Das Center for Financial Studies (CFS) an der Goethe-Universität in Frankfurt beschäftigt sich seit 2004 mit einem Research Projekt zum Thema "Credit Risk Transfer in Financial Markets". Im Rahmen des CFS Working Paper no. 2008/31 "The Future of Securitization" analysieren Günter Franke (Universität Konstanz, CFS) und Jan Pieter Krahnen (Goethe Universität, CFS und CEPR) die Kreditkrise, die vor 18 Monaten begonnen hatte und liefern auch interessante Einblicke warum die Krise entstehen konnte.
Zwei Diskussionen im Wettstreit
Im Zusammenhang mit der Kreditkrise gibt es zwei Arten von Diskussionen die derzeit geführt werden. Die erste repräsentiert die makroökonomische Ansicht, dass die Kreditkrise durch das Platzen der "Housing Bubble" zu einer Liquiditätsverknappung bei Finanzinstitutionen führte. Dies ist die bereits bekannte Argumentation von Angst und Gier, wie von Alan Greenspan beschrieben.
Die zweite Diskussion zum Phänomen Kreditkrise konzentriert sich auf die Analyse von Fehlentwicklungen in diversen Anreizsystemen im Finanzmarkt. Diese waren nicht transparent und konnten somit auch nicht von Investoren korrekt eingeschätzt werden. Dieser Umstand ist die andere, nicht so bekannte, Ursache für die Kreditkrise. Folgende Punkte spielen dabei eine große Rolle.
Das Problem mit dem "First-Loss-Piece"
Im Rahmen der Vergabe von Hypotheken repräsentieren die nachrangingen Wertpapiere das "First-Loss-Piece" (nachrangige Tranche). Diese haben Eigenkapitalcharakter. Die Bank, die die Kreditentscheidung trifft, behält das "First-Loss-Piece" selbst, während institutionelle Investoren nur die Anleihen mit höherer Seniorität (Bonität) erwerben. So kann die Bank schlechte Kreditrisiken nicht weitergeben und sie ist auch in Zukunt dazu angehalten, bei der Bonitätsprüfung Vorsicht und Sorgfalt walten zu lassen.
In den letzten Jahren wurde jedoch festgestellt, dass mehr und mehr Banken und Hypothekenfinanzierer diese "First-Loss-Pieces" weiterverkauft hatten und sich somit nicht an die Verpflichtung gehalten hatten, einen wichtigen Teil des Kreditrisikos selbst in den Büchern zu führen. Dies hatte negative Auswirkungen auf die zukünftige Kreditvergabepraxis, die deutlich risikofreudiger erfolgen konnte. Entscheidend ist, dass dieser Umstand Investoren lange Zeit nicht bekannt war.
Bonus vs. Bonus/Malus
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Gestaltung der Vergütungssyteme für Bankmanager. Durch Leverage und die Möglichkeit der Auslagerung von Bilanzpositionen in SIVs und ähnliche Strukturen konnten die Ertragspotenziale der eigenen Geschäftsaktivitäten extrem stark erhöht werden - bei gleichzeitiger Erhöhung des Risikos. Tatsache ist, dass Manager jedoch nur gewinnen und nicht verlieren konnten, weil es nur Bonus-Systeme für Gewinne und nicht Bonus-Malus-Syteme für Gewinne und Verluste gibt.
Folge: Zusammenbruch des Markt und der Institutionen
Bei Bekanntwerden der oben genannten Systemfehler reagieren Anleger und Marktteilnehmer negativ und ziehen sich aufgrund des Vertrauensverlustes aus dem Markt zurück. Der Markt muss dadurch zwangsläufig zusammenbrechen. Die weitere Folge ist der Zusammenbruch der Institutionen, die in diesem Markt tätig waren, weil aufgrund des fehlenden Handels und aufgrund fehlender Preise für die Vermögenswerte die Institutionenen nicht mehr bewertet und eingeschätzt werden können. Dies führt zum Zusammenbruch des Interbanken-Marktes.
Das Platzen der "Housing-Bubble" mag ein Auslöser für die aktuelle Kreditkrise sein. Der alleinige Grund ist es jedoch nicht.
Empfehlungen zur Verbesserung der Transparenz
1. Märkte müssen zu jeder Zeit die Höhe und den Anteil des "First-Loss-Piece" kennen. Grundsätzlich sollte eine Verpflichtung zum Behalten eines Anteils bestehen.
2. Vergütungssysteme der Bankmanager sollten Bonus-Malus Komponenten enthalten. Dafür ist keine Regulierung notwendig, sondern nur eine ausreichende Transparenz und eine vollständige Veröffentlichung der Vergütungspolitik bzw. eine unabhängige Bewertung
3. Zusätzliche Kapitalunterlegung für Banken, deren Risiken schleierhaft dargestellt werden
4. Keine Regulierung des Rating-Prozesses, sondern Veröffentlichung der Performance und Qualität von Ratings. Beim Rating sollten auch Vergütungssysteme und Anreizsysteme bei komplexen Transaktionen berücksichtigt werden.
5. Umfassende Daten zu Risiken von Finanzintermediären (Risiko-Landkarte) sollte quartalsweise veröffentlicht werden und ein Frühwarnsystem darstellen.
Die Beachtung dieser universell gültigen Empfehlungen und Handlungsanweisungen könnte zu einer deutlichen Stärkung des Finanzsystems auf verschiedenen Ebenen, in verschiedenen Sektoren und in unterschiedlichen Regionen beitragen.
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