Die Angst vor der Rezession geht um. In den USA und in Europa werden die Wachstumsraten nach unten revidiert. Da sind Investoren auf der Suche nach Märkten, die von den Problemen am US-Immobilienmarkt und der Kreditkrise relativ wenig betroffen sind. Doch nicht alle Anleger sind bereit, die Risiken von Schwellenländerinvestments zu tragen – als Alternative können sie auch in den hohen Norden gehen.
Cash-Flows im Norden
Denn dort haben die Unternehmen eines, was zurzeit ganz besonders wertvoll ist: keine Schulden. „Im Vergleich zu vielen anderen Märkten haben die nordischen Unternehmen einen hohen Enterprise Value (EV)“, betont Tommi Saukkoriipi, Fondsmanager des Nordea 1 - Nordic Equity. Anhand des Nettoverschuldungsgrades, der die Nettoverschuldung in Relation zum Eigenkapital stellt, steht die nordische Region im internationalen Vergleich sehr gut da. Beträgt diese Schuldenquote im hohen Norden nur etwas mehr als 20 Prozent, liegt sie in Europa (gemessen am Eurotop 300) knapp über 40, in den USA knapp über 45 Prozent.
Kreditrisiken teuer wie noch nie
Diese Eigenschaft der Unternehmen in Skandinavien ist jetzt auch für Investoren attraktiv. Insbesondere, wenn – wie in den letzten Tagen besonders stark – die Kosten für Fremdkapital in die Höhe schießen. Der iTraxx Europe, der die Kosten misst, zu denen Unternehmenskredite versichert werden können, erreichte am Donnerstag ein neues Allzeithoch und liegt bei über 125 Basispunkten (zum Vergleich: zu Jahresbeginn lagen diese Kosten noch bei rund 50 Basispunkten). Doch die nordischen Unternehmen haben nicht nur solide Bilanzen zu bieten. „In den letzten Monaten hat es eine deutliche Überreaktion an den nordischen Märkten gegeben,“ meint Saukkoriipi. Die Bewertungen seien daher zurzeit besonders günstig. Und der Cash-Vorrat ermöglicht auch weitere Akquisitionen. "Cash-reiche Unternehmen können jetzt schwächere Konkurrenten zu einem sehr viel günstigeren Preis kaufen. Das ist ein wahrer Katalysator für weitere Konsolidierungen."
Wachstum auch im Norden schwächer
Nichtsdestotrotz können auch die nordischen Unternehmen nicht an den globalen Missstimmungen vorbei. Auch Saukkoriipi rechnet für 2008/09 mit einem geringeren Wirtschaftswachstum, das dennoch mit rund 2,2 Prozent knapp über dem europäischen Durchschnitt liegen wird. Einzig bei Dänemark ist Saukkoriipi wenig optimistisch: „Das Land hat seine Kapazitätsgrenze erreicht. Es herrscht fast Vollbeschäftigung.“
Ein Zustand, wie ihn zahlreiche osteuropäische Staaten nicht kennen. Dort boomen die Wirtschaften mit Wachstumsraten, die doppelt so hoch wie jene ihrer westeuropäischen Nachbarn sind. Viele skandinavischen Unternehmen haben daher längst ihr Geschäft nach Osteuropa ausgeweitet, insbesondere die baltischen Länder (Estland, Lettland, Litauen) und Russland sind dabei Ziel von Firmenakquisitionen und Markteintritten. Den Erfolg der skandinavischen Firmen in Osteuropa führt der Nordea-Fondsmanager besonders auf die lange Tradition der offenen Volkswirtschaften zurück: „Die Unternehmen mussten sich schon früh dem internationalen Wettbewerb aussetzen. Deshalb sind sie so fit.“
Warnzeichen am Baltikum
Doch auch Osteuropa ist von der globalen Unsicherheit nicht verschont geblieben. In einigen Ländern führten die Überhitzungserscheinungen (hohe Außenhandelsdefizite, hohe Verschuldung, Inflation) zu ersten Maßnahmen. So strafte die Rating-Agentur Fitch die baltischen Staaten jüngst mit einem Downgrade ab. Auch für Saukkoriipi ein Warnzeichen: „Am ehesten ist es für die Banken wichtig. Sie verdienten in den baltischen Staaten schöne Margen. So kommen circa 30 Prozent des Gewinns von Swedbank aus dem Geschäft am Baltikum, das aber nur 16 Prozent des Bilanz ausmacht. Das Baltikum war sehr profitabel. Doch die Märkte haben reagiert und diese Aktien abgestraft. Die Dynamik ist klar negativ.“
Unter anderem hat diese Entwicklung dazu geführt, dass Saukkoriipi sein Banken-Exposure reduziert hat. Die aktuelle Untergewichtung im Finanzsektor komme aber auch von Gewinnmitnahmen, so Saukkoriipi. Zurzeit machen Industrieunternehmen mit knapp 30 Prozent den größten Sektor im Nordea Nordic Equity aus, vor Finanztiteln mit 17 und IT-Unternehmen mit 13 Prozent. Auf Länderebene nimmt Schweden derzeit mit 36 Prozent den größten Anteil ein, vor Norwegen mit 28 und Finnland mit 26 Prozent.
Fonds mit starker Historie
Tommi Saukkoriipi kann auf eine erfolgreiche Fondsperformance verweisen. Auf 5-Jahres Sicht liegt der Fonds anhand der risikoadjustierten Rendite, der Sharpe Ratio, auf Rang eins der breit gestreuten nordischen Aktienfonds. Anlegern brachte das Investment in den letzten fünf Jahren immerhin 19,8 Prozent jährlich. Für 2008 ist Tommi Saukkoriipi etwas weniger optimistisch, aber eine zweistellige Rendite soll seiner Meinung nach trotzdem möglich sein: „Die Gewinne der Unternehmen sollten weiter steigen, doch derzeit preisen die Investoren einen Rückgang ein. Der nordische Markt sollte daher dieses Jahr zumindest zehn Prozent zulegen, unter der konservativen Annahme, dass die Kurs/Gewinn Verhältnisse so niedrig bleiben.“
Alle Daten per 7.2.2008 in Euro
Quelle: