Hinweis an die Zentralbanken: Die Aktienmärkte sind nicht Euer Problem

Bei der Vorbereitung ihrer Dezembersitzungen, in denen Entscheidungen mit weitreichenden langfristigen Auswirkungen anstehen, werden die Geldpolitiker auf beiden Seiten des Atlantiks über vielerlei Faktoren nachdenken. Einen Aspekt sollten sie dabei jedoch außer Betracht lassen: die Aktienmarktentwicklung. Das meint jedenfalls Uwe Zöllner, Head of Pan-European Equity, Franklin Local Asset Management. Franklin Templeton | 25.11.2015 14:02 Uhr
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Ich bin der festen Überzeugung, dass die Zentralbanken aufhören müssen, sich ständig über die Aktienmärkte und die Aktienmarktentwicklung Sorgen zu machen. Als sich die Federal Reserve in den USA (Fed) in ihrer Sitzung im September gegen eine Leitzinsanhebung entschied, begründete sie dies mit dem Aktienmarktschwankungen. Erst kürzlich war die anhaltende Aktienmarktvolatilität der Hauptgrund dafür, dass der Markt darüber spekulierte, dass die Europäische Zentralbank (EZB) im Dezember ihr Programm der quantitativen Lockerung (QE)  aufstocken oder verlängern könnte.

Es gibt zahlreiche Gründe, warum die EZB im Dezember derartige Maßnahmen beschließen könnte – auf einige davon ist mein Kollege David Zahn bereits eingegangen. Allerdings würde ich den Entscheidungsträgern dringend empfehlen, sich dabei nicht von der Aktienmarktlage beeinflussen zu lassen.

Wenn die Aktienmärkte in Europa oder anderswo rückläufig sind, dann ist das meiner Meinung nach kein Problem der EZB.

Weltweit sehen wir die Zentralbanker über die Aktienmärkte reden. Ich denke, dass sie damit die Wahrnehmung der anderen beeinflussen, so dass es dann ihre Kommentare sind, die die Marktbewegungen verursachen. Wenn die Zentralbanker endlich aufhörten, sich in die Diskussionen über die Aktienmärkte einzumischen, gäbe es wahrscheinlich etwas rationalere Aktienkursbewegungen.

QE und andere von der EZB aufgelegte Programme haben durch die niedrigeren Zinsen die Wirtschaft in der Region angekurbelt, so dass es den Banken möglich war, Verbrauchern und Unternehmen billigere Kredite zu geben. Allein die Aussicht auf ein QE-Programm hat dazu beigetragen, den Wert des Euro zu drücken, wovon die Exporteure enorm profitiert haben. QE hatte zweifellos nützliche Effekte.

Auch wenn manche anderer Meinung sein mögen: Zum jetzigen Zeitpunkt dürften keine weiteren EZB-Maßnahmen erforderlich sein, da wir bereits andere Faktoren gesehen haben, die die Wirtschaft stützen, unter anderem fallende Rohstoffpreise und zunehmende Konsumfreude. Ich denke, dass die europäische Wirtschaft bereits auf dem richtigen Weg ist. Wir müssen allerdings hinnehmen, dass manche Anleger immer noch verunsichert sind. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass sich die EZB, in dem Bestreben, die nervösen Anleger zu beruhigen, letztendlich dafür entscheidet, zusätzliche Milliarden Euro für den Wertpapierkauf auszugeben oder das QE-Programm, das eigentlich im September 2016 enden sollte, bis Januar 2017 zu verlängern.

Wie dem auch sei, irgendwann wird mit diesen Ausgaben für weitere Konjunkturprogramme Schluss sein müssen. Wenn es so sein sollte, dass die Volkswirtschaften der Welt nur noch mit billigem Geld – und zwar mit Riesenmengen billigen Gelds – am Leben zu halten sind, so wäre, meiner Ansicht nach, das Scheitern der Marktwirtschaft zu konstatieren. Ich glaube an die Marktwirtschaft, und ich glaube, dass es der Eurozone möglich sein dürfte, auch ohne riesige Konjunkturanreize Wirtschaftswachstum zu erzielen.

Anstieg der Unternehmensgewinne?

Es gibt jetzt Anzeichen dafür, dass die Wirtschaft der Eurozone wieder wächst, wobei jedoch die Erholung gegenüber der Finanzkrise 2007–2010 der schwächste Wirtschaftsaufschwung seit den 1970er Jahren ist.[1] Die Konjunkturerholung ist sehr gering und verläuft sehr langsam. Das gilt nicht nur für die Wirtschaft insgesamt, sondern auch für die Unternehmen in der Region – und die Unternehmensgewinne.

