Wie sicher sind besicherte Anleihen?

Mit der Frage, ob hiesige Hypothekenbanken auch faule Kredite im Bestand haben - denn auf den ersten Blick handelt es sich bei den amerikanischen "Mortgage Backed Securities" um das dasselbe Investmentprinzip wie beim Pfandbrief, befasst sich Stefan Traunmüller, CPM der Schoellerbank AG im aktuellen Gastkommentar. Funds | 03.10.2008 06:08 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Der Pfandbrief im Spannungsfeld der Subprime-Krise

Unter dem neudeutschen Begriff „Covered Bond“, also besicherte Anleihe, versteht man festverzinsliche Wertpapiere, die durch in der Bilanz der emittierenden Bank befindliche Forderungen gedeckt sind. Diese Forderungen sind üblicherweise im Grundbuch eingetragene Hypothekar-Kredite an Firmen und Privatpersonen sowie Kreditforderungen an öffentliche Institutionen und unterliegen als Deckungsstock für die Covered Bonds einem mehr oder weniger strengen Rechtsrahmen.

Unter dem Begriff „Pfandbrief“ haben derartige Anleihen speziell in Deutschland, aber auch in Österreich eine lange Tradition und gelten gemeinhin als Synonym für Sicherheit. Dieses Vertrauen hat allerdings in den letzten Wochen und Monaten einen deutlichen Dämpfer erhalten, als nicht enden wollende Negativmeldungen über Banken, die sich am US-Immobilienmarkt verspekuliert hatten, die Runde machten und diverse Immobilienfinanzierer, Investmentbanken und Hedge Fonds wie Dominosteine der Reihe nach umfielen. Der Begriff „Subprime-Krise“ wird in diesem Zusammenhang durch seinen inflationären Gebrauch wohl gute Chancen auf die Verleihung des Titels „Unwort des Jahres“ haben.

„Subprime“, übersetzt also „unter erstklassig“, bezeichnet hierbei jenen Teil des Hypothekenkredit-Marktes, der sich aus Krediten minderer Bonität zusammensetzt. Diese Kredite wurden speziell in den USA lange Jahre sehr expansiv vergeben, an Investmentbanken verkauft und von diesen in Form von sogenannten „Mortgage Backed Securities“ (kurz MBS) verbrieft und in Umlauf gebracht. Auf den ersten Blick ist doch das dasselbe Prinzip wie beim Pfandbrief, möchte man meinen – müssen nun tausende Kleinanleger fürchten, dass die amerikanische Immobilienkrise auch auf den europäischen Pfandbriefmarkt überschwappt? Haben am Ende auch hiesige Hypothekenbanken faule Kredite im Bestand?

Europäische Covered Bonds und ihr Rechtsrahmen

Zunächst muss festgestellt werden, dass es gerade in Deutschland und Österreich schon relativ lange durch das Pfandbriefgesetz bzw. Hypothekenbankengesetz etablierte gesetzliche Standards über die Ausgabe von Pfandbriefen, deren Deckungsmasse und bezüglich staatlicher Aufsicht der Emittenten gibt. Wichtige Bestandteile des österreichischen Rechtsrahmens sind zum Bespiel, dass nur eine Beleihung auf inländische Grundstücke im ersten Rang sowie auf Grundstücke im europäischen Wirtschaftsraum, zuzüglich der Schweiz, zulässig ist.

Alle Beleihungen dürfen nur bis zu 60% des Wertes der Liegenschaft stattfinden und ein vom Finanzministerium bestellter Treuhänder hat darauf zu achten, dass der Wert der beliehenen Grundstücke jederzeit eine ordnungsgemäße Deckung der Pfandbriefe gewährleistet. Die in Österreich öfters anzutreffenden „fundierten“ Bankanleihen, welche gern für die Mündelgeldveranlagung verwendet werden, gestalten sich übrigens – bei leichten Unterschieden in den zulässigen Deckungsmassen – sehr ähnlich, was ihren Rechtsrahmen und ihre Sicherheit betrifft.

Während die österreichische und deutsche Gesetzgebung sehr eng verwandt sind, fehlt trotz diesbezüglicher Bestrebungen nach wie vor eine EU-weite rechtliche Vereinheitlichung des Covered Bond-Marktes. Zwar basieren alle Covered Bonds auf spezifischen nationalen Gesetzen oder auf allgemeinen Rechtsgrundlagen mit zusätzlichen vertraglichen Verpflichtungen des Emittenten, eine EU-konforme Legaldefinition des Begriffes „Covered Bond“ und somit ein gesetzlicher Mindeststandard existiert aber noch nicht.

Verschiedene Länder - verschiedene Pfandbrief-Märkte

Während wir es in Deutschland mit einem grundsätzlich sehr liquiden und gut entwickelten Pfandbrief-Markt zu tun haben, ist diese Assetklasse in anderen europäischen Staaten noch eher jung. Viele Staaten haben ihre Gesetze in letzter Zeit novelliert, so hat sich etwa Großbritannien vor kurzem für strengere Regularien entschieden, während die Niederlande den Emittenten von Covered Bonds größere Flexibilität einräumen. Im direkten Vergleich punkten die Rahmenbedingungen in Frankreich und Deutschland durch besonders strenge Bestimmungen, während es etwa in Spanien kein Spezialbankprinzip bei Covered Bond-Emittenten gibt und die Deckungsmasse nicht von den sonstigen Aktiva der Bilanz abgetrennt ist. Spanien lässt auch keine ausländischen Deckungsaktiva zu, somit stellt der derzeit als etwas verletzlich anzusehende spanische Immobilienmarkt eine kleine Unsicherheit dar.

