Griechenland: Tragödie mit Happy End?

Die griechische Verschuldungsproblematik hält die Finanzmärkte derzeit in Atem. Obwohl sich die EU gemeinsam mit dem IWF bereits auf eine Vorgehensweise bei der Kreditvergabe geeinigt hat, spitzte sich die Vertrauenskrise auf den Finanzmärkten weiter zu. Funds | 30.04.2010 11:31 Uhr
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Downgrade in den Non-Investment-Grade Bereich

Unter anderem sorgte das Downgrade von griechischen Staatsanleihen durch die Ratingagentur Standard & Poor‘s in den High Yield Bereich für große Beunruhigung. Der Grund dafür sind Zweifel ob die notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen des Staatshaushaltes zur Stabilisierung der ansteigenden Staatsschulden tatsächlich umgesetzt werden können. Bei den anderen beiden großen Ratingagenturen Moody‘s und Fitch verfügt Griechenland noch über ein Rating im Investment-Grade Bereich.

Hohe Staatsverschuldung und Budgetdefizite

Das Staatsdefizit in Griechenland betrug im vergangenen Jahr 32,3 Milliarden Euro bzw. 13,6% des nominellen BIP bei einer Gesamtverschuldung von rund 273 Mrd. Euro, was ca. 115% des BIP entspricht. Im Wachstums- und Stabilitätsprogramm der EU bzw. des IMF wird bis 2013 eine Reduktion des Budgetdefizits auf 2,0% angestrebt. Da nur Zinszahlungen alleine bereits 5,1% des BIP ausmachen, kann dies nur durch die Erzielung eines so genannten Primärüberschusses erreicht werden.

Griechenlandanleihen: Fälligkeitsstruktur Tilgung und Kupon

Allein in den nächsten 3 Jahren werden Anleihen und Kupons in Höhe von 120,3 Mrd. EUR fällig. Dabei ist allerdings noch nicht die Neuverschuldung berücksichtigt. Wenn man von einem durchschnittlichen Budgetdefizit von 7% des BIP ausgeht, kommt man so auf einen durchschnittlichen Finanzierungsbedarf von ca. 170 Mrd. EUR.

Aktuell ist Griechenland aufgrund der Vertrauenskrise nicht in der Lage, sich aus eigener Kraft am Kapitalmarkt zu finanzieren. Hier kommen die EU und der IMF ins Spiel. Griechenland hat letzte Woche bereits offiziell um Unterstützung angesucht.

Die Vorgehensweise des EU/IWF Hilfsmechanismus ist folgende

• Griechenland beantragt Unterstützung. Dies ist am 23. April geschehen.

• Die Europäische Kommission und die EZB geben eine Meinung ab, ob die Budgetkonsolidierungsmaßnahmen glaubwürdig sind.

• Der Rest der Europäischen Währungsunion beschließt einstimmig die Kreditvergabe.

Der Mechanismus umfasst verzinsliche, bilaterale Kredite von Euro Mitgliedsländern und vom IMF über einen Zeitraum von 3 Jahren. Im ersten Jahr sollen von Euro Mitgliedsländern EUR 30 Mrd. sowie zusätzlich EUR 15 Mrd. vom IMF fließen. Diese Kredite sollen mit einer Rate von Euribor +300 Bp bzw. +400 Bp für eine Laufzeit von mehr als 3 Jahren finanziert werden. So soll gewährleistet werden, dass einerseits die Raten leistbar werden, andererseits aber auch ein Anreiz zur  Budgetkonsolidierung geschaffen wird.

Basisszenario: Kein Konkurs

Die EU Mitglieder und der IMF stellen Griechenland für die nächsten 3 Jahre ausreichend Kredite zur Verfügung, um sowohl Altschulden zu tilgen als auch die Neuverschuldung zu finanzieren. Diese drei Jahre kann Griechenland dazu nutzen, um seine Budgetprobleme in den Griff zu bekommen und strukturelle Reformen durchzuführen. Gefährdet wird dieses Szenario aber durch mehrere, schwerwiegende Risiken.

• Die EU Länder weigern sich, Kredite für Griechenland zur Verfügung zu stellen. Hier wäre denkbar, dass der IMF alleine bzw. Drittländer mit Krediten aushelfen.

• Die strukturellen Reformen in Griechenland können aufgrund des Widerstands in der Bevölkerung nicht durchgesetzt werden.

• Die Hilfe läuft, notwendige Reformen und Budgetsanierung werden aber nur halbherzig umgesetzt. Die 3 Jahre reichen nicht aus, um das Vertrauen der Märkte in Griechenland wieder herzustellen. Die Finanzierungsprobleme werden nach hinten verschoben.

Scheitert die Kreditvergabe oder können die Griechen ihre strukturellen Probleme und das Budgetdefizit nicht in den Griff bekommen, ist ein Konkurs griechischer Staatsanleihen wahrscheinlich. Dies könnte folgende Formen annehmen:

• „Haircut“ 20-50%: Die ausstehenden Verbindlichkeiten werden restrukturiert, Anleger erhalten nicht die volle Summe von Griechenland zurück, sondern einen um den „Haircut“ verminderten Betrag.

• Austritt aus der EWU, Restrukturierung der Schulden: Dies hätte nicht nur für die Anleihen von Griechenland schwere Folgen, sondern würde den gesamten Euro Raum stark belasteten.

Auswirkungen auf Anleihenpreise und ESPA FONDS

In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass die Hilfe der EU bzw. des IMF greift und Griechenland es schafft, sein Budgetdefizit in den nächsten Jahren auf ein tolerierbares Maß zu kürzen. Für die Preise der griechischen Staatsanleihen wäre das das denkbar beste Szenario. Aktuell enthalten die Marktpreise griechischer Staatsanleihen auch bereits einen hohen Risikoabschlag für den Fall einer Restrukturierung der Schulden in der Form eines „Haircuts“.

In den Anleihefonds der ERSTE-SPARINVEST, die sich als Benchmark am Index der gesamten europäischen Staatsanleihen orientieren, nimmt Griechenland nur eine untergeordnete Position ein. Zusätzlich liegt die Gewichtung von griechischen Staatsanleihen unterhalb der Benchmark. Die durch die Marktunsicherheit szenariobedingte Kurskorrektur ist in den Fondspreisen bereits taggleich enthalten.

Dr. Veronika Posch

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Zur Autorin:

Dr. Veronika Posch ist Produktmanagerin bei der ERSTE-SPARINVEST und war zuvor Fondsmanagerin und im Fixed Income-Bereich des Erste Group Research tätig.

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