Stehen Aktienmärkte vor deutlichen Rückschlägen?

"Die ganze Aufwärtsbewegung war begleitet von Bedenken und Nervosität", Uwe Zöllner, Franklin Templetons Head of Pan-European Equities und Portfoliomanager, kommentiert den europäischen Aktienmarkt und verrät wo er aktuell gute Chancen sieht. Franklin Templeton | 02.07.2013 10:39 Uhr
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Nach zwölf Monaten weltweit steigender Aktienmärkte sind der deutsche Aktienindex DAX und die US-amerikanischen Aktienmärkte Dow Jones und S&P 500 zwischenzeitlich auf Allzeithochs geklettert. Auch wenn die europäischen Märkte insgesamt nicht auf Allzeithochs gestiegen sind, so haben sie sich zumindest stark erholt. Insbesondere die Krisenländer Spanien und Italien sahen kräftige Aufwärtsbewegungen. Und dies in Anbetracht der weiterhin schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen in Südeuropa, die weiterhin mit sinkendem Konsum und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben. Nicht zu vergessen ist, dass die südeuropäischen Staaten auch immer wieder für eine politische Überraschung gut sind. Jetzt stellen viele die Frage, ob die Aktienmärkte nicht vor einem deutlichen Rückschlag stehen. Und damit haben wir schon die erste gute Nachricht: Von Euphorie ist noch keine Spur; im Gegenteil: Die ganze Aufwärtsbewegung war begleitet von Bedenken und Nervosität. Von einer Blase am Aktienmarkt ist weit und breit nichts zu sehen.

Gleichwohl muss man sich die Frage nach dem weiteren Kurspotenzial stellen, denn die Unternehmensgewinne entwickeln sich zurzeit nur verhalten, d.h. die Kursbewegung war im Wesentlichen das Ergebnis höherer Kurs-Gewinn- Verhältnisse (KGVs). Die Bären argumentieren jetzt, dass diese Rally nur das Ergebnis der Geldschwemme und der niedrigen Zinsen war und in sich zusammenbricht, sobald die Notenbanken ihre expansive Geldpolitik wieder einstellen. Zunächst einmal ist dazu zu sagen, dass dies nicht über Nacht geschehen wird. Die Notenbanken wissen, dass sie vorsichtig und in Stufen agieren müssen. Zum anderen gibt es wichtige fundamentale Gründe für einen steigenden Optimismus der Anleger. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Aufwärtsbewegung vor einem Jahr von einem extrem niedrigen Bewertungsniveau ausging, und selbst nach dem jüngsten Kursanstieg sind Bewertungen auf KGV-Basis nicht teuer. 

Zur Verdeutlichung des günstigen Bewertungsniveaus schauen wir uns einmal den deutschen Aktienindex DAX an. Obwohl der DAX im Mai neue Allzeithochs erreichte, unterscheidet sich die augenblickliche Situation fundamental zu den DAX-Hochständen von 2000 und 2007. Mitte Juni 2013 lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis im DAX für das Gesamtjahr bei knapp 11,5. Im Jahr 2000 war das KGV des DAX im Zuge der Internetblase auf ein extremes Bewertungsniveau von über 30 gestiegen, wohingegen der historische Durchschnitt im DAX bei knapp 15 liegt. Noch wichtiger ist der Zusammenhang zwischen der Bewertung von Aktien im Vergleich zu „risikofreien“ Anleihen. So war im Jahr 2000 die Rendite langfristiger deutscher Staatsanleihen ebenfalls wesentlich höher. Im Jahr 2000 lag die Verzinsung von zehnjährigen Bundesanleihen bei 4,5 % p.a.; im Jahr 2007 bei immer noch knapp 4 % p.a. Aber man kann die Rendite von zehnjährigen Staatsanleihen auch ähnlich wie das KGV als Verhältnis ausdrücken: Das Kurs-Kupon-Verhältnis (KKV) lag im Jahr 2000 bei 22 (100/4,5) und im Jahr 2007 bei etwa 25 (100/4). Wenn die aktuelle Rendite von zehnjährigen Staatsanleihen, die Mitte Juni etwa 1,5 % p.a. betrug, angenommen wird, liegt das KKV bei knapp 67 (100/1,5). Der risikofreie Zins bonitätsstarker Anleihen ist mittlerweile sehr teuer geworden. Eine andere brauchbare Kennzahl ist das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) der DAX-Unternehmen. Der Vorteil dieser Kennziffer ist, dass sie weniger schwankt als das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Im zweiten Quartal lag der Buchwert der 30 DAX-Unternehmen umgerechnet in DAX-Punkte knapp bei 5.000. Dies entspricht einem Verhältnis zwischen Aktienkurs und Buchwert von ca. 1,6. Seit der Gründung des DAX lag dieses Verhältnis im Durchschnitt bei 1,9. Als weitere Kennzahl bieten sich die augenblicklichen Dividendenzahlungen der DAXUnternehmen an, und auch diese spricht für Aktien. Der DAX hat im Juni eine durchschnittliche Dividendenrendite von über 3 %. Die fünfzig größten Unternehmen in der Euro-Zone, die im EURO STOXX 50 zusammengefasst sind, und im STOXX 50, die auch noch Unternehmen aus der Schweiz und Großbritannien enthalten, dürften die hohe Dividendenrendite sogar noch einmal überbieten. Nach letzten Schätzungen schütten diese Unternehmen knapp 4 % des Aktienkurses an ihre Anleger aus. 

