Mit der Anerkennung der Unabhängigkeit der abtrünnigen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien durch Russland hatten sich die Spannungen am Kaukasus verstärkt. Die Reaktion der Börse ließ mit Kurseinbrüchen nicht lange auf sich warten.
Dabei weisen Beobachter darauf hin, dass sich die russischen Aktienkurse nicht erst seit der Georgien-Krise auf Talfahrt befinden. „Vielmehr haben bereits in den vergangenen Monaten Probleme wie der Disput zwischen Regierungschef Putin und dem Stahl- und Kohlekonzern Mechel, die scharfe Korrektur des Ölpreises und die Sorge um eine kräftig gestiegene Inflation Investoren dazu bewogen sich von russischen Aktien zu trennen“, so Allan Conway, Leiter Aktien Schwellenländer bei Schroder Investment Management. Dabei würde der russische Aktienmarkt mit einem prognostizierten KGV von 6,5 der günstigste aller großen Schwellenländer sein.
East Capital Russian Fund an der Spitze
Im Ranking der besten Russland Aktienfonds der letzten fünf Jahre (Reihung nach Sharpe Ratio über diesen Zeitraum - siehe Tabelle) liegt der East Capital Russian Fund an der Spitze. Die schwedische Fondsgesellschaft zählt als einer der Asset Management Pioniere in den osteuropäischen Märkten. Aktuell setzt der Fonds mit mehr als 45 Prozent Gewichtung im Öl- und Gas-Sektor und 11,6 Prozent Gewichtung bei Versorgern weiterhin auf das Energiethema.
Die besten Russland Aktienfonds erzielten in den letzten fünf Jahren zwischen 18 und 26 Prozent pro Jahr. Doch auch diese Fonds mussten seit Beginn des Jahres Kursverluste zwischen 25 und 30 Prozent verzeichnen.
Anspannung im größten Markt Europas
„Das wirtschaftliche Verhältnis zwischen Russland und dem Westen ist sehr gut“, so Odeniyaz Dzhaparov, Manager des DWS Russia im Gespräch mit e-fundresearch. Dabei seien die Gemeinsamkeiten größer als viele denken – besonders punkto Mentalität und Einstellung zur Wirtschaft. „Mehr noch als die Europäer, wollen die Russen Geld verdienen“, so der Russe. Nicht zu vergessen sei auch dass Russland der bedeutendste Markt Europas ist. Die momentane Lage ist seiner Ansicht nach auf die politische Situation und die generell schlechte Stimmung der Menschen zurückzuführen. Dabei wären die fundamentalen Zahlen sehr gut, was jedoch kaum jemand auffällt. Nachsatz: „Früher oder später werden die Marktteilnehmer nicht mehr ausschließlich den Schlagzeilen Beachtung schenken, sondern auch den fundamentalen Zahlen.“, so Dzhaparov.
Die große Abhängigkeit von Energiewerten der russischen Wirtschaft sieht der DWS-Manager nicht als Problem und weist auf die Bestrebungen der russischen Regierung hin bis 2020 den Wechsel in innovative Sektoren zu vollziehen. Auch ein fallender Ölpreis sei keinesfalls Besorgnis erregend. „Falls der Ölpreis auf 100 Dollar pro Barrel fällt, wäre das kein Problem. Nur ein Preis unter 60 wäre problematisch“, so Dzhaparov. Als großes Thema für die kommenden zehn Jahre bezeichnet der Experte den Bereich Infrastruktur. Hier seien seit dem Fall der Sowjetunion kaum Investitionen getätigt worden. Viel Potenzial würde auch der Finanzsektor versprechen, da mit wachsendem Wohlstand mehr Russen Bankdienstleistungen in Anspruch nehmen werden.
Russland-Anleger brauchen Mut und Geduld
Über den russischen Aktienmarkt macht sich Dzhaparov keine Sorgen: „Trotz politischer Kritik ist die Börse in den letzten acht Jahren um tausend Prozent gewachsen.“ Anleger die auf Russland setzen würden vor allem zwei Eigenschaften brauchen: Mut und Geduld. Denn volatil wird der Markt seiner Meinung nach immer bleiben. Es vergehe schließlich kein Jahr ohne Korrektur. Wichtig sei es das Gesamtbild nicht aus den Augen zu verlieren, auch wenn das politische Umfeld manchmal verstörend wirken kann. „Im Endeffekt werden die positiven Überraschungen gegenüber den negativen überwiegen. Die Investmentstory ist intakt", so Dzhaparov.
Für Peter Bodis, Russlandexperte bei Pioneer Investments, kann die aktuelle Krise des russischen Aktienmarkts gut und gerne noch einige Zeit weitergehen. Neben politischen Faktoren wie das jüngste Vorgehen gegen Mechel und der Georgien-Krise würde auch die Inflation ein Problem darstellen, da sie dem Markt Liquidität entzieht. „Andererseits kann es auch schnell zu einem Rebound kommen, ähnlich wie in der Türkei“, so Bodis. Auch dort wäre das Sentiment lange Zeit extrem schlecht gewesen, bis alle gemerkt haben, dass die Bewertungen eigentlich sehr gut sind. Wie Dzhaparov sieht auch Bodis Russland als hochvolatilen Markt.
China als Wachstumsmotor für Russland
In dem von Bodis gemanagten Pioneer Funds Austria – Russia Stock sind derzeit Energiewerte mit einem Portfolioanteil von 41 Prozent stark übergewichtet, gefolgt von Grundstoffen mit einem Anteil von 21,4 Prozent. Dementsprechend wichtig sei es nach Ansicht des Russlandexperten, nicht nur für die Performance des Fonds, aber auch für die russische Wirtschaft, dass China nicht in eine Krise hineinrutscht. Das Reich der Mitte sei in der jüngsten Vergangenheit für Russland ein entscheidender Wachstumsmotor gewesen. Angesichts der unsicheren Lage vetraut Bordis derzeit auf eine vergleichsweise hohe Cashquote. „Trotz der unsicheren Rahmenbedingungen darf nicht vergessen werden, dass die Bewertungen derzeit auf einen sehr attraktiven Niveau sind“, so Bordis optimistisch.
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