Liquidität ist vorhanden
Die Aktienrallye der letzten Monate hat laut Strasser eine Korrektur immer wahrscheinlicher gemacht. „Viele Investoren scheinen diese Korrektur zu erwarten, weil sie noch nicht investiert sind. Es ist sehr viel Liquidität vorhanden“, so der Bank Gutmann-Vorstand. Als großes Investmentthema der nächsten Jahre sieht der Experte ganz klar Osteuropa: „Besonders für Österreich ist die CEE-Region die einzige wirkliche Wachstumschance.“Osteuropa als Jahrhundertchance
Görg bezeichnet Osteuropa gar als „Jahrhundertchance“. Die Panik vor einigen Monaten aufgrund des hohen CEE-Exposures heimischer Banken sieht er als Folge von Fehlinterpretationen. Nicht vergessen werden dürfe jedoch, dass auch Osteuropa von der Krise hart getroffen wurde. So sei etwa die Industrieproduktion in Russland, Tschechien, Ungarn und Polen im Jahresvergleich um 20 Prozent eingebrochen.
Abgewertete Währungen machen Investitionen günstiger
Schwer zu schaffen macht der Region auch die hohe Arbeitslosigkeit. „Kommen die Inputs von außen sollten die flexibleren Arbeitsmärkte hier bald eine Verbesserung erfahren“, so Görg. Hilfreich wären in diesem Zusammenhang nicht zuletzt auch die stark abgewerteten Währungen. Sie würden Investitionen günstiger machen. Unterm Strich bleibe die starke Abhängigkeit von Westeuropa. Positiv stimmen den CIO in diesem Zusammenhang jedoch die jüngsten „marginal positiven“ Meldungen aus Deutschland und Frankreich.
Produktionslücke wird entstehen
Der breitgefächerte Lagerabbau der letzten Monate wirkte sich bekanntlich besonders auf die BIPs der CEE-Staaten negativ aus. Da der private Konsum in den letzten Monaten jedoch nicht so stark gefallen ist wie die Bruttoinvestitionen, sehen die Gutmann-Experten die Wahrscheinlichkeit zunehmen, dass eine Produktionslücke entsteht. Diese sollte in der zweiten Jahreshälfte den Lagerzyklus drehen und die Industrieproduktion stark unterstützen.
Was für die CEE-Region spricht
Für die CEE-Region sprechen neben den flexiblen Arbeitsmärkten und der lohnkostenbereinigten Produktivität unter anderem auch die attraktiven Bewertungen sowie die geringe Auslandsverschuldung gemessen am BIP. Strasser spricht von einem „Outsourcing Play“. Besonders positiv: Da die CEE-Märkte in hohem Maße heterogen sind, wären Investments in die Region eine Möglichkeit sein Portfolio zu diversifizieren und dadurch Mehrwert zu schaffen.
Die Risiken und Chancen der einzelnen Länder
Ein weiterer Punkt der im Vergleich zu anderen Emerging Markets für Osteuropa spricht, ist laut Görg die politische Stabilität der Region. „China ist mit Abstand nicht so sicher was die Rechtslage betrifft, wie es das Interesse der Investoren vermuten lässt“, so der Gutmann-CIO. Ein Beispiel wären Patentstreitigkeiten. Selbst im oft gescholtenen Russland gebe es in rechtlicher Hinsicht vergleichsweise stabile Verhältnisse.
Polen als interessante Chance?
Als einen der interessantesten CEE-Märkte bezeichnet Görg Polen. Das Land wird laut Schätzungen des IWF heuer als einziges Europas ein positives Wachstum aufweisen. Obwohl sich Rumänien und Bulgarien langsam verbessern was Probleme wie Korruption betrifft ist das Exposure gegenüber diesen Ländern vergleichsweise gering. „Wir halten uns lieber an Polen und Tschechien“, so Strasser. Mittelfristig sei auch die Ukraine wieder ein interessanter Markt. Von den baltischen Staaten würde man hingegen aufgrund ihrer Strukturschwäche sowie der Abhängigkeit von ausländischem Kapital derzeit die Finger lassen.
Russland und das Öl
Der Credit Crunch hat nach Angaben der Experten die Schwächen der russischen Wirtschaft einmal mehr schonungslos aufgezeigt. Das größte Problem sei nach wie vor die hohe Abhängigkeit vom Ölpreis. „Wir empfinden den Ölpreis derzeit als gut für das Land. Er ist hoch genug, um davon leben zu können und niedrig genug, um den Reformdruck auf die Regierung aufrecht zu erhalten“, so die Experten unisono. Völlig vom Tisch wären krisenbedingt die gewaltigen Infrastrukturprojekte der letzten Jahre.
Die Strategie in Russland
„Wir verfolgen in Russland eine eigene Strategie und haben uns bereits vor Jahren vom Benchmark-Konzept losgesagt. Zwar weisen wir eine hohe Gewichtung von Ölwerten wie Lukoil und Gazprom auf, wir wollten jedoch eher die Konsum-Story spielen“, so Strasser. Besonders interessant wären etwa auch Einzelhandelsketten und Mobilfunkbetreiber. Der Kerngedanke hinter dieser Strategie sei, dass man zwar in Russland investiert, aber nicht dem Risiko des MSCI ausgesetzt sein will.
Die Positionierungen im Gutmann CEE Portfolio
Die Cashquote im Gutmann CEE Portfolio liegt derzeit bei einem Prozent, vor einem Jahr machte sie noch 20 Prozent aus. Der Fonds investiert überwiegend im Raum Zentral- und Osteuropa. Spezialisierungen auf bestimmte Branchen oder Marktsegmente liegen keine vor. Bis zu zehn Prozent des Fondsvermögens dürfen in Kapitalanlagefonds investiert werden. Auch eingesetzt werden können Geldmarktinstrumente sowie Sichteinlagen und kündbare Einlagen mit einer Laufzeit von höchstens zwölf Monaten.
Die Frage nach der Inflationsgefahr
Inflationsgefahr sehen die Gutmann-Experten in den nächsten ein bis zwei Jahren keine. Das heißt jedoch nicht, dass sie sich darüber keine Gedanken machen. „Inflation wird für viele massiv verschuldete Länder der einzige Ausweg aus der Schuldenfalle sein“, so Strasser. Dementsprechend würde man am Wiener Schwarzenbergplatz bereits an Inflationsschutzstrategien arbeiten. Interessante Optionen wären etwa physische Immobilieninvestments und Aktien. „Aktien sind der ehrlichste Inflationsschutz“, so Strasser.