Ende Januar präsentierte Murdo Murchison im Rahmen der Franklin Templeton Roadshow in Wien die Anlagestrategie des Templeton Growth Fund sowie seinen Marktausblick.
In einem Gespräch mit der Tageszeitung Wirtschaftsblatt zeichnet er ein eher skeptisches Bild.
Wie wird es an den Märkten im laufenden Jahr weitergehen?
Murdo Murchison: Es gibt eine Menge an Optimismus, was die Entwicklung der globalen Wirtschaft in der zweiten Hälfte 2002 betrifft. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich bergauf gehen wird. Wir befinden uns in einer flachen Rezession und die Konjunktur ist trotz des Anstieges des amerikanischen Konsums um 4,5 Prozent im vierten Quartal 2001 nicht angesprungen, obwohl die normale Rate nur bei plus 0,4 Prozent liegt. Auch was Japan betrifft, ist Skepsis angebracht. Das Bewertungsniveau ist hier noch immer zu hoch. Korea war für uns im letzten Jahr ein wirklich guter Boden. Koreanische Werte waren vier bis fünf mal billiger als japanische Titel. Hinzukommt, dass Korea mit Finanzreformen innerhalb der letzten zwei bis drei Jahre mehr erreichen konnte, als Japan innerhalb eines ganzen Jahrzehnts. Bezüglich Kontinentaleuropa bleibe ich weiterhin skeptisch. Das grundlegende Problem besteht darin, dass Europa von der Nachfragesteigerung seitens Amerika abhängig ist.
Der Templeton Growth folgt dem Value-Ansatz, was auch die Stilanalyse bestätigt. Manchmal bewegt sich der Fonds in Richtung Core, bleibt aber generell seinem Grundmuster der Veranlagung treu. Ist das die Basis für den Erfolg des Fonds, der selbst im schwierigen Jahr 2001 um sechs Prozent an Wert gewann?
Murdo Murchison: Ja, ganz sicher. Häufig wird aber missverstanden, dass der Value-Stil die Anzahl der als interessant eingestuften Aktien keineswegs verringert. Die Auswahl ist sehr breit, da wir Werte aufgrund einer 5-Jahres-Prognose kaufen. Eine Aktie ist für uns günstig, wenn sie in dieser 5-Jahres-Betrachtung billig ist. Selbst augenblicklich teurere Werte sind interessant, wenn wir der Überzeugung sind, dass sich das Investment innerhalb der nächsten fünf Jahre bezahlt macht. Jene Unzahl an Unternehmen, die innerhalb von zwölf Monaten als günstig einzustufen wären, finden aufgrund unseres längerfristig ausgerichteten Ansatzes oft keine Berücksichtigung.
Disziplin als Erfolgsrezept
Es gibt in Österreich nur eine Handvoll an weltweit veranlagenden Aktienfonds, die es über längere Sicht schaffen, den MSCI World Jahr für Jahr zu schlagen. Templeton Growth ist einer dieser Fonds. Wie kommt diese konstante Leistung zustande?
Murdo Murchison: Langfristiger Erfolg ist nur möglich, wenn der verfolgte Investmentstil auch konsequent eingehalten wird. Viele Investoren sind damit beschäftigt, dem schnellen, kurzfristigen Erfolg nachzulaufen. Möglicherweise werden auch viele Fondsmanager von den Zielsetzungen ihrer Kunden in den Modus des Kurzzeit-Investing getrieben. Oder aber der eigene Instinkt führt Regie. Aber: ex definitione liefert der kurzfristige Zugang einfach schlechtere Ergebnisse. Es gibt aber auch eine sehr grosse Anzahl an Fondsmanagern, die Angst davor haben, ihre Benchmark zu weit zu verlassen. Ein Portfolio sehr nahe an einem Index auszurichten, macht ökonomisch keinen Sinn. Für viele Fondsmanager ist es schwer, dem Kreislauf des kurzfristigen Ansatzes und der starken Benchmark-Orientierung zu entkommen. Ich glaube nicht unbedingt, dass wir wesentlich besser sind als irgend jemand anderer, wir hatten auch Glück. Es gibt viele clevere Leute, die die Märkte ausgezeichnet kennen. Der Unterschied liegt wahrscheinlich in einem hohen Mass an Disziplin.