Es hat sehr lange gedauert, bis die Unternehmensgewinne wieder zulegten, weil sich der Rückgang in vielen Ländern der Eurozone seit der Finanzkrise lange hingezogen hat. Es braucht Zeit, bis so weitreichende Anpassungen in der gesamten Volkswirtschaft Wirkung zeigen. Sofern negative Überraschungen (etwa ein längerer globaler Konjunkturrückgang) ausbleiben, gibt es unserer Einschätzung nach keine bedeutenden Gründe, warum die Gewinne in den Jahren 2015 und 2016 nicht jährlich zwischen 8% und 10% steigen könnten.[2]

Das Konsumklima in der Eurozone ist dieses Jahr allgemein besser geworden, was verschiedenen Faktoren, u. a. der geringeren Arbeitslosigkeit in der Region, zuzuschreiben ist. Ein Indikator, der eine Besserung des Konsumklimas vermuten lässt, sind die Neuwagenzulassungen – die ultimative nicht-notwendige Ausgabe. In Italien und Spanien, die beide schwer unter der Finanzkrise zu leiden hatten, gibt es jetzt Anzeichen für steigende Neuwagenzulassungen.

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Wir denken, dass sich jeder Anstieg der Verkaufszahlen exponentiell in den Geschäftsergebnissen der Unternehmen niederschlagen dürfte. Viele Unternehmen in der Eurozone arbeiten mit hohem Gewinnhebel, d. h., sie erzielen weniger Umsätze, können jedoch höhere Gewinnmargen halten. Sollte die von uns erwartete Verbesserung des Verbrauchervertrauens zu mehr Umsätzen führen, dann könnten diese großzügigen Margen höhere Gewinne bescheren.

Steigende Flut

Darüber hinaus rechnen wir damit, dass der für dieses und nächstes Jahr erwartete Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auch die Unternehmensgewinne steigen lassen wird. 2014 verzeichnete die Eurozone eine glanzlose Wachstumsrate von 0,8%.[3] Für dieses und nächstes Jahr rechnen wir jedoch mit 1,5% bis 2% Wachstum, zum einen, weil mit dem schwächeren Euro ein Anstieg der Exporte wahrscheinlich wird, zum anderen, weil die niedrigeren Ölpreise Luft für mehr Ausgaben lassen dürften. In der Vergangenheit hat man gesehen, dass jeder BIP-Zuwachs – selbst einer, der so bescheiden ist, wie der jetzt erwartete – sich in einem Gewinnanstieg niederschlagen kann.

Als zum Beispiel in den frühen 1990er Jahren der BIP-Zuwachs 3,5% betrug (wovon die Eurozone heutzutage natürlich nur träumen kann), sind die Gewinne je Aktie 35% gestiegen[4], zweifellos ein recht kräftiger Anstieg. Wir halten es deshalb für nicht unrealistisch, dass eine 2%ige BIP-Zuwachsrate einen zweistelligen Gewinnanstieg bringen könnte.

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Diesem relativ gesunden BIP-Zuwachs sind in vielen Staaten der Eurozone mehrere Jahre Enthaltsamkeit vorausgegangen. Einige Peripheriestaaten[5], die enorme Schuldenlasten hatten, mussten eine harte Sparpolitik fahren, um sich zu sanieren. Diese restriktive Fiskalpolitik hat dem Wirtschaftswachstum in diesen Staaten Grenzen gesetzt. Das war extrem schmerzhaft, aber, so denken wir, notwendig. Inzwischen ist der strukturelle Primärsaldo (der Staatshaushalt vor Zinsausgaben) der Hauptländer der Eurozone positiv. Die Peripherieländer dürften 2015 und 2016 einen Überschuss erzielen.[6]
 Die Haushaltsprobleme hat man jetzt im Griff, was weiterem Wirtschaftswachstum förderlich sein dürfte.


Die Staaten der Eurozone haben auch Strukturreformen in Angriff genommen, insbesondere im Hinblick auf die Arbeitskosten. So haben zum Beispiel Irland und Spanien ihre Arbeitskosten in den letzten fünf Jahren um mehr als 10% gesenkt.[7] Das bedeutet, dass die Waren, die in diesen Ländern produziert werden, 10% billiger sind als vor der Finanzkrise. Selbst Griechenland, das Problemkind der Eurozone, hat die Arbeitskosten 18% senken können.[8] Für die Erwerbstätigen ist eine solche Reduzierung natürlich schmerzlich. Wir denken jedoch, dass die Unternehmen dadurch wettbewerbsfähiger werden, so dass sie langfristig eine solidere finanzielle Grundlage haben dürften.

Ganz gleich, wie sich die Zentralbanken letzten Endes entscheiden, werden wir uns weiter darauf konzentrieren, durch gute Aktienauswahl langfristige Chancen in dieser Region zu nutzen.

Uwe Zöllner, CFA
Head of Pan-European Equity
Portfoliomanager
Franklin Local Asset Management

[1] Quellen: Thomson Datastream, UBS, auf Basis des MSCI Europe Index; Stand: 7. Oktober 2015. Indizes werden nicht verwaltet. Es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für die Zukunft.

[2] Es gibt keine Garantie dafür, dass sich eine Schätzung oder Prognose bewahrheitet.

[3] Quelle: Europäische Zentralbank.

[4] Quellen: IBES, JPMorgan, Stand 7. Oktober 2015.

[5] Der Peripherie der Eurozone sind u. a. Portugal, Spanien, Italien, Griechenland und Irland zuzurechnen.

[6] Quellen: Europäische Kommission, Morgan Stanley, 6. Oktober 2015.

[7] Ebd.

[8] Ebd.

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