„Asien besitzt viel wirtschaftliche Feuerkraft, aber es gibt gute Gründe, warum die Märkte dort stark gefallen sind,“ leitet Kathryn Matthews, Chief Investment Officer für Asia Pacific, die Fidelity Asien Konferenz in Frankfurt ein. Seit Jahresbeginn gehört Asien zu den schwächsten Performern überhaupt. Während Weltaktien 2,5 Prozent verloren, büssten die asiatischen Märkte gemessen am MSCI AC Asia Pacific ex Japan 10,5 Prozent ein.
Inflation als große Gefahr
Das geschah nicht grundlos. Matthews sieht vor allem die steigende Inflationsgefahr als wesentlichen Grund für die massive Abwertung der letzten Monate an. Die steigenden Preise für Rohstoffe und Energie würden die Gewinne der Unternehmen schmälern, denn die Politiker in Asien lassen die Firmen die Preissteigerungen nicht an die Konsumenten weitergeben. Die Unternehmensgewinne in Asien kommen daher von der Kostenseite unter Druck, nicht aber von der Nachfrageseite. Denn während in den USA und Europa die Angst von einem Konsumabschwung die Runde macht, hat Asien weiterhin eine robuste Nachfrage. David Urquhart, Fondsmanager des Fidelity Funds – Asian Aggressive: „Es gibt weiterhin massive Steigerungen des Wohlstandes in Asien. Davon wird der Einzelhandel, Immobilien- und Infrastrukturunternehmen profitieren.“
Die kurzfristigen Verluste trüben die Bilanz für langfristig angelegte Investoren nur wenig. In den vergangenen fünf Jahren ließ sich mit dem breiten asiatischen Markt ohne Japan 21 Prozent pro Jahr verdienen. Mit Investments in einzelne Märkte wie Indien oder China waren sogar bis zu 35,3 Prozent möglich. Und diese langfristige Erfolgsstory soll auch in den nächsten Jahres weitergeschrieben werden. Matthews: „Dieses Jahr wird schwierig, aber langfristig wird Asien weiterhin zu den Outperformern gehören.“
Wachstum abseits von Chindien
Doch woher wird diese Outperformance kommen? Die Fidelity-Experten setzen dabei nicht nur auf die Zugpferde China und Indien. „Die ASEAN-Region wird von Investoren oft übersehen. Dabei nutzen Unternehmen viele Länder der Region, um ihre Produktion zu diversifizieren,“ sagt Maria Abbonizio, Investment Director Asia. Die ASEAN-Region beschreibt dabei die südostasiatische Freihandelszone, die Länder wie Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapur, Thailand oder Vietnam beinhaltet. Die ASEAN-Staaten beheimaten immerhin 550 Millionen Menschen, und das in so unterschiedlichen Staaten wie Singapur und Laos.
„Es gibt große Unterschiede in der Region, es sind unterentwickelte Staaten dabei, die einen großen Aufholprozess vor sich haben, ebenso wie sehr hoch entwickelte Länder,“ so Abbonizio. Diese Länder ziehen immer stärker ausländisches Kapital an. „Die ASEAN-Staaten haben ihre Fundamentaldaten erheblich verbessert. Nun sinkt sogar der Anteil der ausländischen Direktinvestitionen, die nach China fließen und die ASEAN-Region holt auf,“ gibt Abbonizio zu bedenken. Ein besonderer Fall sei dabei Vietnam. Das Land habe sich zu DER Alternative zu China entwickelt. Große Fabriken wechseln ihre Standorte von China nach Vietnam. Die ausländischen Direktinvestitionen machen bereits acht Prozent des BIP aus.
Nicht nur China, sondern China + 1
Investoren werden daher in Zukunft der Realwirtschaft aus China heraus folgen. Denn zahlreiche Unternehmen fahren mittlerweile eine „China plus eins“ Strategie. Sie produzieren daher in China und einem weiteren Land der Region, häufig Vietnam. Die steigende Internationalisierung ist damit nicht mehr „nur“ auf Indien und China beschränkt, sondern erfasst auch die anderen Länder der Region. Hinzu kommt, dass Investoren auch von der Tatsache profitieren können, dass einzelne Unternehmen ganz direkt vom starken chinesischen Wachstum profitieren, etwa weil sie China mit teurer Energie versorgen.
China-Fonds mit breiterem Ansatz
Der Ausblick für Asien-Investments sei insgesamt daher sehr gut, besonders wenn man über verschiedene Länder hinweg das Portfolio diversifiziert. Das macht sogar China-Fondsmanager Wilson Wong. Er managt an sich ein Greater China – Portfolio, das neben China auch Taiwan und Hong Kong beinhalten soll. Doch das ist dem Fondsmanager nicht genug. „Ich nehme einen breiteren Ansatz. Denn heute muss man selektiv sein, wenn man in China investieren will. Daher habe ich die drei Länder untergewichtet, obwohl ich auch weiterhin an die Wachstumsaussichten glaube.“ Denn zusätzlich ist Wong etwa auch in Australien investiert, das viele Rohstoffe in die chinesische Region exportiert.
Doch in Asien gibt es nicht nur Aktien. Auch Anleihen aus Asien sind eine immer bedeutendere Assetklasse. Doch auch die Fixed-Income-Produkte sind in den letzten wochen stark unter Druck gekommen. Für Andy Howse, Investment Director für Fixed Income, sind die asiatischen Anleihen längst unterbewertet. „Die Fundamentaldaten sind in sehr guter Verfassung. Es gibt einen wirklichen interessanten Ausblick für die Anleihen, denn die Aufschläge werden herunterkommen.“
Fazit
Asien wurde in den vergangenen Jahren vor allem durch die China/Indien-Brille gesehen. Außer den beiden bevölkerungsmäßig größten Länder gab es für die Investoren kein Asien. Doch das dürfte sich jetzt ändern, da China wie Indien mit eigenen hausgemachten Problemen zu kämpfen haben, andere Länder aber weiter ihren Wachstumspfad beschreiten.