Eine auch in äußerst schwierigen Jahren - wie 2009 - nicht selten geäußerte Hoffnung von Analysten ist jene der Erholung im zweiten Halbjahr. Miguel Corte-Real sieht für diese Einschätzung noch keine solide Grundlage: "Ob wir wirklich in der zweiten Jahreshälfte wieder BIP Wachstum in Europa sehen werden, kann ich derzeit noch nicht sagen. Dazu benötigen wir in den kommenden Wochen noch weitere Daten. Sehr positiv war auf jeden Fall die rasche Reaktion der Regierungen und Notenbanken."
Attraktive Bewertungen europäischer Aktien
Deutlich konkreter sind die Einschätzungen von Miguel Corte-Real zur Bewertung europäischer Aktien: "Aktuell sind die Aktienmärkte in Europa unterbewertet, wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Die Märkte waren auch in der Lage, zuletzt schlechte Nachrichten zu verarbeiten ohne weiter zu fallen. Wir sehen sehr deutliche Anzeichen für eine Bodenbildung und äußerst gute Chancen zur Erzielung sehr guter Ergebnisse über die nächsten drei Jahre." Dabei sollten man seiner Ansicht nach auch berücksichtigen, dass die Lagerbestände aktuell sehr niedrig sind und diese mittelfristig - zumindest teilweise - wieder aufgebaut werden müssen.
Zum Unterschied von europäischen Aktien sieht Miguel Corte-Real bei Unternehmensanleihen das Potenzial einer Blase. Das Problem sei jedoch auch die realistische Bewerbung der Unternehmensanleihen im aktuellen Marktumfeld.
Der Rückgang des Ölpreises ist ein positiver Faktor und hat die Gefahr einer Inflation verringert. Die Massnahmen der Regierungen und Zentralbanken wurden nach Ansicht von Miguel Corte-Real zwar sehr rasch bekanntgegeben und vorgestellt, man sollte jedoch nicht die zeitliche Verzögerung zwischen Zinssenkung und Belebung der wirtschaftlichen Aktivität, die durch die Zinssenkung ausgelöst wird, vergessen. Dies könne durchaus auch bis zu 18 Monaten dauern.
Die Bewertungen europäischer Aktien sind derzeit sehr niedrig, doch auch andere Märkte werden laufend günstiger. Miguel Corte-Real: "Wir sollten nicht vergessen, dass das KGV europäischer Aktien von der Spitze bei 14,1x auf 8x gefallen war. China erlebte im Vergleich dazu einen Rückgang des KGVs in der Spitze von 32x auf 10.3x aktuell." Das KGV der BRIC Staaten lag auf einem Höchststand von 21 und liegt jetzt bei 7,7. Auch gemessen an den Buchwerten (weniger als 1,5) sind europäische Aktien derzeit - historisch gesehen - sehr günstig bewertet.
Fidelity setzt noch mehr auf Finanzwerte und reduziert Pharma/Healthcare
Miguel Corte-Real: "In unseren Europa-Fonds setzen wir zwar weiterhin auf Health und Finanzen als die zwei wichtigsten Positionen. Wir reduzieren jedoch den Anteil im Healthcare Sektor zugunsten der Finanzwerte. Weiters setzen wir auch auf solide geführte Unternehmen, wie Munich Re oder gut kapitalisierte Bankengruppen, wie beispielsweise Crédit Agricole. Wir sind der Ansicht, dass das Investmentbanking Geschäft in den USA wieder anziehen könnte. Die USA werden auch vor anderen Regionen aus der Rezession kommen. Die Return-on-Equity Zahlen werden nicht mehr bei 25 liegen, aber deutlich im zweistelligen Bereich.
Der European Growth Fund steht aktuell bei einem Fondsvolumen von EUR 6,5 Mrd. und hatte seit Oktober 2008 Nettomittelzuflüsse erhalten. Die Rückgaben waren stabil und es konnten auch neue Zuflüsse generiert werden. Alexander Scurlock setzt weiterhin auf 80-90 Positionen und hat auch kurzfristig in sehr geringem Ausmass in Unternehmensanleihen als Alternative investiert. Das Hauptgewicht ist derzeit mit 25 Prozent in Finanzwerten und Healthcare (15 Prozent).
Gegenüber Small Caps sind die Fidelity Fondsmanager derzeit noch sehr skeptisch. Gewichtungen im Konsumgüterbereich wurden zuletzt in mehreren Fonds erhöht. Zyklische Werte bleiben noch deutlich untergewichtet.