Immer wieder müssen die Finanzmärkte negative Meldungen aus der Euro-Zone verkraften. Doch es kommen auch noch gute Nachrichten aus Europa: Die Mehrheit der westeuropäischen Staaten ist im weltweiten Vergleich in punkto Nachhaltigkeit führend. "Zu den vorbildlichen Staaten gehören beispielsweise Österreich, Deutschland, Dänemark, die Schweiz und Schweden. Neuseeland ist das einzige außereuropäische Land bei den Nachhaltigkeits-Leadern. Es ist klar ersichtlich, dass in diesen Ländern ein pro-aktiver Ansatz vorherrscht", so Marion Swoboda, Leiterin Nachhaltigkeitsresearch bei Swisscanto, der Fondsgesellschaft der Schweizer Kantonalbanken.
Die Swisscanto-Nachhaltigkeitsphilosophie für Staaten beruht auf dem Grundgedanken einer integrativen und umsichtigen Entwicklung von Staaten durch Schaffung von Rahmenbedingungen zur Wahrung der Freiheits- und Grundrechte. Dazu gehören der Erhalt der Wohlfahrt und der sozialen Gerechtigkeit sowie der Umwelt und ein dauerhafter Klimaschutz. Die Analyse von Inrate, einem Spezialisten im Bereich Nachhaltigkeitsresearch, fokussiert diese Bereiche. "Aus dem Ausgangs-Universum von OECD-Ländern und den MSCI Schwellenländern genügen lediglich elf Staaten den Auswahlanforderungen - darunter zehn aus Europa. Der Grund, dass nur so wenige Staaten in unser nachhaltiges Anlageuniversum aufgenommen werden, ist das strenge Auswahlverfahren inklusive zahlreicher Ausschlusskriterien", so Swoboda.
Kyoto-Protokoll-Ratifizierung ist ein Muss
Um in das nachhaltige Anlageuniversum der Staatsanleihen zu rücken, müssen die Länder zur besten Hälfte bezüglich Gesellschafts- und Umweltkapital gehören und keine Ausschlusskriterien verletzen. Zu den Indikatoren bei der Analyse des Gesellschaftskapitals zählen Lebensqualität, Gerechtigkeit, Wohlfahrt und Zusammenhalt. In die Beurteilung fließt etwa mit ein, wie hoch die öffentlichen Ausgaben zur Bildung oder zur Gesundheit im Verhältnis zu den gesamten Staatsausgaben sind. Auch die Einkommensverteilung, Geschlechtergerechtigkeit sowie Korruption und Kriminalität kommen unter die Lupe. Ein wichtiger Punkt ist die finanzielle Generationengerechtigkeit. Hier wird der Staatshaushaltsüberschuss beziehungsweise das Haushaltsdefizit gemäß den Angaben des Internationalen Währungsfonds herangezogen.
Staaten, die das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben oder sehr hohe Treibhausgas-Emissionen pro Kopf aufweisen, fallen sofort durch das Raster. Im Bereich Gesellschaft steht die Gefährdung der Zivilbevölkerung durch Einsatz von geächteten Waffen, durch das Großrisiko Kernenergie und die Verletzungen der politischen und zivilen Grundrechte im Vordergrund. "Als Großrisiko verstehen wir zum Beispiel einen sehr hohen Anteil der Kernenergie am gesamten Energiemix eines Landes ohne den Willen, den Anteil entscheidend abzubauen und durch erneuerbare Energien zu ersetzen", sagt Swoboda.
Frankreich und Italien nicht im Nachhaltigkeitsuniversum
Beim Umweltkapital stehen Abschwächung des Klimawandels, Schonung natürlicher Ressourcen und Erhalt der Artenvielfalt im Fokus. Positiv wirkt sich etwa der Grundgedanke aus, dass die Energieversorgung mit einem wachsenden Anteil an erneuerbaren Energien gedeckt wird. Der Schutz der Artenvielfalt und der Erhalt natürlicher Produktionsgrundlagen werden durch das Ökologische Defizit beurteilt. "Negativ werden Wasserverschmutzungen oder das Fehlen multilateraler Umweltabkommen bewertet", so Swoboda.
Frankreich scheitert aufgrund 78 Prozent Atomenergieanteil an dem Ausschlusskriterium Kernenergie. Dass Italien und Ungarn nicht im Nachhaltigkeitsuniversum vertreten sind, liegt an einem zu niedrigen Wert im Korruptionswahrnehmungsindex 2011. Wegen des nicht unterzeichneten Sperrvertrags für Streubomben sind zum Beispiel Finnland und Polen außen vor. "Unser Verständnis der Nachhaltigkeit eines Staates und das Auswahlverfahren führen dazu, dass im Anlageuniversum nur Staaten vertreten sind, die in der Gesamtheit das Thema Nachhaltigkeit ernsthaft anpacken", sagt Swoboda.