Die geänderte Richtlinie (auch „UCITS IV“ genannt) soll lang erwartete Reformen für den europäischen Investmentfondsmarkt mit sich bringen. Sie wird am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten und soll voraussichtlich bis Juli 2011 in nationales Recht umgesetzt werden. Ziel ist es, die Kosten für die Anleger zu senken und zugleich für ein hohes Maß an Anlegerschutz zu sorgen.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
„Wesentliche Anlegerinformationen“
Der vereinfachte Prospekt, der Interessenten vor Vertragsabschluss kostenfrei angeboten werden muss, wird durch das Konzept der „wesentlichen Informationen für den Anleger“ (Key Investor Information) ersetzt. Die Verwaltungsgesellschaft muss künftig ein kurzes Dokument mit wesentlichen Informationen für den Anleger erstellen, das in allen Mitgliedstaaten gilt. Um Kleinanleger bei ihrer Entscheidung effektiv zu unterstützen, sollen die von der Verwaltungsgesellschaft zu erstellenden wesentlichen Informationen für den Anleger kurz und knapp, in klaren und verständlichen Worten und in einem eingängigen Format gehalten sein. Sie sollen redlich, eindeutig und nicht irreführend sein und inhaltlich den maßgeblichen Prospektangaben entsprechen. Die wesentlichen Informationen für den Anleger stellen nach dem Wortlaut des neuen Regelwerks vorvertragliche Informationen dar; allein aufgrund dieser Informationen soll noch keine Zivilhaftung entstehen dürfen, es sei denn, sie sind irreführend, ungenau oder stimmen nicht mit dem Prospekt überein; die wesentlichen Informationen für den Anleger müssen auch eine eindeutige diesbezügliche Warnung enthalten.
EU-Pass für Verwaltungsgesellschaften
Mit dem EU-Pass für Verwaltungsgesellschaften wird die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Fondsverwaltung geschaffen. So kann zukünftig beispielsweise eine österreichische KAG einen UCITS-konformen Fonds verwalten, welcher dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegt.
Verbesserter Marktzugang für OGAW (Produktpass)
Künftig wird es ein neues strafferes Zulassungsverfahren geben, das auf die Kommunikation zwischen den Aufsichtsbehörden samt elektronischer Informationsübermittlung setzt. Nach den neuen Regelungen übermittelt die KAG, die ihren Fonds in einem anderen Mitgliedstaat vertreiben will, der zuständigen Behörde ihres Herkunftsmitgliedstaats ein Meldeschreiben. Dieses Schreiben ist inhaltlich harmonisiert und gibt vor allem darüber Aufschluss, nach welchen Modalitäten der Fonds im jeweiligen Mitgliedstaat vertrieben werden sollen. Dem Meldeschreiben sind verschiedene Unterlagen beizufügen (Vertragsbedingungen des Fonds, wesentliche Informationen für den Anleger). Nachdem sich die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats von der Vollständigkeit der Unterlagen überzeugt hat übermittelt sie diese automatisch der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats zusammen mit einer Bescheinigung, dass der Fonds die Auflagen der Richtlinie erfüllt, womit automatisch der öffentliche Vertrieb im Aufnahmemitgliedstaat zulässig ist. Die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats hat kein Recht, die im Herkunftsmitgliedstaat gewährte Vertriebszulassung zurückzunehmen, anzufechten oder in Frage zu stellen.
Harmonisierung von Fondsfusionen
Die neue Verschmelzungsregelung wird für grenzübergreifende und inländische Verschmelzungen gelten. Grundsätzlich dürfen alle UCITS-konformen Fonds (und deren Anlagezweige) unabhängig von ihrer Rechtsform (Vertrag, Gesellschaft, Trust) verschmelzen. Verschmelzungen müssen grundsätzlich von den zuständigen Behörden des aufgehenden (d.h. nicht mehr weiterbestehenden) Fonds genehmigt werden, bevor sie den Anteilinhabern übermittelt werden. Die Behörden müssen prüfen, wie sich die Verschmelzung auf die Anteilinhaber sowohl des aufgehenden als auch des aufnehmenden Fonds auswirken könnte. Gehen bei einer Verschmelzung mehrere Fonds mit Sitz in unterschiedlichen Mitgliedstaaten auf, so müssen die zuständigen Behörden jedes einzelnen aufgehenden Fonds die Verschmelzung in enger Zusammenarbeit miteinander genehmigen. Aufgehende Fonds müssen ihren Anteilinhabern geeignete und präzise Informationen über die geplante Verschmelzung liefern, damit sie sich ein fundiertes Urteil über die Auswirkungen der geplanten Verschmelzung auf ihre Anlage bilden können. Offen sind jedoch noch die steuerlichen Auswirkungen, die Verschmelzungsabsichten eventuell behindern könnten.