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis, das Kurs-Buch-Verhältnis und letztlich die Dividendenrendite verweisen auf eine moderate bis günstige Bewertung von Aktien in Europa. Aber nicht nur die fundamentalen Bewertungen an den Aktienmärkten sind besser als die Stimmung, sondern auch das politische Umfeld in Europa entwickelt sich tatsächlich zum Besseren. Italien ist auf dem Wege zu einem Haushaltsüberschuss, Spanien erzielt erstmals seit Jahrzehnten einen Handelsbilanzüberschuss, und in vielen Ländern des Südens sinken die Lohnstückkosten, der entscheidende Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie. Diese strukturellen Fortschritte gehen oft in der Flut der Schlagzeile verloren, bilden aber die Basis einer nachhaltigen Erholung in Südeuropa. Und die Kursentwicklung der letzten zwölf Monate hat gezeigt, dass es ein Fehler ist, auf die konkrete Erholung der Wirtschaft zu warten, weil die Börse die Trends lange im Voraus vorwegnimmt. Deshalb empfehle ich Anlegern, sich heute für die Erholung in Europa zu positionieren und in europäische Aktien zu investieren. Anders als häufig in der Öffentlichkeit angenommen wird, steht Europa besser als die USA da. Die europäischen Krisenstaaten müssen heute schon an Lösungen für die Zukunft arbeiten. Dagegen ist die Schuldenproblematik in den USA Teil der gemeinschaftlichen Verdrängung. Die politische Klasse der USA schiebt das Problem einfach vor sich her, da es dafür auch keine Mehrheit gäbe. Das kann dazu führen, dass in ein paar Jahren Europa wesentlich besser als die USA dastehen wird. Zugleich sind US-amerikanische Aktien deutlich teurer als europäische, das lässt sich an den Kurs-Gewinn-Verhältnissen ablesen. Denn die besseren Nachrichten von dort haben schon die Aktienkurse beflügelt. Fakt ist, die Unternehmen in Amerika sind im Moment rentabler, die europäischen Unternehmen aber 30 % billiger. Von diesem Discount können Anleger profitieren, dafür müssen sie aber ein gewisses Risiko eingehen. Als nächstes stellt sich dann die Frage nach der richtigen Aktienauswahl. Ich betrachte mit einer gewissen Sorge, dass der Anlegerfokus bisher auf einem sehr kleinen Spektrum von Aktien liegt. Auf diese sogenannten defensiven Qualitätsaktien, die vor allem aus dem Konsumgüterbereich kommen, konzentriert sich im Moment die Nachfrage. Ohne Zweifel weisen diese Unternehmen eine hohe Qualität auf, allerdings machen uns die erreichten Bewertungsniveaus Sorgen. Anleger sollten weiterhin auf Qualität setzen, aber Qualität ist nicht gleichbedeutend mit defensiven Unternehmen, und Qualität muss auch nicht teuer sein. Hier sehe ich die Aufgabe für uns Portfolio Manager in der gegenwärtigen Marktphase. 

Wir suchen Unternehmen mit einem starken dauerhaften Wettbewerbsvorteil, die auch in einem schwierigen Umfeld erfolgreich sein können und das zyklische Auf und Ab der Volkswirtschaften meistern können. Wenn man hier die Suche über die üblichen Kandidaten unter den großen hochkapitalisierten Firmen hinaus ausweitet, kann man gute Namen zu attraktiven Bewertungen finden. Die Unternehmen, die man dabei findet, sind nicht immer gemeinhin bekannt, z.B. haben wir in unserem Portfolio schwedische Hausbauer (JM), einen französischen, europaweit operierenden Kreditversicherer (Euler Hermes) oder auch einen spanischen Privatfernsehsender (Mediaset Espana). Insgesamt sehe ich optimistisch in die Zukunft und denke, dass ein Anleger mit einem gut strukturierten Portfolio europäischer Aktien in den nächsten Jahren gute Resultate erzielen kann.

 

Uwe Zöllner, CFA
Head of Pan-European Equity, Portfoliomanager
Franklin Equity Group

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