Höhere Arbeitslosigkeit droht
Die Sorge besteht, dass sich die Arbeitslosenrate sowohl in den USA als auch in Europa deutlich erhöhen könnte. David Jacob, CFA, Chief Investment Officer bei Henderson Global Investors in London: "Die Regierungen werden alles daran setzen, dies zu verhindern und dabei umfangreiche Staatsausgabenprogramme entwickeln. Wichtig ist jedoch, dass diese Ausgaben möglichst produktiv einzusetzen. Nicht unterschätzen sollte man auch die Gefahr des Protektionismus. Dadurch kann die Flexibilität der Wirtschaft eingeschränkt werden und dies kann wiederum Inflationsdruck erzeugen."
Flexibilität der Arbeitsmärkte in Europa ein Problem
Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten in den letzten 25 Jahren sehr stark von ihren flexiblen Wirtschaftsstrukturen profitiert. David Jacob: "Europa hat die Arbeitsmärkte noch nicht wirklich reformiert. Diese sind noch zu unflexibel und könnten ein grosses Problem darstellen. In Ländern, wo die Lohnentwicklung an die Inflationsrate gekoppelt ist, wird dies zu weiteren Belastungen führen." Die USA sollten nach dem Abschwung nach Ansicht von Jacob als erste Wirtschaftsregion wieder Tritt fassen können. Die steigende Staatsverschuldung geht auf Kosten der zukünftigen Generationen. Mögliche Steuererhöhungen werden nach Einschätzung der Ökonomen auch zu höheren Sparquoten führen.
Inflation und nicht Deflation als Gefahr für die Zukunft
In den kommenden Wochen erwarten die Analysten von Henderson keine ausgeprägte Deflation. Es sollte niedrigere Inflationsraten geben. Die steigenden Staatsdefizite, die sich durch die umfangreichen Rettungspakete für Banken, durch massive Konjunkturprogramme und durch steigende Ausgaben für den Wohlfahrtsstaat entstehen werden, könnten mittelfristig über steigende Inflationsraten bewältigt werden. Inflation kann den Wohlstand gefährden.
Die folgenden Faktoren hatten in den letzten Jahren zum Wirtschaftswachstum und sinkender Inflation beigetragen: Liberalisierung des Welthandels, sinkende Renditen und ein wachsender Glaube in die Kraft und Stärke der Zentralbanken. Vor allem die EZB hatte sich in den letzten Jahren bemüht, die Preisstabilität zu gewährleisten und eine Position der Stärke aufzubauen. Die letzte Zinserhöhung vor den kürzlich erfolgten Zinssenkungen ist vor diesem Hintergrund zu betrachten. Die Zinserhöhung hat sich jedoch im Nachhinein als unnötiger Umweg herausgestellt.
David Jacob: "Wenn man die Massnahmen der Regierungen und Zentralbanken im Verlauf der Finanzkrise seit Sommer 2007 analysiert, könnte man diese als einen Test verschiedener Alternativen interpretieren - wobei die Wirkungen im Vorhinein nicht abgeschätzt werden konnten. Es gab für die Problemstellungen auch noch keine Erfahrungswerte." Vor allem die Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers und der US Hypothekenfinanzierungsinstitute (Fannie Mae und Freddie Mac) hatte Folgen auf den Märkten, die in dieser Form weder erwartet noch kalkuliert werden konnten.
Protektionismus und Handelsbeschränkungen sowie populistische Signale der Politik mit Hinblick auf den Schutz der eigenen Volkswirtschaft sind nach Einschätzung der Henderson Analysten negativ. Vor diesem Hintergrund werden auch die ersten Schritte der neuen Obama Administration zu beurteilen sein.
Asset Allocation und Anlagestrategie
David Jacob: "Auf den Bondmärkten ergeben sich derzeit sehr attraktive Anlagemöglichkeiten im Sektor der Unternehmensanleihen. Die Spreads gegenüber Staatsanleihen waren in den letzten Wochen enorm angestiegen und implizieren Ausfallsraten, die deutlich über den historisch beobachteten liegen. Die höchsten Spreads in der Vergangenheit entsprachen einem möglichen Ausfall von rund 20 Prozent bzw. jedes fünften Unternehmens. Die derzeitigen Spreads implizieren einen Ausfalls jedes dritten Unternehmens. Dies ist unserer Einschätzung nach zu hoch. Attraktive Chancen gibt es derzeit auch bei Inflation-Linked Bonds."
Stock Picking und Fokus auf Dividenden
Henderson setzt als traditioneller Asset Manager auf Fundamentalanalyse und klassische Aktienauswahl. David Jacob: "Solide Unternehmen mit guten Kennzahlen und einem erfolgreichen Management sind derzeit im Fokus. Dividenden sind für uns sehr wichtig. Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften und Dividenden zahlen, sind vor allem in einem unruhigen Marktumfeld ein gutes Investment."