Master/Feeder-Strukturen
Es wird ein Regelwerk für Master-Feeder-Strukturen eingeführt, bei denen Master- und Feeder-Fonds im gleichen Mitgliedstaat niedergelassen sind, als auch Strukturen, bei denen sie in verschiedenen Mitgliedstaaten niedergelassen sind. Eine Master-Feeder-Struktur ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Feeder-Fonds sein gesamtes oder nahezu sein gesamtes Vermögen in einen anderen UCITS-konformen Fonds, den Master-Fonds, investiert. Der Vermögensanteil, der mindestens in einen Master-Fonds angelegt werden muss, ist mit 85 % festgelegt. Außerdem untersagt er Feeder-Fonds Investitionen in mehr als einen (Master-)Fonds. Die übrigen 15 % ermöglichen dem Feeder-Fonds, daneben noch liquide Mittel zu halten. Um undurchsichtige Kaskaden-Strukturen zu vermeiden, darf der Master-Fonds weder selbst ein Feeder-Fods sein, noch in einen Feeder-Fonds investieren. Feeder-Fonds, die ein Pooling ihres Vermögens in einem Master-Fonds wünschen, sind auf diese Weise vom Verbot befreit, zur Verhinderung von Fondskaskaden mehr als 10 % bzw. 20 % ihres Vermögens in einen einzigen Investmentfonds anzulegen. Auch die Umwandlung eines bestehenden UCITS-konformen Fonds in einen Feeder-Fonds wird möglich sein.
Verstärkung der Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden
Durch neue Maßnahmen werden die bestehenden Verfahren für die aufsichtliche Zusammenarbeit gestärkt. Den Aufsichtsbehörden werden zusätzliche Mittel an die Hand geben, damit sie ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen können.
Keine wesentlichen Änderungen zur Anlagepolitik
Die Bestimmungen zur Anlagepolitik werden keine wesentliche Änderung erfahren. Ob ein Vermögenswert für einen Fonds in Frage kommt, wird daher weiterhin darauf geprüft werden müssen, ob er unter die in der RL 2007/16/EG erläuterten Definitionen fällt, sowie in Hinblick auf die übrigen Anforderungen der Richtlinie 85/611/EWG. Um den Marktentwicklungen Rechnung tragen zu können sollte ein künftiges UCITS V jedoch die Anlagepolitik auf weitere Finanzanlagen auszudehnen. Dies etwa dadurch, dass die zulässigen Derivate gem. Artikel 19 (1) lit. g [künftig: Artikel 45 (1) lit. g] um börsengehandelte Warenterminkontrakte ergänzt werden und die Freigrenze von Artikel 19 (2) lit. a [künftig Artikel 19 (2) lit. a] um weitere hinreichend liquide Finanzanlagen (zB Futures Fonds, Dach-Hedgefonds) erweitert wird.
*http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/misc/108674.pdf
Notiz zum Autor
Rolf Majcen ist Geschäftsführer bei FTC Capital GmbH (www.ftc.at). FTC ist auf die Entwicklung computergesteuerter, vollautomatischer Handelssysteme spezialisiert (Trendfolgesysteme, die auf den systematischen Handel von Aktienfonds und ETFs ausgelegt sind, diverse systematische Futures-Strategien). Seit April 2009 setzt FTC im Fonds eines Drittanbieters ein neu entwickeltes Modell für die systematische Steuerung der Asset-Allocation ein, das aus einem Universum liquider Einzelinstrumente (vorrangig ETFs) ein dynamisches Anlageportfolio konstruiert.
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