Nach Ansicht der befragten Fondsmanager und Analysten bleibt das generelle Umfeld für europäische Nebenwerte schwierig. Mehr noch als zuvor gilt es daher jene Unternehmen zu identifizieren, die gut aufgestellt sind und über starke Geschäftsmodelle verfügen. Positiv: Obwohl Small- und Mid Caps derzeit verhältnismäßig stark unter die Räder geraten sind, schlagen sie sich in Aufschwungphasen zumeist besser als Large Caps. Und dieser Aufschwung beginnt zumeist nicht am Ende einer Rezession, sondern bereits in der Mitte. Wie tief die aktuelle Finanzkrise die Realwirtschaft in den Abgrund ziehen kann, ist jedoch noch nicht abzuschätzen.
Die besten Small- und Mid-Cap Fonds
Bester Fonds seiner Assetklasse nach Fünfjahres-Sharpe Ratio ist der Ennismore European Smaller Companies. Über die letzten fünf Jahre überzeugt er mit einer durchschnittlichen jährlichen Performance von plus 8,04 Prozent. Über den gleichen Zeitraum konnten Anleger mit dem Threadneedle European Smaller Companies eine jährliche Wertentwicklung von plus 7,32 erzielen. Größer ist der Abstand auf den Spitzenreiter wenn man die Performance seit Jahresbeginn betrachtet. Seit Jahresbeginn musste jedoch auch der Ennismore European Smaller Companies einen Rückgang von -22,18 Prozent verkraften. Zu den absoluten Top-Fonds im Bereich Small – und Medium-Caps zählen auch der W&W Wachstum mit einer jährlichen Performance von 5,91 Prozent über fünf Jahres sowie der von Christian Zimmermann gemanagte Pioneer Funds European Potential mit einer Performance über den gleichen Zeitraum in der Höhe von 5,7 Prozent.
Auswirkungen der Finanzkrise auf das Konsumverhalten
Die kurzfristigen Markaussichten von Threadneedle sind von Vorsicht geprägt. „Obwohl wir die schlimmsten Entwicklungen im Bankensektor bereits gesehen haben, ist die Finanzkrise trotzdem noch nicht vollständig ausgestanden. Die Auswirkungen auf die Realwirtschaft werden schwerwiegend sein“, so Francis Ellison, European Equities Investment Spezialist bei Threadneedle. Diese Überlegungen seien noch nicht ausreichend in die Prognosen für BIP-Wachstum und Unternehmensgewinne eingeflossen – beide müssen nach unten revidiert werden. Deflation und Deleveraging werden sich nach Ansicht des Experten nicht nur auf die Nachfrage nach Aktien und anderen Assetklassen auswirken, sondern auch auf den Konsum und in weiterer Folge auf die Profitabilität der Unternehmen.
„Einzelne Small Caps werden sich in diesen Umfeld trotzdem gut schlagen. Diese müssen durch gutes Stock-Picking identifiziert werden“, so Ellison. Im Vergleich zu Large Caps würden Nebenwerte derzeit sehr günstig wirken, was auch in der Vergangenheit des Öfteren der Fall war. Die Kehrseite der momentanen wirtschaftlichen Situation sei, dass es zu vielen Gewinnwarnungen und Pleiten kommen wird. „Um dem entgegenzutreten versuchen wir in unseren Portfolios einen Schwerpunkt auf hochqualitative Unternehmen mit starken Business Models zu setzen, die sich auch in dem schwierigen Umfeld behaupten können“, erklärt Ellison. Im Falle einer Trendumkehr würden diese Unternehmen so richtig loslegen.
Anleger dürfen nicht in Value-Fallen tappen
Wichtig sei es, dass diese Unternehmen nicht nur über starke Marken und Bilanzen verfügen, sondern auch in Märkten tätig sind, die von einem Konjunkturabschwung nur minimal betroffen sind. Den Vorgaben haben etwa Unternehmen aus dem Bereich Medizintechnik wie Diasorin oder auch Lebensmitteldiskonter wie Colyrut entsprochen. „Wir haben uns jedoch mehr darauf konzentriert Problembranchen und –unternehmen zu meiden. Gerade Unternehmen die Gewinnwarnungen veröffentlichen werden von den Märkten in der Regel rigoros abgestraft“, erklärt Ellison. Der Experte warnt davor Anlageentscheidungen ausschließlich auf Basis von niedrigen Bewertungen zu treffen. „Unternehmen mit niedrigem Price Earnings Ratio und hoher Dividendenrendite entpuppen sich oft als Value-Fallen“, so der Experte.
