„Mit diesem Schritt wagen die USA anders als alle anderen finanzkrisengeplagten Volkswirtschaften den Schritt hin zu mehr Normalität im Finanzsystem“, so Kater weiter. „Sollte die Zinswende gelingen, steht sie symbolisch dafür, dass die US-Wirtschaft die größte Finanzkrise seit 80 Jahren überwunden hat“. Im ungünstigsten Fall könnte die Zinserhöhung allerdings die Renditen amerikanischer Staatsanleihen schnell nach oben treiben und zu weiterer Dollarstärke führen. Die lange Periode der günstigen Finanzierungen der US-Firmen käme damit zum Ende. Fallende Profite und langsam ansteigende Ausfallquoten wären die Folge. „Dieses Szenario kann auch weiter auf den Zins- und Währungsmärkten der Schwellenländer lasten. Viel Negatives ist bereits eingepreist. Insbesondere bei in US-Dollar oder Euro notierten Schwellenländeranleihen gibt es selektiv attraktive Investmentchancen“, erläutert Chefanlagestratege Frank Hagenstein.
In der Eurozone herrscht auf absehbare Zeit noch geldpolitischer Stillstand. Die Nullzinspolitik hat in allen Anlageklassen zu höheren Preisen geführt – egal ob Aktien, Anleihen oder Immobilien. „Die steilen Aufwärtstrends an den Aktien- und Spread-Märkten flachen ab“, so Hagenstein. „Künftige Kurszuwächse werden geringer ausfallen, daher bevorzugen wir für 2016 Income-Märkte und setzen verstärkt auf eine ausgewogene Mischung aus Dividenden oder Hochzinsanleihen.“ Generell werden die Märkte volatil bleiben und der Einfluss überraschender Ereignisse, wie beispielsweise der jüngste VW-Skandal, werde steigen. „Deutliche Kursrückgänge um zehn Prozent werten wir bei europäischen Aktien als Einstiegsgelegenheit“, betont Hagenstein.
Moderate Aufwertung US-Dollar Richtung Parität
Die Divergenz in der europäischen und der US-Geldpolitik hat Folgen für den US-Dollar und für die Fließrichtung globaler Finanzströme. „Wir erwarten weitere Abflüsse aus den Schwellenländern sowie Investitionen aus Europa in die US-Wirtschaft“, so Chefvolkswirt Kater. Nach wie vor klaffe eine Lücke zwischen den Zinserwartungen der Finanzmarktteilnehmer und den höheren Erwartungen aus makroökonomischer Sicht. Erwiesen sich die makroökonomischen Analysen als zutreffender, so müssten die Zinserwartungen nach oben korrigiert werden. Der US-Dollar werde dann nochmals aufgewertet werden. „Gegenüber dem Euro rechnen wir mit einer weiteren moderaten Aufwertung Richtung Parität bis Ende 2016“, folgert Kater.
Weltwirtschaft: Erholung und Wachstum erst in 2017
Die Weltwirtschaft wird auch im kommenden Jahr weiterhin nur verhalten wachsen: Für 2016 rechnen die Volkswirte der Deka lediglich mit einem Plus von 3,3%. Erholung und weiteres Wachstum werde es erst wieder im Jahr 2017 geben. Grund hierfür seien nicht nur konjunkturelle, sondern auch strukturelle Ursachen. „Wir erleben gerade den Abschluss einer Entwicklungsphase der Weltwirtschaft“, erläutert Kater. “Die Schwäche der Weltwirtschaft in diesem und im kommenden Jahr ist vor allem auch eine Schwäche der chinesischen Wirtschaft und der einiger anderer Schwellenländer“. Insbesondere Brasilien, Malaysia, Südafrika und die Türkei seien derzeit anfällig für Finanzmarktrisiken. Eine umfassende Schwellenländerkrise würde sich jedoch nicht abzeichnen. Im Gegenteil: „In den kommenden beiden Jahren könnten viele Schwellenländer für Investitionen wieder attraktiv werden“, so Chefanlagestratege Hagenstein.
Die entwickelten Länder haben teilweise mit den weiter bestehenden Altlasten der Kreditkrise in Form von hoher Verschuldung und mit schwindenden demografischen Perspektiven zu kämpfen. Seit 2009 gebe es dort kaum Konjunkturbewegungen. Dabei werde es noch länger bleiben, so dass für das kommende Jahr ein stabiles Wachstum von 2,1% zu erwarten sei. „Niedrig verzinste Staatsanleihen der Industrieländer bleiben daher vorläufig in unserer Asset Allokation untergewichtet“, kommentiert Hagenstein.
Deutschland: Geschäftsmodell verliert an Tragkraft
Inflation Richtung Null, Vollbeschäftigung und steigende Lohnabschlüsse – in den vergangenen Jahren hat Deutschland sich zum Musterschüler Europas gemausert. Allerdings zeichnen die jüngsten Konjunkturindikatoren mit einem nur mageren Anstieg der Produktion, einem Minus bei den Exporten und einer stagnierenden Binnennachfrage nur noch ein gemischtes Bild. Alles in allem wird das Wachstum im kommenden Jahr 1,7% betragen. „Das deutsche Geschäftsmodell verliert an Tragkraft“, kommentiert Kater. Diese Entwicklung sei allerdings abwendbar – durch geeignete politische Weichenstellungen, die die binnenwirtschaftlichen Wachstumskräfte stärken. „Den Dax sehen wir zu Mitte 2016 mit 12.000 Punkten etwas höher als zum Jahresende, für das wir einen Stand von 11.500 Punkten prognostizieren“, so Kater weiter. „Wir halten einen freundlichen Jahresstart für möglich. Wahrscheinliche Rücksetzer im Jahresverlauf bieten eine gute Einstiegsgelegenheit für regelmäßiges Aktiensparen“, ergänzt Hagenstein.