Das Volumen des Templeton Growth Fund beträgt 13 Milliarden US-Dollar. Alleine zwei Milliarden Dollar kommen im Augenblick auf den Bargeldanteil und Fixed Income. Ist das das Sicherheitsnetz gegen die Unsicherheit an den Märkten und ist es nicht schwierig einen Fonds dieser Grösse gemäss dem Value-Stil zu lenken?
Murdo Murchison: Die richtige Steuerung des grossen Volumens ist für uns eine grosse Herausforderung. Es ist aber zu berücksichtigen, das wir in Märkten aktiv sind, in welchen sich Beträge im Trillionen-Dollar-Bereich bewegen, Liquidität ist also keine Frage. Obwohl wir im September 2001 den Cash-Anteil verringerten, liegt die Rate noch immer höher als üblich. Ich bin darüber jedoch keineswegs unglücklich, da die Volatilität der Märkte nicht zuletzt durch den Aufstieg von Hedge-Fonds und kurzfritig orientierten Tradern stark angestiegen ist. Die Märkte sind heute wahrscheinlich wesentlich volatiler als jemals zuvor, deswegen erhalten wir fast täglich neue Chancen um unser Geld zum Arbeiten bringen zu können - hohe Volatilität ist unser Freund. Ich stufe das weltweite Bewertungsniveau nach wie vor als hoch ein und bin deswegen nicht sehr optimistisch gestimmt. Der Bärenmarkt ist noch nicht zu Ende, dafür ist es eindeutig noch zu früh. Auch aus diesem Grund kann ich mit der hohen Cash-Position und dem Fixed-Income-Anteil sehr gut leben, was auch der Jänner 2002 bestätigt hat. Anzeichen und Erfolg gehören untrennbar zusammen. Deswegen lassen wir auch oft die Finger von an sich interessanten Werten, wenn wir uns bezüglich der künftigen Entwicklung nicht ganz sicher sind. Im letzten Jahr hatten wir das Glück, dass Aktien vieler grosser Unternehmen wirklich günstig zu haben waren. So zum Beispiel UBS, immerhin eine der grössten Banken der Welt. Das soll nur verdeutlichen, dass auch Titel von Unternehmen dieser Dimension, wenn das Bewertungsniveau passt, dem Value-Bereich zugeordnet werden können.
Ungebrochener Glaube an Wachstum ist irreführend
Ist die Value-Ära der letzten Jahre nun vorbei, wie von vielen Experten noch Anfang des Jahres vermutet wurde?
Murdo Murchison: Es ist unwahrscheinlich, dass wieder eine erheblich bessere Phase für Wachstumswerte herannaht. Die letzten beiden Jahre haben gezeigt, dass auch Growth-Unternehmen ganz gewöhnlichen Problemen gegenüberstehen wie z.B. Überkapazitäten, sinkenden Preisen und Gewinnen oder stärkerem Wettbewerb. Wir schreiben nun das Jahr 2002 und müssen erkennen, dass viele der Aktien nach wie vor in Growth-Manier bewertet sind. Es kann einfach nicht stimmen, dass Tech-Aktien mit KGV von 50 gehandelt werden, obwohl die Unternehmen jene noch vor dem März 2000 angenommenen Wachstumsraten von jährlich 25 bis 30 Prozent nicht einmal annähernd erreichen können. Genau ein solches Wachstum über die nächsten fünf Jahre hinweg wäre aber nötig, um das Bewertungsniveau zu rechtfertigen. Die Situation erinnert an den Anfang der Neunzigerjahre, als die Emerging Markets wirklich gut performten. Auch hier war der ungebrochene Glaube an ein stetes Wachstum irreführend.