Die Aufwertung des US-Dollars um 10% von Mitte Februar bis Mitte August führte zu Verkaufstendenzen bei Vermögenswerten der Emerging Markets. Bis Mitte September fiel der MSCI Emerging Markets Index seit Ende Februar um 19% und um 22% seit den Höchstwerten vom Januar – was technisch betrachtet, wenn auch nicht besonders relevant, eine Baisse ausmacht.
Der Anstieg des Dollars war die Folge eines andauernden Abbaus von monetären Anreizen, einer lockereren Fiskalpolitik und vermehrter Handelsspannungen. Ersteres ist schon seit geraumer Zeit ein Marktphänomen und auch der zweite Aspekt überrascht nicht. Mit beiden Faktoren lässt sich schon zum Großteil erklären, warum der Dollar von 2014 bis Ende 2016, bis kurz nach den US-Wahlen, um 30% im Wert gestiegen ist. Wie vehement dann der Handelskrieg ausgefallen ist, hat aber doch die meisten überrascht.
Immer wenn der Dollar aufwertet, kommen Länder mit Finanzierungsbedarf an US-Dollar unter Druck. In unserer Anlagewelt waren das Argentinien, wo finanzpolitische Anpassungen und eine straffe Geldpolitik nicht auszureichen schienen, und die Türkei, wo eine unverantwortlich lasche Geldpolitik mit einer lockereren Fiskalpolitik kombiniert wurde. Die Türkei macht allerdings lediglich 0,6% am MSCI Emerging Markets Index aus, und Argentinien ist - bisher zumindest - überhaupt nicht in dem Benchmark vertreten. Die riesige Diskrepanz bei der Entwicklung verschiedener EM-Währungen widerlegt die sogenannte Ansteckungs-Theorie: Die türkische Lira fiel dieses Jahr um fast 40%, während lediglich etwa eine Handvoll weiterer Währungen um gerade einmal 10% rückläufig sind. Insgesamt stiegen seit Anfang dieses Jahrzehnts die Verschuldung/BIP-Levels in den Schwellenmärkten, genauso wie in den etablierten Märkten, obwohl sie im Allgemeinen weit unter dem dortigen Niveau verharren. Dazu kommt, dass in den letzten zwei Jahren die Unternehmensschulden in den Emerging Markets als Prozentsatz vom jeweiligen BIP rückläufig sind, selbst in China. Gegen Ende 2016 erreichten die entsprechenden Werte für das Verhältnis Gesamtverschuldung (Privat- plus Staatsverschuldung)/BIP in Japan 372%, in Großbritannien 281% und in den USA 252%, während sie sich in China auf 268% beliefen, in Brasilien auf 129% und in Indien auf 123%.
Julian Mayo, Chief Investment Strategist, Fiera Capital