Anlagestile nach ESG-Kriterien haben längst die Schwelle zu einer etablierten Assetklasse mit relevantem Anlagevolumen überschritten. In den USA zum Beispiel repräsentiert das mit Nachhaltigkeitsstandards professionell verwaltete Vermögen mittlerweile einen Anteil von über 20 Prozent bei jährlich zweistelligem Vermögenszuwachs, berichtet die Global Sustainable Investment Alliance. Das ist das Ergebnis einer Entwicklung, die sich bereits seit über einem Jahrzehnt vollzieht und in ihrer Kraft einer stillen Revolution im Bereich der verantwortungsvollen Geldanlage gleicht. Vorangetrieben wird sie seitens der Unternehmen und Investoren von jeher durch freiwillige Richtlinien, Kodizes und Prinzipien, und zusätzlich seit einigen Jahren durch eine sich weltweit ausbreitende und immer einflussreichere ESG-Gesetzgebung.
Zu den bekanntesten Beispielen gehört hier das Ziel des US-Bundesstaats Kalifornien, seine großen Pensionsfonds auf CO2-neutrale Anlagen umzustellen, aber auch das Energieübergangsgesetz in Frankreich oder die weltweit stark zunehmenden Berichtspflichten, die Unternehmen und Investoren im Bereich ESG zu erfüllen haben. Diese Trends zeigen die zunehmende Bedeutung von ESG-Kriterien auch aus regulatorischer Sicht. Hinzu kommen unzählige Selbstverpflichtungs-Initiativen wie zum verantwortungsvollen Aktionärstum, der Global Compact der Vereinten Nationen oder die Principles for Responsible Investment. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Aktienindizes in den Markt eingeführt wurden, die ihren Fokus auf ESG-Kriterien legen – von sehr umfassend bis hin zu spezifischen Aspekten.
Im Überblick lassen sich nachhaltige Indizes nach drei Anlagestilen klassifizieren:
- Negativ-Ausschluss: Dies ist der älteste und traditionellste Weg, bei dem bestimmte Unternehmen oder Sektoren aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen sind. Die häufigsten Ausschlusskriterien betreffen Rüstungsgüter, insbesondere Streubomben und Landminen.
- Positiv/Best-in-Class: Dieser Investmentansatz konzentriert sich auf Unternehmen, die in der Vergangenheit in Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsmaßnahmen innerhalb ihrer eigenen Branche besser abgeschnitten haben als ihre Konkurrenten.
- Thematisches Investieren: Im Rahmen dieses Anlagestils wird gezielt in Branchen und Unternehmen investiert, die sich auf die Lösung spezifischer Sozial- oder Umweltprobleme spezialisiert haben, also zum Beispiel die Erzeugung erneuerbarer Energien, Trinkwasseraufbereitung oder Mikrokredite in Schwellenländern.
Während in den USA Best-in-Class-Ansätze dominieren, gibt es in Europa eine sehr hohe Präferenz für Ansätze, die auf Negativ-Ausschlüssen beruhen. Das liegt unter anderem auch daran, dass der explizite Ausschluss bestimmter Sektoren oder Unternehmen in einigen Ländern durch zwingende Rechtsvorschriften gefördert wird. Diese verbieten zum Beispiel Investitionen in Unternehmen, die sich auf die Herstellung und Produktion von Streumunition und Antipersonenminen konzentrieren, etwa in Belgien, Irland und Italien (aber auch außerhalb Europas wie in Neuseeland). Nach Angaben von Eurosif, dem Verband für die Förderung nachhaltiger und verantwortungsbewusster Investitionen in Europa, beträgt der Anteil von freiwilligen Ausschlüssen allein in diesem Bereich gemessen am gesamten ESG-Anlagevermögen 80 Prozent. Die übrigen Ausschluss-Screenings umfassen Sektoren wie Tabak, Kernenergie, Glücksspiel oder auch Tierversuche.