Privatanleger und Fondsmanager sind die wichtigsten Investoren. Roland Plan, Leiter des europäischen Emissionsgeschäfts für Unternehmensanleihen bei RBS mit aktuellen Trends.
Starkes Wachstum bei Unternehmensanleihen Emissionen
Der Markt für Unternehmensanleihen (Investment Grade) verzeichnete im laufenden Jahr ein starkes Wachstum. Das Emissionsvolumen in der Basiswährung Euro lag im ersten Halbjahr 2009 bereits bei EUR 207 Mrd. und somit deutlich über dem Gesamtvolumen des Vorjahres (rund EUR 150 Mrd.) und auch deutlich über dem bisherigen Rekordjahr 2001, in welchem das Emissionsvolumen bei knapp EUR 200 Mio. lag. Dafür verantwortlich waren vor allem zahlreiche Emissionen deutscher Unternehmen (Anteil 21,1 Prozent), französischer Unternehmen (19,5 Prozent) und Emittenten aus UK (15,0 Prozent) und der Schweiz (13,8 Prozent). Der Anteil österreichischer Emittenten lag bei 1,9 Prozent, wobei die größten Anleihen von Verbund, ÖBB und OMV emittiert wurden. Mag. Lukas Stipkovich, Country Executive von RBS in Österreich kann auf langjährige Kundenbeziehungen mit den wichtigsten österreichischen Emittenten im Industrie- und Finanzbereich zurückblicken und charakterisiert die Struktur der Emissionen des laufenden Jahres wie folgt: "Knapp die Hälfte des Emissionsvolumens - 48 Prozent - lagen im Laufzeitenbereich von 4-6 Jahren, 19 Prozent im Bereich von 7-9 Jahren und 34 Prozent bei 10 Jahren und länger. Ein Fünftel der Emissionen wurde mit AAA eingestuft, 11 Prozent mit AA und der relativ größte Anteil von 47 Prozent entfiel auf Emissionen mit einem A-Rating."
International wurde ein Trend zu Mega-Emissionen beobachtet. Dabei waren vor allem die Emissionen von Roche mit USD 16,5 Mrd. und EUR 11,25 Mrd. sowie CHF 8 Mrd. und GBP 1,25 Mrd. die mit Abstand größten Emissionen, mit denen die Akquisition von Genentech finanziert wurde. Der Emissionsreigen wurde mit einer Reihe von sehr bekannten Unternehmen begonnen. Nach und nach hatten dann auch kleinere Unternehmen den Schritt auf den Kapitalmarkt gewagt.
Fondsmanager als Stütze - Wachstum bei Privatanlegern
Wie bereits in der Vergangenheit sind Fonds und Fondsmanager die wichtigsten Investoren von Unternehmensanleihen. Ihr Anteil liegt aktuell bei rund 47 Prozent. Während vor 1-2 Jahren der Anteil der Privatinvestoren bzw. der Retailbanken bei rund 15-20 Prozent lag, ist dieser zuletzt auf 41 Prozent angestiegen. Private Anleger haben in einem großen Ausmass die Finanzierung- und Refinanzierung der Unternehmen übernommen. Weiters sind Lebensversicherungsgesellschaften, Pensionskassen, Banken Treasurer und zu einem sehr geringen Anteil auch wieder Hedge Fonds als Investoren am Markt aktiv.
Diversifizierung der Kapitalstruktur
Roland Plan, verantwortlich für das europäische Unternehmensanleihen-Emissionsgeschäft: "Zu diesem Wachstum haben sowohl das Angebot als auch die Nachfrage beigetragen. Unternehmensanleihen wurden auch wieder verstärkt zur Finanzierung von Akquisitionen und auch zur Optimierung der Kapitalstruktur eingesetzt. Es war ein starker Trend der Diversifizierung weg von den reinen Bankkrediten zu beobachten." In den letzten zwei Jahren wurde auch eine Veränderung in der grundsätzlichen Einstellung und Einschätzung der Finanzchefs und der Treasurer in den Unternehmen festgestellt. Vor zwei Jahren noch wurde bei Emissionen noch um jeden einzelnen Basispunkt mit Investmentbanken und Investoren gekämpft. In den Jahren 2004 bis 2007 lagen die Spreads von Investment Grade Staatsanleihen bei rund 50 Basispunkten über der Rendite von Staatsanleihen. In den letzten 12 Monaten stand eindeutig die Schaffung von mehr Liquidität und der verbesserte Zugang zum Kapitalmarkt im Vordergrund. Wie die Entwicklung der Spreads in den letzten Monaten gezeigt hatte, stand dabei der Risikoaufschlag nicht mehr unbedingt im Vordergrund.
RBS wurde im Jahr 2008 von der renommierten Kapitalmarktpublikation IFR zum "Investment Grade Corporate Bond House" und somit Gewinner des Awards in der Kategorie Unternehmensanleihen (Investment Grade) ausgezeichnet. Dieser Erfolg ist umso bemerkenswerter, als es RBS als einzige Investmentbank geschafft hatte, sich in den Bookrunner-Ranglisten in allen vier wichtigen Währungsräumen (Euro, USD, CHF und GBP) in den Top-5 zu platzieren. Bei GBP-Emissionen lag RBS an der Spitze und bei Euro-Emissionen an zweiter Stelle.
Kein Anstieg der Ausfallsraten befürchtet
Während Fondsmanager jeweils die am Markt beobachteten Spreads in implizite Ausfallsraten - unter Berücksichtigung der Recovery-Ratio - umrechnen, beziehen sich Investmentbanker bei der Frage nach den Ausfallsraten vor allem auf historische Daten. Die sehr hohen Spreads der Unternehmensanleihen im vierten Quartal 2008 - mit Werten bis zu 450 Basispunkten über Staatsanleihen für Investment Grade Unternehmensanleihen - hätten einer impliziten Ausfallsrate von bis zu sieben Prozent entsprochen. Investmentbanken und Emissionsberater gehen jedoch auch in Zukunft nicht von einer Erhöhung der Ausfallsrate von rund einem Prozent aus.
Ausblick auf Unternehmensanleihen im 2. Halbjahr
RBS gehen nicht von einer starken fundamentalen Verbesserung der Situation in den Unternehmen aus und erwarten für das dritte Quartal sehr unterschiedliche Ergebniszahlen. Dies könnte zu einer Erhöhung der Spreads führen. Die Entwicklung der Aktienmärkte wird sich selbstverständlich auch auf die Entwicklung der Spreads auswirken. Mögliche Zinsanstiege könnten zwar zu einer Verringerung der Spreads führen, da vor allem Privatanleger, die ihre Investmententscheidung zumeist von der Höhe der absoluten Rendite abhängig machen, die Nachfrage erhöhen könnten. Langfristig würden jedoch höhere Zinsen auch einen Einfluss auf die relative Bewertung von Unternehmensanleihen haben und zu höheren Spreads führen. Nachdem im ersten Halbjahr 2009 bereits der Großteil der Finanzierungen abgeschlossen wurden, kann mit einem geringeren Angebot auf den Märkten im 2. Halbjahr gerechnet werden. An geringeres Angebot würde auch zu niedrigeren Spreads führen. Mittelfristig kann die Reduktion der aktuellen Übergewichtung von Unternehmensanleihen in Portfolios von Privatanlegern und auch institutionellen Investoren zu einem Anstieg der Spreads führen. Die aktuellen Übergewichtungen sind nach Ansicht der Experten von RBS nicht nachhaltig und können wahrscheinlich unter dem Gesichtspunkt der Portfolio-Optimierung nicht langfristig gehalten werden.