Solche Faktoren sowie eine geringere Liquidität im Handel der Papiere spiegeln sich in leicht höheren Renditeaufschlägen wider. Insgesamt kann die Gesetzgebung aller Covered Bond-emittierenden EU-Staaten aber mittlerweile trotz der leichten Unterschiede als relativ lückenlos bezeichnet werden – alle Emittenten unterliegen besonderer staatlicher Aufsicht, ausländische Deckungsaktiva sind gar nicht oder nur bis zu einer definierten Grenze (meist zwischen 10 und 20%) zulässig, die Inhaber der Covered Bonds genießen ein Konkursvorrecht und generell wird für Stabilität und Transparenz der Deckungsstöcke gesorgt.

Unregulierte Märkte sind Nährboden für mögliche Krisen

Worin bestehen nun die Unterschiede zu denjenigen Anleihen, deren „fauler“ Deckungsstock von den USA ausgehend die weltweiten Finanzmärkte in Turbulenzen brachte? Dabei muss betont werden, dass wir hierbei nicht mehr von Covered Bonds sprechen – es beginnt sich zwar auch in den USA ein Markt für Covered Bonds zu etablieren, allerdings erst mit drei Emittenten und ohne spezifisches rechtliches Rahmenwerk. Damit ähneln amerikanische Covered Bonds außerbilanziellen Forderungsverbriefungen, wie beispielsweise den „Residential Mortgage Backed Securities“ (RMBS), deren Wildwuchs oft als Auslöser der derzeitigen Krise bezeichnet wird.

Unterschied in puncto Sicherheit und Transparenz

Diese Papiere unterscheiden sich vor allem in puncto Sicherheit und Transparenz deutlich von Covered Bonds. Während ein Pfandbrief von einer Bank begeben wird, die die dahinter stehenden Forderungen bilanzieren und mit Eigenmitteln unterlegen muss, werden bei einer RMBS die Kredite ge-bündelt und an eine Zweckgesellschaft verkauft, die eigens für die Verwaltung des Kredit-Portfolios und Abwicklung der Anleihe-Emission gegründet wird. Während ein Investor bei Covered Bonds Anspruch auf die Zins- und Kapitalzahlungen des Emittenten und darüber hinaus – falls dieser ausfällt – auf die Deckungsmasse hat, hat ein in RMBS investierter Anleger nur den Anspruch auf die Deckungswerte. Diese unterliegen keiner gesetzlichen Mindestgüte, sondern sind einzelvertraglich festgelegt. Auch nachträgliche Vertragsanpassungen und strukturelle Unterschiede zwischen den einzelnen Emissionen sind möglich. Zwar überwachen auch bei RMBS die Rating-Agenturen die Bonität der Deckungsmasse und vergeben für Papiere auf bonitätsschwache Kredite ein entsprechend niedrigeres Rating, jedoch ist es nicht das reine Ausfallsrisiko alleine, das zu Problemen führen kann.

Die eigenkapitalschwachen Zweckgesellschaften, die die RMBS begeben (auch „Special Purpose Vehicle“ bzw. kurz SPV genannt), haben im Falle von großen Verkaufswellen zu wenig Liquidität, um alle Verluste aus den Immobilienveräußerungen aufzufangen. So kann es passieren, dass auch für qualitativ sehr gute Assets ein Verkaufsdruck entsteht und durch die in den USA massiv unter Druck geratenen Immobilienpreise Verluste realisiert werden müssen. Plötzlich wollen alle Großbanken, die ebenfalls in RMBS investiert sind, aussteigen und niemand kann mehr als Liquiditätsgeber eintreten. Was irgendwo in den Reihenhaussiedlungen der USA durch zügellose Kreditvergaben begann, ging mit ausufernden Kredit-Verbriefungen in unreglementierten Märkten weiter und endet nun in Schockwellen an den Finanzmärkten, da jeder am Immobilien-Hype teilhaben wollte und niemand die tickende Zeitbombe der dahinter stehenden Risiken hören wollte. Der gesamte Markt leidet nun an der durch das Platzen der Immobilien-Blase bedingten Austrocknung der Liquidität der Märkte, in denen nun sämtliche Banken (auch untereinander) mit Misstrauen bedacht werden und nur massive Finanzspritzen der Notenbanken vorübergehende Ruhe einkehren lassen.

Fazit

Besichert ist nicht gleich besichert – als Anleger sollte man auf jeden Fall in jene Produkte investieren, bei denen der Grundgedanke einer besicherten Anleihe zu Ende gedacht wird und strenge Gesetze und eine ebenso strenge staatliche Aufsicht einen „unumstößlichen“ Deckungsstock garantieren. Neben dem reinen Ausfallsrisiko sollte hierbei auch die Liquidität der einzelnen Anleihen und ihrer Emittenten beachtet werden. Insgesamt ist die aktuelle Finanzmarktkrise zwar am Handel mit europäischen Covered Bonds nicht gänzlich spurlos vorübergegangen – dennoch können Pfandbriefe bzw. europäische Covered Bonds nach wie vor als „krisensicher“ bezeichnet werden und sollten einen gewichtigen Teil jedes gut diversifizierten Anleihe-Portfolios darstellen.


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