Überwachung durch die Finanzmarktaufsicht
Die Finanzmarktaufsicht (FMA) muss überwachen, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Kreditinstitute sowie Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten und mit Sitz in einem Drittland das WAG 2007 einhalten. Außerdem muss sie unter anderem alle Untersuchungen durchführen und jene Maßnahmen ergreifen, die erforderlich sind, um bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten die Interessen des Anlegers zu wahren. Vor allem muss sie sicherstellen, dass die Kreditinstitute und Wertpapierfirmen die Wohlverhaltenspflichten einhalten.
FMA-Rechte
Bei der Ausübung ihrer Rechte darf die FMA jederzeit
- Bucheinsicht (inklusive Schriftstücke und Datenträger) nehmen sowie Kopien verlangen,
- von den Unternehmen und ihren Organen Auskünfte verlangen,
- Personen vorladen und sie befragen,
- durch eigene Prüfer vor Ort Prüfungen durchführen,
- existierende Aufzeichnung von Telefongesprächen und Datenübermittlungen anfordern und
- um Gesetzesverletzungen zu unterbinden und Konzessionsvorrausetzungen sicherzustellen dem Unternehmen – unter Androhung von Zwangsstrafen – auftragen, den rechtmäßigen Zustand binnen angemessener Frist herzustellen. Im Wiederholungs- oder Fortsetzungsfall kann die FMA den Geschäftsleitern die Geschäftsführung ganz oder teilweise untersagen.
Zudem kann die FMA die Konzession zurückzunehmen, wenn systematisch gravierend gegen die WAG 2007-Bestimmungen verstoßen wurde. Nach dem Gesetz wird nur eine schwerwiegende Missachtung dazu führen, dass die FMA die Konzession zurücknimmt. Ein solcher Verstoß würde vorliegen, wenn wiederholt die Aufzeichnungspflichten verletzt werden, Kundenidentifikationsnachweise fehlen und sich der Geschäftsleiter im Unternehmen mangelhaft betätigt. Denn diese Verstöße gefährden massiv die Anlegerinteressen.
Ein Verstoß gegen die Wohlverhaltensregeln ist mit einer Verwaltungsstrafe bis zu 50.000 Euro sanktioniert. Bestraft wird der Geschäftsleiter unabhängig davon, ob es sich bei dem Unternehmen um eine juristische oder eine natürliche Person handelt.
Sanktionen nach ABGB
Wer die Wohlverhaltenspflichten verletzt, dem können Schadenersatz, Irrtumsanfechtung oder Vertragsrücktritt drohen.
Zum Schadensersatz
Im WAG 2007 gibt es keine ausdrückliche Schadenersatzregelung – anders als im alten WAG. Daher ist ein Schadenersatzanspruch nach den zivilrechtlichen Bestimmungen des ABGB zu beurteilen.
Nach allgemeinem Schadenersatzrecht kann sowohl ein Verstoß gegen vertragliche als auch gegen gesetzliche Pflichten eine Schadenersatzpflicht auslösen. Zu den Verstößen gegen vertragliche Pflichten rechnet man auch Verstöße gegen vorvertragliche Pflichten. Weiters können sich Schadenersatzansprüche auch aus dem Vertrag zwischen dem Dienstleister und seinem Kunden ergeben, wenn vertragliche Nebenpflichten verletzt werden. Das ist in erster Linie bei Verletzung der Informationspflicht, der Pflicht zur Prüfung der Eignung oder der Angemessenheit der Dienstleistung der Fall. In der Praxis stützt man die Haftung bei verletzten Wohlverhaltenspflichten auf die Vertragsverletzung.
Zur Irrtumsanfechtung
Ein Irrtum eines Vertragsteils über einen Umstand, über den ihn der andere auf Grund gesetzlicher Vorschriften hätte aufklären müssen, berechtigt dazu, dass der Irrtum angefochten oder der Vertrag angepasst wird – vorausgesetzt, der Irrtum ist wesentlich.
Zum Vertragsrücktritt
Das WAG 2007 sieht kein Rücktrittsrecht des Verbrauchers vor, wenn der Rechtsträger seinen Informationspflichten nicht nachkommt. Das Rücktrittsrecht eines Verbrauchers ergibt sich dann beispielsweise aus dem Konsumentenschutzgesetz.
Im nächsten Artikel dieser Reihe wird Dr. Wolfgang Sindelar, ebenfalls Rechtsanwaltsanwärter bei der Baker & McKenzie - Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte GmbH, Vorgaben der MiFID (Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente) für den Abschluss eines Beratungsvertrages unter die Lupe nehmen - dieser Artikel erscheint morgen bei e-fundresearch.com.
Zum Autor:
Mag. Johannes Marenzi, LL.M. ist seit 2003 als Rechtsanwalt bei der Baker & McKenzie - Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte GmbH tätig. Er berät Banken, Finanzdienstleistungsunternehmen, Fondsgesellschaften und Unternehmen bei bankvertragsrechtlichen, bankaufsichtsrechtlichen sowie kapitalmarktrechtlichen Fragen. Johannes Marenzi studierte Rechtswissenschaften an der Universität Wien (Mag. iur. 1996) und absolvierte an der London School of Economics ein Postgraduate-Programm (LL.M. 1998). Er ist Mitautor des Buches "Von der MiFID zum WAG 2007" (Manz Verlag, 2008) sowie Autor zahlreicher Beiträge zu Neuerungen im österreichischen Bankrecht. Johannes Marenzi hat mehrere Vorträge zur MiFID und dem WAG 2007 gehalten.
Gastkommentare werden von anerkannten Finanzmarktexperten verfasst, deren Meinungen nicht mit jener der e-fundresearch.com Redaktion übereinstimmen müssen.