Rezession vorbei - Krise bleibt

Die Massnahmen der Zentralbanken und Regierungen zeigen Wirkung. Obwohl die Rezession zu Ende ist, wird vor zu großem Optimismus gewarnt. Helge J. Pedersen, Global Chief Economist von Nordea, mit einer aktuellen globalen Makro Analyse der Weltwirtschaft und einer Einschätzung des zukünftigen Wachstumspotenzials. Funds | 05.10.2009 04:55 Uhr
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Die Zentralbanken und Regierungen hatten im Herbst letzten Jahres keine Wahl. Durch offensive Massnahmen, lockere Geldpolitik, umfangreiche Unterstützungspakete für den Finanzsektor und Garantien der Spareinlagen wurde eine globale Depression verhindert.

Helge J. Pedersen: "Die Zentralbanken hatten mit diesen Massnahmen Erfolg. Wir sehen heute die Wirkung dieser Massnahmen. Das Momentum des Wirtschaftswachstums ist wieder sehr stark und der Welthandel wächst wieder. Die Rezession ist zwar vorüber, die Krise bleibt jedoch noch länger. Es wird ein sehr langer Weg zurück zur Situation vor dem Absturz im Jahr 2008 und Anfang 2009. Die Produktionskürzungen entsprechen einem Volumen von 4-5 Jahren Wachstum." Eine W-förmige Erholung der Wirtschaft - und somit ein ´double-dip´ wäre für Pedersen kein Problem, da dies ja zukünftiges Wachstum bedeuten würde. Sorge bereiten würde ihm jedoch eine Entwicklung, die nach einer raschen Erholung, wie sie jetzt beobachtet werden kann, in eine sehr flache Wachstumskurve übergehen würde - so ähnlich wie das Symbol einer Quadratwurzel, wo der linke und rechte Teil gleich hoch sind. Das Risiko für so ein Szenario ist jedoch nicht gering, da die schwachen Arbeitsmärkte in den USA und Europa zu einer weitergehenden Konsumschwäche und damit wenig Wachstumspotenzial führen könnten.

Wachstumsprognosen für 2009-2011

Helge J. Pedersen: "Unsere aktuellen Einschätzungen für die Weltwirtschaft zeigen nach einem realem Wachstum von +2,4 Prozent im letzten Jahr eine negative Wachstumsrate von -1,2 Prozent. Im nächsten Jahr sollte die Weltwirtschaft wieder um +3,4 Prozent und im Jahr 2011 ebenfalls um +3,4 Prozent anziehen. Dabei muß man jedoch berücksichtigen, dass auf Basis der PPP (Purchasing-Power-Parity bzw. Kaufkraftparität) der Anteil der Schwellenländer am globalen Wachstum mittlerweile schon bei 40 Prozent liegt - angetrieben vor allem durch China." Langfristig geht Pedersen davon aus, dass das Wachstumspotenzial der Weltwirtschaft aufgrund der Finanzkrise um 0,5 Prozent geringer sein wird, weil der Finanzsektor insgesamt weniger Finanzierungspotenzial bieten wird. Helge J. Pedersen: "Wir haben auch gesehen, dass sich die neue Prognose des IWF mit +3,1 Prozent für 2010 schon sehr stark an unsere Prognose angenähert hat."

Helge J. Pedersen: "China wird nach +9 Prozent im letzten Jahr in diesem Jahr +8 Prozent wachsen. Unsere Prognosen für 2010 liegen bei +10,5 Prozent und für 2011 bei +10 Prozent. China ist zwar ein immer wichtigerer Teil der Weltwirtschaft, jedoch noch nicht jene Wachstumslokomotive, die die gesamte Weltwirtschaft ziehen könnte."

Es wurde auch vielfach zitiert, dass China nicht unbedingt das Interesse hätte, die Welt zu retten, sondern sich vor allem selbst weiterentwickeln möchte. Der Aufstieg von ein paar Hundert USD Volkseinkommen pro Kopf auf einen Wert von USD 3.000 pro Kopf in wenigen Jahren ist bemerkenswert. Die reichsten Länder der Welt liegen jedoch beim 7- bis 10-fachen dieses Wertes und China hat sicherlich das Ziel einer weiteren Annäherung an diese Gruppe von Ländern. Analysen zeigen auch, wie stark die Bedeutung der Binnenwirtschaft dabei ist, die im Jahr 2007 um +10 Prozent zulegen konnte, während der Export nur +3 Prozent des Gesamtwachstums von +13 Prozent beitragen konnte. Auch in den letzten Jahren waren die Wachstumszahlen der Binnenwirtschaft bei rund 10 Prozent und der Export teilweise sogar rückläufig.

"Für die USA sehen wir nach 0,4 Prozent Wachstum im letzten Jahr in laufenden Jahr ein Minus von -2,6 Prozent und in den kommenden zwei Jahren nur +1,7 Prozent Anstieg. Ähnlich die Situation in Japan, wo nach -0,7 Prozent im letzten Jahr und -5,8 Prozent für 2009 in den nächsten zwei Jahren nur 1,3 Prozent und 1,2 Prozent prognostiziert werden", erklärt Helge J. Pedersen. Für die Eurozone liegen die Prognosen nach 0,6 Prozent im letzten Jahr und -3,5 Prozent im laufenden Jahr bei +2,1 Prozent für 2010 und +1,6 Prozent Wachstum für 2011.

Risikofaktoren für die Weltwirtschaft

Der wohl wichtigste Risikofaktor ist sicherlich die steigende Arbeitslosenrate in den USA und in Europa, die sehr bald bei jeweils 10 Prozent liegen könnten. Auch in Japan steigt die Zahl der Arbeitslosen an. Dies kann zu einer ausgeprägten Konsumschwäche führen, die mehrere Jahre anhalten kann. Damit verbunden sind steigende Sparquoten nicht positiv für die Wirtschaftsentwicklung. Investitionen werden zurückgehalten, da aktuell sehr große Überkapazitäten bestehen, die zum Teil noch abgebaut werden müssen. Ein weiterer Risikofaktor sind steigende Rohstoffpreise. Vor allem der Ölpreis kann eine sehr starke Auswirkung auf die weitere Entwicklung der Konjunktur haben. Helge J. Pedersen: "Ich bin zwar grundsätzlich relativ optimistisch für die zukünftige Entwicklung, jedoch skeptisch bezüglich der Stärke der Erholung, da die Produktionszahlen schwach bleiben werden und viele Sektoren von Unterstützungspaketen der Regierungen und der Hilfe durch Zentralbanken abhängig sein werden."

Derzeit keine Inflation - Keine Zinserhöhungen über Nacht

Helge J. Pedersen: "Inflation ist derzeit kein Thema. Die Konsumentenpreisindizes in den USA, in der Eurozone und in Japan sind alle aufgrund der Basiseffekte negativ. Die schwache Konjunktur bietet auch die Möglichkeiten, die Zinsen länger auf sehr tiefem Niveau zu halten. Wir gehen davon aus, dass die Zinsen noch ein Jahr auf dem aktuell sehr tiefem Niveau bleiben werden. Die EZB wird, meiner Meinung nach, erst im September 2010 die Zinsen erhöhen. Die FED wird die Zinsen erhöhen, wenn die Arbeitslosenrate zu sinken beginnt. Die Leitzinsen liegen derzeit in der Eurozone bei 1 Prozent, in UK bei 0,25 Prozent und in den USA bei 0,5 Prozent. Zinserhöhungen werden sicherlich kommen, jedoch - wie gesagt - nicht über Nacht."

Die Analyse der Geldpolitik der EZB in den letzten zehn Jahren zeigt zwei Fehler auf. Helge J. Pedersen: "Der erste Fehler war die Zinssenkung im Jahr 1999 um ein halbes Prozent, während die Wirtschaftsentwicklung breits sehr positiv lief. Der zweite Fehler war die letzte Zinserhöhung im Jahr 2008 um ein Viertelprozent zu einer Zeit, wo der Einkaufsmanagerindex bereits auf einen Wert von unter 50 zusteuerte."

Die Budgetdefizite der Staaten hatten sich in den letzten Jahren stark ausgeweitet. Die Renditen auf Staatsanleihen sollten auch weiterhin relativ niedrig bleiben. Sollten jedoch die Budgetdefizite noch weiter ansteigen und kein Ausstieg aus dieser negativen Entwicklung geschafft werden, dann wird dies nach Einschätzung der Nordea Ökonomen sicherlich auch zu einem Problem bei Staatsanleihen führen. Die Folge könnten steigende Renditen sein. Faktum ist, dass es bislang noch keine Anzeichen für Ausfälle gibt. Helge J. Pedersen: "Die Staaten in Europa sind Teil einer Familie, deren Mitglieder sich gegenseitig unterstützen sollten." Auch in schwierigen Situationen - wie in Lettland - gäbe es Problemlösungskapazität. Es sei zwar sehr hart, wenn das BIP um 20 Prozent sinken würde und die Gehälter um 10 Prozent sinken würden. Letztendlich könnten jedoch nur auf diese Art und Weise die Staatshaushalte saniert werden.

Ausstieg aus Quantitative Easing möglich?

Eine wichtige Maßnahme der Federal Reserve in den USA war das sogenannte ´quantitative easing´, d. h. das umfangreiche Aufkaufen von Staatsanleihen durch die Zentralbank. Helge J. Pedersen: "Es stellt sich immer wieder die Frage, wie die Zentralbanken solche Aktivitäten wieder neutralisieren können. Der Ausstieg durch einfaches Abstossen der Anleihen auf dem Markt ist nicht möglich. Dies würden die Anleihenmärkte nicht verkraften. Deswegen wird wohl ein gradueller Ausstieg gewählt. Die absolut intelligente Lösung für diesen Ausstieg wurde jedoch noch nicht gefunden. Es ist zum Teil auch ein Experiment, da es noch wenig Erfahrung damit gibt."

Auf der Währungsseite sieht Pedersen weiterhin ein Problem für Japan, das unter dem im letzten Jahr stark gestiegenen Yen leidet. Der schwächere Dollar wäre für die Eurozone nicht positiv. Schweden und UK könnten auch von schwächeren Währungen profitieren.

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