Mehr Schulden - höhere Gewichtung
Gregor Macintosh: "Jene Staaten, die eine höhere Verschuldung aufweisen und mehr Anleihen emittieren, repräsentieren einen höheren Anteil an der gesamten Marktkapitalisierung. In konventionellen Indizes, die zumeist von Investmentbanken konstruiert werden, erhalten diese Staaten dann auch höhere Gewichtungen. Diese Methode unterstützt mehr das Geschäftsmodell der Investmentbanken und orientiert sich weniger an den Bedürfnissen der Investoren." Nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen Staatsschuldenkrise ist dies zu hinterfragen. Investoren sollten nach Ansicht von Macintosh genau prüfen, ob das Management der Staatsschulden in einer nachhaltigen Form erfolgt.
Fundamental orientierte Indizes als besser Alternative
Gregor Macintosh: "Wir sind der Ansicht, dass es in den letzten 30 Jahren für Staaten relativ einfach war, sich über Staatsanleihen zu finanzieren. Das Wachstum in der Vergangenheit war durchaus gut und auch die Entwicklung der Pensionsfondsindustrie war ein positiver Faktor. Die Finanzkrise hat die Lage verändert und die Schuldenquote in Prozent des BIP in den westlichen entwickelten Staaten um durchschnittlich rund 30 Prozent erhöht. Zusätzlich zu niedrigeren Steuereinnahmen und einem höheren Finanzierungsbedarf und Zinsendienst wurden auch noch Verpflichtungen des Privatsektors von den Staaten übernommen. In den westlichen Industrieländern gibt es auch Herausforderungen und Probleme hinsichtlich der demographischen Entwicklung in den meisten Staaten. Demgegenüber wird die positive Entwicklung der Schwellenländer ignoriert."
Lombard Odier hat eine Methodik für die Berechnung von fundamental orientierten Indizes entwickelt und baut dabei auf sieben fundamentale Faktoren.
- BIP: je höher das BIP eines Landes, desto höher die relative Gewichtung im Index (Basis: 30 Prozent)
- Wirtschaftswachstum: Länder mit einem höheren Wachstum werden höher gewichtet (Basis: 10 Prozent)
- Schuldenquote (Nettoschulden/BIP): je höher diese Schuldenquote, desto geringer die Gewichtung (Basis: 20 Prozent)
- Fiskalbalance (Budgetdefizit/BIP): wenn sich die Fiskalbalance verschlechtert, wird die Gewichtung reduziert (Basis: 10 Prozent)
- Externe Position (Leistungsbilanz/BIP): Länder mit einem hohen bzw. positivem Leistungsbilanzsaldo erhalten eine höhere Gewichtung (Basis: 10 Prozent)
- Demographie (Pensionisten/aktive Arbeitnehmer): Länder mit einer hohen Quote sind niedriger gewichtet (Basis: 10 Prozent)
- Politisches Risiko (Misery Index, Arbeitlosigkeit und Inflation): Länder mit einer hohen Quote
Macintosh: "Länder mit einer Nettoschuldenquote von mehr als 110 Prozent werden grundsätzlich nicht in diesen fundamentalen Index aufgenommen." Rogoff und Reinhart (Harvard University) hatten in ihrem Buch "This time is different" davon gesprochen, dass bei einer Quote von 90 Prozent der ´point of no return´ erreicht wäre.
Während in traditionellen, globalen Anleihenindizes die USA und Japan mit über 60 Prozent Gewichtung dominieren, repräsentieren diese beiden Länder in den von Lombard Odier entwickelten fundamentalen Indizes nur rund 16 Prozent. Zudem ist die Diversifikation über deutlich mehr Länder ein weiteres Charakteristikum. Back-Tests in der Vergangenheit hatten nach Angaben von Lombard Odier eine signifikante Outperformance und vor allem eine geringere Volatilität und einen geringeren max. Drawdown gebracht.
Über einen Zeitraum von zwölf Jahren wurde eine Sharpe Ratio von 1,09 (fundamental orientierter Index) vs. 0,71 (traditioneller MCap Index) erzielt. Weiters weist der fundamental orientierte Index eine geringere Duration und eine höhere Rendite gegenüber vergleichbaren traditionellen Indizes auf, da Japan im Index nicht berücksichtigt wird und durch Länder wie Mexiko, Korea und Polen ersetzt wird, die eine höhere Rendite aufweisen. Lombard Odier zählt auf die Anwendung von fundamental orientierten Indizes für Investments in europäischen und globalen Staatsanleihen - nicht nur um Alpha zu generieren, sondern auch um Beta richtig zu allozieren.