2009: Inflation oder Deflation?

Einschätzungen zur zukünftigen Entwicklung der Inflation bzw. Deflation begleiten seit 18 Monaten die Finanz- und Kreditkrise. Welche Erwartungen gibt es in den wichtigsten Regionen? Ergebnisse einer weltweiten Befragung und eine Analyse zum Thema Inflation und Inflationserwartungen. Funds | 26.12.2008 04:00 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Nachdem die Inflationsrate im Euro-Raum im Juni die 4 Prozent Marke erreicht hatte, der Ölpreis stark anstieg und weitere Preisanstieg bei Rohstoffen und Nahrungsmitteln realistisch erschienen, rückte das Inflationsthema in den Mittelpunkt. Mit dem starken Konjunktureinbruch in den letzten sechs Monaten welchselte jedoch das Vorzeichen in der Debatte. Aktuell ist eher von Deflation die Rede.

Die Welt erwartet Deflation

In einer weltweit durchgeführten Umfrage unter mehr als 2.000 Führungskräften konnte McKinsey einen überraschend klaren Trend zu Deflationserwartungen in den wichtigsten Regionen der Welt feststellen. 

Weltweit erwarteten 51 Prozent der Befragten im 1. Quartal 2009 Deflation und 31 Prozent rechnen mit Inflation (Differenz auf 100 Prozent jeweils ohne klare Aussage).

China liegt an der Spitze was die Deflationserwartungen betrifft. 67 Prozent erwarten Deflation und nur 23 erwarten Inflation. Dies deckt sich mit den Ergebnissen für die Region Asien/Pazifik (66/22).

Im Euro-Raum erwarten 52 Prozent der befragten Führungskräfte Deflation und 31 Prozent erwarten Inflation. Die Erebnisse für Nordamerika waren ähnlich, wo 53 Prozent mit Deflation, allerdings nur 23 mit Inflation rechnen. 

In Indien gibt es lt. McKinsey Studie deutlich mehr Manager und Führungskräfte, die von Inflation ausgehen (51 Prozent). Die Wahrscheinlichkeit einer Deflation wird geringer eingeschätzt (31 Prozent). Ähnlich liegen auch die Ergebnisse anderer Schwellenländer (61/31).

An den Ergebnissen kann man die starke Verflechtung der chinesischen Wirtschaft mit jener in den USA, Japan und Europa ablesen, während sich Indien und die Gruppe der Schwellenländer gegensätzlich entwickeln.

In der Vergangenheit wurde deutlich mehr Research über Inflation als über Deflation veröffentlicht. Obwohl die kurzfristigen Erwartungen in Richtung Deflation gehen, gibt es mittelfristig - auch aufgrund der rasant steigenden Geldmengen in den USA und Europa - auch ernste Inflationsgefahren. Deshalb lohnt sich ein genauer Blick auf das Inflationsthema. 

Inflation und Inflationserwartungen

Das Analystenteam der Schoellerbank hatte sich im Dezember mit dem Themenbereich Inflation und Inflationserwartungen beschäftigt. Die folgenden Ausführungen sind eine Zusammenfassung der Schoellerbank Analyse (Quelle: Schoellerbank, Dezember 2008).

In Europa – und speziell in Deutschland und Österreich – war man daran gewöhnt, stets ein wachsames Auge auf die Inflationsentwicklung zu werfen.

Die Prinzipien der Deutschen Bundesbank führten seinerzeit zur sprichwörtlichen „harten D-Mark“, in deren Windschatten sich auch der Schilling zum Hartwährungsblock zählen durfte. Dieses Konzept wurde von der Europäischen Zentralbank übernommen, die Marke von 2 Prozent galt und gilt als Maßstab für Preisstabilität.

Preisstabilität im ersten Halbjahr 2008 stark gefährdet

Steigende Rohstoff- und Energiepreise führten ab dem zweiten Halbjahr 2007 zu einem massiven Anstieg der Inflationsrate in der Eurozone. Spätestens im ersten Halbjahr 2008 schrillten die Alarmglocken der europäischen Währungshüter, als sich die jährliche Inflationsrate in der Eurozone der 4 Prozent-Marke näherte. Diese Marke wurde schließlich im Juni erreicht – nahezu zeitgleich mit Höchstständen bei den Inflationsraten in den USA (Juli: 5,6 Prozent) und in Japan (Juli: 2,3 Prozent). Details dazu können aus Grafik 1 entnommen werden (siehe auch Artikel v. 2. 7. 2008 - "Das Inflationsgespenst geht um").

Konsequent zog die EZB in diesem Umfeld die Zinsschraube an und erhöhte Anfang Juli den Leitzins von 4 Prozent auf 4,25 Prozent. Damit wollte sie sich bewusst von der US-Notenbank abkoppeln, die bereits im ersten Halbjahr die Leitzinsen auf 2 Prozent gesenkt hatte. Dennoch war die EZB mit ihrer Entscheidung nicht auf der Höhe der Zeit, denn der wirtschaftliche Abschwung hatte längst eingesetzt und führte zu den bekannten Verwerfungen an den Finanzmärkten.

