Die in den aktuellen Kursen der Unternehmensanleihen impliziten Ausfallsraten sind nach Ansicht vieler Fondsmanager einfach zu hoch. Sehr wenige gehen davon aus, dass das worst-case Szenario - einer wirtschaftlichen Depression - aus und die der Grundtenor der Einschätzung von Analysten deutet auf eine konjunkturelle Erholung im zweiten Halbjahr hin. Eine Einschätzung, die auch in früheren Jahren immer wieder von Analysten zum Besten gegeben wurde und vor allem Anleger beruhigen sollte.
Hundertjährige Chance?
Bereits zu Beginn des Jahres standen Unternehmensanleihen hoch im Kurs der Investoren und Fondsmanager.
Euphorisch sah Christian Nemeth, Chief Investment Officer bei Sal. Oppenheim in Wien, die Entwicklung der Anleihenmärkte. Interessant waren besonders Unternehmensanleihen, wo ein Ertragspotenzial möglich sei, das in der Vergangenheit ausschließlich Aktien vorbehalten war. „Hier bieten sich derzeit hundertjährige Renditechancen“, so Nemeth. Konkret sind die Renditeaufschläge für Industrieanleihen – bei bereits eingepreister Rezession –derzeit achtmal so hoch wie noch vor einem Jahr. Alles in allem soll die Risikoaversion am Anleihenmarkt hoch bleiben. So implizieren die Spreads Ausfallsraten, die im historischen Rückblick als wenig wahrscheinlich erscheinen (siehe auch Artikel vom 15. 1. 2009).
Risikoprämie auch im Februar 2009 noch sehr hoch
Auch einige Wochen später waren die Spreads der Unternehmensanleihen und somit die für die Übernahme des zusätzlichen Risikos gebotene Risikoprämie sehr hoch, wie Richard Woolnough, M&G, kürzlich präsentierte: "Spreads in der Höhe von 600 Basispunkten für BBB Unternehmensanleihen in Europa sind eine mehr als ausreichende Kompensation des zusätzlichen Risikos, das Investoren gegenüber einer Veranlagung in Staatsanleihen eingehen. Fonds werden derzeit sehr gut dafür entlohnt, Geld an Unternehmen zu verleihen. Anstatt drei Prozent Rendite auf Staatsanleihen zu erzielen, erhalten wir neun Prozent auf BBB Unternehmensanleihen."
Aus der Höhe der aktuell am Markt zu beobachtenden Spreads ergeben sich implizite Ausfallsraten, die den historischen Ausfallsraten gegenübergestellt werden können. Richard Woolnough: "Wir sind nicht der Ansicht, dass wir eine Situation wie in den 30er Jahren erleben werden. Sogar in dieser schwierigen Phase war die durchschnittliche Ausfallsrate im Investment Grade Bereich der Unternehmenanleihen (AAA bis BBB) zwischen 17 und 18 Prozent. Aktuell rechnet der Markt mit 40 Prozent durchschnittlicher Ausfallsrate. Ausfall heißt jedoch nicht in allen Fällen, dass das gesamte Investment verloren ist, sondern nur ein Teil. Aber wenn man sogar annimmt, dass es keinen Liquidationserlös geben sollte (zero recovery rate), dann implizieren die aktuellen Marktpreise immer noch einen durchschnittlichen Ausfall von 25 bis 30 Prozent. Dies ist unserer Ansicht nach deutlich zu hoch. Wir glauben nicht daran, dass ein Viertel der Unternehmen in fünf Jahren nicht mehr existiert (siehe auch Artikel vom 20. 2. 2009)."
Auch die Fondsmanager der ERSTE-SPARINVEST schätzen Unternehmensanleihen derzeit attraktiver ein als Aktien. "Die niedrigen Renditen bei Staatsanleihen und der nach wie vor hohe Zinsabstand zu Unternehmensanleihen begünstigt Unternehmensanleihenfonds. Sowohl Papiere erstklassiger Schuldner (Investment grade Corporate Bonds) als auch Risikoanleihen (High Yields) haben im Jänner deutlich an Wert gewonnen. Investmentgrade-Anleihen bieten gegenüber Staatsanleihen einen Zinsaufschlag von ca. 4 %, Risikoanleihen sogar von knapp 20 %", betonen die Experten der ERSTE-SPARINVEST (siehe auch Artikel vom 23. 2. 2009).
´Tanker´, die durch die Krise steuern
In Europa setzen Fondsmanager auf Unternehmen, die ihrer Einschätzung nach unbeschadet durch die Krise steuern werden. Stefan Kreuzkamp, DWS Fondsmanager (DWS Institutional Money Plus): "Übergewichtet sind [...] Unternehmensanleihen von europäischen ´Tankern´ wie BASF, Unilever, Eon oder Daimler. „Allesamt Unternehmen von denen wir ausgehen, dass sie die Krise gut überstehen werden."
Unternehmensanleihen erst im 2. Halbjahr
John Praveen, Managing Director und Chief Investment Strategist von Pramerica International Investment Advisors, dem internationalen Arm der Prudential Financial Inc. (USA): "Im Anleihenbereich setzen wir im 1. Halbjahr noch auf Staatsanleihen und weniger auf Unternehmensanleihen. In der zweiten Jahreshälfte empfehlen wir dann in unserem Basisszenario eine Übergewichtung in Aktien – vor allem in Europa, Japan und den Emerging Markets. Im Anleihenbereich setzen wir im zweiten Teil des Jahres auf Unternehmensanleihen und weniger auf Staatsanleihen." (siehe auch Artikel vom 26. 2. 2009).
Im Zusammenhang mit Unternehmensanleihen werden auch immer wieder Preferred Securities als Alternative genannt (siehe auch Artikel zu Preferred Securities).
Siehe auch:
Artikel zu Unternehmensanleihen