen, sehen wir in der Geopolitik die Hauptrisikoquelle. Bisher hat sich der Markt nach jedem Moment der Panik erholt, ob es nun der Drohnenangriff auf Ölanlagen in Saudi-Arabien oder die Spannungen nach der Tötung des iranischen Generals Soleimani waren. Aber es kommt ein Moment, an dem er etwas länger brauchen wird, um sich zu erholen. Darüber müssten wir ein anderes Mal sprechen. Genießen Sie erst einmal die Fahrt und vergessen Sie nicht, auf die Außenseiter zu setzen.

Fabiana Fedeli, Global Head of Fundamental Equities, Robeco

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