Finanzkrise landet in der „Realwirtschaft“

Mit der sinkenden Nachfrage gerieten vor allem die zuvor stark gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise unter Druck. Der Rückgang beim Ölpreis setzte zwar im Vergleich zu anderen Rohstoffen vergleichsweise spät ein, fiel aber umso deutlicher aus: Mittlerweile kostet ein Barrel Rohöl nur mehr rund ein Drittel des Preises, der noch im Juni zu bezahlen war. Im Verbraucherpreisindex dämpfen Währungs- und Steuereffekte die tatsächliche Preisentwicklung, dennoch hinterlässt die Entwicklung Spuren im Inflationsszenario. Schon jetzt liegen die jährlichen Steigerungsraten deutlich unter den Rekordwerten dieses Sommers. Dieses Phänomen gilt beinahe weltweit und ist nur in Ländern, wo Sondereffekte zu beobachten sind, nicht anwendbar.

Inflationserwartung der Marktteilnehmer einen Schritt voraus

Doch nicht nur die tatsächlich gemessene Inflation, sondern auch die Inflationserwartung bildete sich massiv zurück. Interessant in diesem Zusammenhang ist der Umstand, dass sich die langfristige Inflationserwartung oft an der zuletzt veröffentlichten Inflationsrate orientiert. Die Inflationserwartung der Marktteilnehmer errechnet sich dabei aus der Rendite konventioneller Staatsanleihen ohne Inflationsschutz und der Rendite inflationsgeschützter Anleihen, die üblicherweise niedriger als die Rendite konventioneller Papiere liegt. Die Renditedifferenz zwischen konventionellen Anleihen und inflationsgeschützten Anleihen wird als Breakeven-Inflationsrate bezeichnet. Liegt die tatsächlich realisierte Inflationsrate höher als die Breakeven-Inflationsrate, fährt man mit inflationsgeschützten Papieren besser. Ist die tatsächlich realisierte Inflationsrate niedriger als die Breakeven-Inflationsrate, sind konventionelle Anleihen im Vorteil. Da Investoren grundsätzlich indifferent sind und zwischen den Instrumenten wählen können, wird die Breakeven-Inflationsrate auch als Inflationsschätzung bzw. Inflationserwartung interpretiert. Diese ist nun in den vergangenen Monaten dramatisch zurückgegangen: Gemessen an einer deutschen Staatsanleihe mit rund 9 Jahren Restlaufzeit ist die Inflationserwartung zwischenzeitlich auf nur mehr 0,6 Prozent p.a. gesunken (siehe Grafik 2). Damit ist die Inflationserwartung bereits einen Schritt voraus und nimmt weiter sinkende Inflationsraten vorweg: Die zuletzt veröffentlichte Inflationsrate in der Eurozone betrug 3,2 Prozent (für Oktober).

Es geht noch tiefer

Doch mit aktuell rund einem Prozent jährlicher Inflationserwartung auf die nächsten 10 Jahre liegt die europäische Inflationserwartung noch vergleichsweise hoch: In den USA liegt die Inflationserwartung mit rund 0,25 Prozent p.a. nur noch knapp im positiven Terrain. Dies liegt zum Teil auch daran, dass europäische und US-amerikanische Inflationsanleihen vom Beginn bis zum Ende der Laufzeit deflationsgeschützt sind. Dies gilt allerdings nur für die Gesamtperiode, zwischenzeitliche Deflationsperioden finden in der Berechnung Berücksichtigung. Im Gegensatz dazu sind japanische Staatsanleihen nicht deflationsgeschützt – und das schlägt sich auch auf ihren Preis nieder. Aktuell liegt die Inflationserwartung japanischer Staatsanleihen bei minus 3,75 Prozent p. a. Tritt die erwartete deflationäre Entwicklung tatsächlich ein, fallen die Preise in Japan in den nächsten 10 Jahren um mehr als 30 Prozent. Für den Oktober 2008 wurde noch eine Inflationsrate in Höhe von 1,7 Prozent ausgewiesen.

Mittelfristig attraktive Veranlagungsmöglichkeiten

Sinkende Inflationserwartungen wirken sich auf die Preise inflationsgeschützter Anleihen negativ aus. Diese Entwicklung lässt sich eindrucksvoll an der heurigen Performance konventioneller und inflationsgeschützter Anleihen zeigen. Während konventionelle Anleihen von den Zinssenkungen der Notenbanken profitierten, blieben inflationsgeschützte Papiere aufgrund der sinkenden Inflationserwartungen deutlich zurück. Natürlich stellt sich die Frage, ob inflationsgeschützte Papiere der Eurozone im aktuellen Umfeld eine lohnende Investmentalternative sind. Wie die Beispiele USA und Japan zeigen (siehe Grafik 3), können die Inflationserwartungen zumindest kurzfristig noch tiefer fallen. Ein derartiges Szenario würde die Preise inflationsgeschützter Papiere weiter unter Druck setzen. Auf mittlere Sicht gehen wir aber davon aus, dass die aktuell für die Zukunft eingepreisten Inflationserwartungen zu niedrig sind. Angesichts der massiven Liquiditätsspritzen und der niedrigen Zinsen glauben wir, dass wir in den nächsten Jahren auch wieder höhere Inflationsraten sehen werden. Unter mittelfristigen Aspekten halten wir deshalb inflationsgeschützte Anleihen spätestens dann für ein lohnendes Investment, wenn der Pessimismus an den Märkten nicht mehr zu überbieten ist. Dieser Zeitpunkt scheint nahe gekommen zu sein.

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