Q+A mit Evan McCulloch, Manager des Franklin Biotechnology Discovery Fund
Fonds mit Fokus auf speziellen Themen wie Biotechnologie sind derzeit sehr erfolgreich. Der Nasdaq Biotechnology Index hat vor kurzem ein neues All Time High erreicht – droht nun eine starke Korrektur wie Anfang des Jahrtausends? Biotech-Aktien, insbesondere die Branchenschwergewichte, waren lange Zeit zum Teil sehr niedrig bewertet. Von 2009 bis einschließlich 2011 entwickelte sich der Sektor schwächer als der breitere Aktienmarkt. Die Wall Street hat den Unternehmen über viele Jahre keine lohnenden Investitionen in Forschung und Entwicklung zugetraut. Nun merken Investoren aber allmählich, dass es sich für Biotech-Unternehmen wie auch großen Pharma-Unternehmen durchaus auszahlt, in Arzneimittelforschung und -entwicklung zu investieren. Obwohl inzwischen viele Biotech-Medikamente den Weg vom Labor zur Anwendung gefunden haben, notieren Biotech-Large-Caps wie Gilead, Celgene und Biogen Idec derzeit noch mit KGV-Werten von 24, 20 bzw. 24,5. Diese Kennzahlen sind angesichts der Wachstumsraten dieser Unternehmen keinesfalls zu hoch. Ich denke deshalb, dass die Börsenrally wie auch die Wachstumsstorys bei vielen Unternehmen durchaus noch intakt ist.
Was sind Ihre Auswahlkriterien?
Wir bauen unseren Fonds Bottom-up auf. Die Firmen müssen uns mit den wichtigsten Kennzahlen überzeugen und beweisen, dass Sie der Konkurrenz in Sachen Entwicklung und Vermarktung ihres Produktes einen Schritt voraus sind. Wir haben in den letzten Jahren sehr gezielt auf Teilbereiche der Biotechnologie gesetzt. Als lukrative Anlagenischen erachten wir Arzneimittel für seltene Erkrankungen, Biologika, Arzneimittel-Medizinprodukt-Kombinationen und einige weitere Nischen mit hohem, bislang ungedecktem medizinischem Bedarf.
Was sind Ihre Favoriten im Portfolio?
Celldex Therapeutics hat eine Marktkapitalisierung von unter 900 Mio. US-Dollar und vier Medikamente in der klinischen Entwicklung. Alle vier haben neuartige Wirkmechanismen, die sich in wenig umkämpften Bereichen auf einen ungedeckten Bedarf richten. Zwei Produkte befinden sich derzeit in der fortgeschrittenen Entwicklung: der Impfstoff gegen Hirntumore Rindopepimut und CDX-011 gegen eine schwer therapierbare Form von Brustkrebs. Bis zu ihrer Zulassung dürfte es Jahre dauern, vielleicht bis 2016. Doch beide Medikamente haben in ersten Studien gute Ergebnisse gezeigt. Wenn sich diese Ergebnisse in Phase-III-Studien replizieren lassen, könnten Rindopepimut und CDX-011 irgendwann Jahresumsätze von 200 Mio. US-Dollar oder mehr erzielen. Celldex ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir auch opportunistischinvestieren müssen, damit wir als Investoren im Biotechnologie-Sektor langfristig gute Ergebnisse erzielen können. Ein anderes Beispiel ist Gilead. Der Titel ist auch unser absoluter Favorit, den wir weiter zukaufen. Der Kurs der Aktie hat sich in den letzten zwölf Monaten verdoppelt. Doch mit Medikamenten, die 2015 marktreif sein könnten, führt Gilead das Rennen im Markt für ein rein orales Therapieschema gegen Hepatitis C an. Das ist allein schon aufgrund der Zahl der mit dem Virus infizierten Patienten ein Riesenmarkt. Dennoch sind die Ertragschancen, die wir für Hepatitis-C-Medikamente erkennen, im Kurs der Gilead-Aktie noch immer nicht eingepreist. Gleichzeitig wird Gileads gesamte Entwicklungspipeline von Anlegern, die sich immer noch ganz auf die Hepatitis-C-Story konzentrieren, nicht gewürdigt.
Wie beurteilen Sie die Übernahmeaktivitäten innovativer Biotechnologie-Firmen durch große Pharmakonzerne?
Big Pharma ist immer auf der Suche nach innovativen Biotechnologie-Unternehmen. Schließlich ist es ein ständiger Wettlauf um den nächsten großen Blockbuster. Kleinere Übernahmekandidaten haben Wirkstoffe in der Entwicklungsphase, doch vielfach fehlt ihnen das Geld für die „Serienreife“, oder ihre Wagniskapitalgeber wollen vorzeitig aussteigen. Die größeren Unternehmen verfügen über erhebliche Liquidität, würden ihre Pipelines an neuen Produkten aber gern durch Akquisitionen aufstocken. Das passt gut zusammen und letztes Jahr hat sich viel getan. GSK übernahm Human Genome Sciences und Bristol Myers erwarb Inhibitex und Amylin Pharmaceuticals. Erwähnenswerte Transaktionen sind meines Erachtens auch die Übernahme von Medimmune durch AstraZeneca und Sanofis erfolgreiche Offerte für Genzyme. Außerdem gab es eine Vielzahl kleinerer Transaktionen. Das Fusions- und Übernahmegeschehen flaute in den ersten beiden Quartalen 2013 etwas ab, was vermutlich am starken Kursanstieg lag. Die zugrundeliegende Dynamik ist unseres Erachtens aber nach wie vor intakt.
Ihre Einschätzung der kurz- bis mittelfristigen Aussichten für diesen Sektor?
Die Welt verändert sich schnell, und viele visionäre Unternehmen stehen an der Spitze dieses Wandels. Was heute wie eine Zukunftsvision ausschaut, könnte unseren Alltag im nächsten Jahrzehnt maßgeblich verändern. Der Sektor ist gut aufgestellt und sollte weiter zulegen. Dafür sorgen verschiedene Treiber wie eine entgegenkommendere FDA (USZulassungsbehörde), Pipelines an neuen Medikamenten und gute Voraussetzungen für Fusionen und Übernahmen. Big Pharma hat Geld, und es gibt viele kleine Medikamentenhersteller mit vielversprechenden Produkten in der Entwicklung. Einziger Widerstand ist das immer schwierigere Erstattungsumfeld. Private und öffentliche Zahler in den USA und in Europa sind bei Medikamenten immer geiziger. Dennoch stellen Gilead, Celgene und Biogen nach wie vor starke Wachstumsstorys dar. Sie stehen an der Spitze eines ganzen Schwungs von Unternehmen, denen verschiedene maßgebliche Medikamenteneinführungen gelungen sind und die zur nächsten Large-Cap-Generation heranwachsen könnten. Dazu gehören unter anderem Regeneron, Alexion Pharmaceuticals, Medivation, Onyx Pharmaceuticals und BioMarin Pharmaceutical.