„In unserer Bewertung sind wir über die Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex hinausgegangen und haben weitere wichtige Qualitätsmaßstäbe der Unternehmenführung untersucht“, berichtet Jens Wilhelm von der Studienerstellung.
Union Investment erachtet es beispielsweise als nicht sachgerecht, wenn ehemalige Vorstandsvorsitzende unmittelbar nach dem Ende ihrer Vorstandstätigkeit den Vorsitz im Aufsichtsrat übernehmen. „Wir beurteilen den automatischen Wechsel vom Vorstandsvorsitz in die Spitze des Aufsichtsrates als kritisch, weil die Gefahr besteht, dass die notwendige Distanz und Unbefangenheit beeinträchtigt werden.“ Auch ein Entsenderecht in den Aufsichtsrat (beispielsweise den gesetzlich festgeschriebenen Sitz des Landes Niedersachsen im Aufsichtsrat von VW) lehnen die Studienautoren grundsätzlich ab, da dies die Wahl der am besten geeigneten Personen einschränkt.
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass zwar kein linearer Zusammenhang zwischen der Corporate Governance-Qualität und der Aktienkursentwicklung besteht, eine hohe Qualität der Unternehmensführung aber die Wahrscheinlichkeit für eine überdurchschnittliche Aktienkursentwicklung spürbar erhöhe, so Wilhelm.
Unternehmen mit guter Corporate Governance zeigen eher überdurchschnittliche Kursentwicklung
Im Rahmen der Untersuchung konnte ein Zusammenhang zwischen der Qualität der Unternehmensführung und der Wertentwicklung der jeweiligen Aktie beobachtet werden. Dieser Zusammenhang konnte sowohl für die Zeiträume seit Ende 2001, Ende 2002 als auch Ende 2003 nachgewiesen werden. Unternehmen mit einer überdurchschnittlich gut bewerteten Corporate Governance erzielten beispielsweise seit Ende 2003 bis Ende April 2005 zumeist auch eine überdurchschnittlich positive Wertentwicklung. So schlugen die meisten Aktien aus der Spitzengruppe der Corporate-Governance-Bewertung wie die Deutsche Börse (mit Note 1,75 auf Rang 2 des Corporate Governance-Rankings), Bayer und Continental (mit Note 2,0 auf Rang 3 bzw. 4) den DAX deutlich. Während der Deutsche Aktienindex lediglich um 5,5 Prozent stieg, konnten die Deutsche Börse um 34,7 Prozent, Continental um 89,6 Prozent und Bayer um 16,2 Prozent zulegen. Dagegen mußte die im Corporate-Governance Ranking auf Rang 1 (Note 1,5) geführte Deutsche Telekom mit minus 0,2 Prozent eine ungünstigere Wertentwicklung als der DAX ausweisen. Wilhelm: „Diese Ergebnisse zeigen, dass eine gute Unternehmensführung zwar die Wahrscheinlichkeit für eine überdurchschnittliche Performance erhöht, aber keine Garantie für eine Outperformance bietet.“
Unternehmen mit weniger guter Corporate Governance mit eher unterdurchschnittlicher Kursentwicklung
Zugleich zeigten auch die hinsichtlich der Qualität der Corporate-Governance schlechter bewerteten Unternehmen eine unterdurchschnittliche Wertentwicklung. So entwickelte sich die mit einer Gesamtnote von 3,75 am schlechtesten platzierte VW-Aktie mit minus 27,0 Prozent deutlich unterdurchschnittlich. Auch die Aktie der auf dem vorletzten Rang liegenden Münchener Rück (Note 3,5) weist mit minus 11,8 Prozent eine deutliche Underperformance aus. Allerdings zeigt auch hier der Blick auf das Tabellenende, dass der Zusammenhang zwischen der Corporate-Governance-Qualität und der Wertentwicklung keinesfalls eng ist. So entwickelte sich die gleichfalls auf dem vorletzten Platz liegende Adidas-Aktie (Note 3,5) mit plus 33,0 Prozent besser als der DAX. Denn branchenspezifische Entwicklungen überlagern insbesondere in kürzeren Zeiträumen den Einfluß der Unternehmensführung auf die Kursentwicklung.
Vier Merkmale untersucht
Die Autoren der Studie überprüfte vier Gruppen von Merkmalen die eine gute Unternehmensführung typischerweise auszeichnen. Hierzu zählen die Aktionärsrechte (one share one vote, keine vinkulierten Aktien, …), der Vorstand (variable Vergütung mit langfristigen Anreizen, Selbstbehalt bei D&O-Versicherung, …), der Aufsichtsrat (ehemaliger Vorstandsvorsitzender nicht AR-Vorsitzender, kein Entsenderecht, …) und die Transparenz (Qualität des Geschäftsberichtes, Qualität der IR-Arbeit, …).