Obwohl das aktuelle Marktumfeld von extremer Volatilität und irrationalen Handlungen der Markteilnehmer geprägt sei, gibt sich Christian Zimmermann, Manager des Pioneer Funds European Potential, verhalten optimistisch. „Wir sehen langsam eine volatile Phase der Bodenbildung, wobei natürlich auch neue Tiefstände getestet werden können“, so Zimmermann. Erschwerend sei in diesem unsicheren Umfeld, dass nach wie vor viele unfreiwillige Verkäufe getätigt werden. Für den Fall, dass die staatlichen Liquiditätsmaßnahmen Früchte tragen erwartet Zimmermann jedenfalls technische Gegenbewegungen.
Nur die Besten werden überleben
Auch Zimmermann glaubt, dass sich unter den derzeitigen Voraussetzungen ausschließlich Small – und Mid Caps gut schlagen werden, die gut aufgestellt sind. Besonders in der Krise würde sich die Spreu vom Weizen trennen. „Die guten Unternehmen werden übrigbleiben und in vielen Bereichen werden wir eine Marktbereinigung beobachten können“, glaubt der Fondsmanager. Für den Fall, dass sich die Konjunkturerwartungen verbessern, sieht auch er Small – und Mid-Caps im Vorteil. „Tendenziell ist in Erholungsphasen meist eine Outperformance gegenüber Large-Caps festzustellen“, so Zimmermann.
Zu den Sektoren mit Potenzial zählt Zimmermann Industrials und Materials, denn diese hätten in der Vergangenheit viel verloren und sind aktuell bewertungstechnisch sehr günstig. Die niedrigen Bewertungen nutzt er derzeit nicht für Zukäufe. „Wir verfolgen weiter die wait-and-see-Politik, die sich in unsicheren Zeiten schon des Öfteren bewährt hat. Erst wenn eine solide Bodenbildung erkennbar ist, gehen wir wieder verstärkt auf Schnäppchenjagd. Bis dahin ist es nicht im Sinne des Anlegers auf den Märkten herumzupfuschen“, so Zimmermann. Bei der Auswahl von Werten stehen unternehmensbezogene Faktoren im Fokus. Denn in jedem Börsenumfeld gebe es Aktien, die sich besser schlagen, als die meisten anderen.
Düstere Aussichten am Aktienmarkt
Gerhard Reichhard, Manager des W&W Wachstum, erwartet im kommenden Jahr keine generelle Erholung am Aktienmarkt. „Sollten weitere große Unternehmen unter den Auswirkungen der Finanzmarktkrise zusammenbrechen, würde dies zusätzliche Irritationen am Aktienmarkt auslösen“, befürchtet Reichhard. Die aktuelle Krise würde – unabhängig von ihrer Branchenzugehörigkeit – besonders Unternehmen, mit hohem freien Cash-Flow gut überstehen. Für das Fondsmanagement sei es daher nur eine Fleißaufgabe, den Cash-Flow auf die heutige Marktkapitalisierung zu beziehen. „Schon hat man ein Argument für dem zukünftigen Erfolg eines Unternehmens“, erklärt Reichhard.
Der W&W Wachstum investiert in erster Linie in Unternehmen mittlerer Größenordnung mit hohen Wachstumschancen. Nach Angaben des Fondsmanagers haben sich in den vergangenen Monaten besonders die Werte des Bauelemente-Spezialisten Epcos sowie des Spezialchemiekonzerns Altana sehr gut entwickelt. Weniger zufriedenstellend liefen hingegen die Engagements beim deutschen Werkzeugmaschinenhersteller Gildemeister sowie beim Baustoffhersteller HeidelbergCement. In beiden Werten ist der Fonds laut Reichhard vorwiegend aus strategischen Gesichtspunkten investiert.