Perfektes Timing für Schwellenländer?

Die jüngsten politischen Umwälzungen in der MENA-Region haben den seit einigen Monaten anhaltenden Kapitalabfluss aus den Emerging Markets zusätzlich verstärkt. Davor hatten bekanntlich steigende Inflationssorgen Investoren beunruhigt. Funds | 18.03.2011 04:45 Uhr
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Experten glauben trotzdem, dass die langfristige Erfolgsstory der Schwellenländer intakt ist – daran soll auch die Katastrophe in Japan nichts ändern. Schließlich gehe es in den Emerging Markets um strukturelles und nicht um zyklisches Wachstum.

Vom Potenzial in den BRICs und den Frontier Markets profitieren

2010 haben sich bekanntlich kleinere Schwellenländermärkte stärker entwickelt als die größeren. Trotzdem sieht Constanze Fay, Managerin des ESPA STOCK BRICK (ISIN: AT0000506316), keinen Anlass den BRIC-Ländern den Rücken zu kehren: „Für mich stellt sich nicht die Frage, ob man entweder in die BRICs oder in die Frontier Markets investieren soll, sondern wie man am besten vom Potenzial beider profitieren kann.“ Für die BRIC-Staaten spreche, dass sie sich durch relativ politische Stabilität auszeichnen, was auch ihre Aktienmärkte weniger riskant macht.

Kleiner Märkte profitierten von Spezialthemen

Dass kleinere Märkte wie Indonesien, Thailand oder Malaysien im Vorjahr outperformed haben, ist laut Fay auf einige „Spezialthemen“ in den BRIC-Ländern zurückzuführen. „So wurde etwa in Brasilien gewählt. Dazu kommt, dass Investoren die Kapitalerhöhung des ohnehin reservenreichen Erdölunternehmens Petrobras weniger positiv gesehen haben“, so Fay. Zinserhöhungen und Inflationsängste hätten sich zusätzlich abschreckend ausgewirkt.

Inflation verunsicherte China-Investoren

Auch in China war Inflation im Vorjahr bekanntlich ein Thema, das Investoren verunsichert hat. „Dabei hat die Regierung mit ihren Regulierungsmaßnahmen sehr viel Geschick bewiesen. Das ist bei einer Bevölkerungszahl von 1,3 Milliarden Menschen nicht leicht“, meint Fay. In Indien hätten wiederum eine Reihe von Skandalen die hohen Erwartungen nach den Wahlen im Jahr 2009 eingetrübt. Wenig hilfreich sei in diesem Zusammenhang für das Land als Nettoimporteur auch der steigende Ölpreis gewesen.

Ende 2010 wurde Inflationsdruck zu groß

Bei der BAWAG P.S.K. Invest waren die Emerging Markets im gesamten letzten Jahr übergewichtet, wie Silvia Cova, Head Fund of Funds, erklärt. Gegen Jahresende sei dieses Exposure allerdings reduziert worden. „Der Inflationsdruck ist in Ländern wie Indien oder Brasilien unserer Meinung nach zu groß geworden. Auch der Bewertungsaspekt hat hier eine Rolle gespielt“, so die Expertin. Derzeit wären die Schwellenländer wieder moderat übergewichtet.

Viele Unsicherheiten in den Märkten

„Auf kurze Sicht sehen wir viel Unsicherheit in den Märkten – etwa hinsichtlich der Frage, ob es weitere massive Cash-Outflows geben wird oder, ob sich das Marktsentiment durch die Lage in Nordafrika anstecken lässt“, so Cova weiter. „Wir überlegen uns, ob wir kurzfristig aus den Emerging Markets rausgehen sollen oder lieber eine weitere Korrektur als Anlass nehmen, mittelfristige Positionen aufzustocken“, meint die BAWAG P.S.K. Invest-Fondsmanagerin weiter.

Das Timing muss stimmen

Wie schwer es sei perfektes Timing an den Tag zu legen, zeigt für die Expertin das Beispiel Indien, das „im Herbst angefangen hat zu korrigieren und aktuell das verloren hat, was es im zweiten Halbjahr verdient hat“. Seit Anfang des Jahres habe das bevölkerungsreiche Land rund 15 Prozent verloren. „Verfolgt man eine mittelfristige Perspektive könnte man beginnen aufzustocken.“ Derzeit überlege sie Gewinne in Osteuropa mitzunehmen und sie in Asien und Lateinamerika zu investieren.

Höheres Wirtschaftswachstum in Emerging Markets

Für Jürgen Maier, Manager des Raiffeisen Emerging Markets Aktien T (ISIN: AT0000796412), sind die mittel- und langfristigen positiven Wirtschaftstreiber in den Emerging Markets intakt. „Das Wirtschaftswachstum ist hier nicht nur höher als in den entwickelten Ländern, sondern der Verschuldungsgrad auch geringer“, bringt es der RCM-Fondsmanager auf den Punkt. So liege der Verschuldungsanteil am BIP in den Schwellenländern durchschnittlich bei 40 Prozent mit fallender Tendenz – in den Industrieländern hingegen bei 100 Prozent.

Wie wird sich die USA entwickeln?

Der Experte glaubt, dass es für die Emerging Markets schwer sein wird zu outperformen, falls die USA stark an Fahrt gewinnt. „Entwickelt sich die USA besser als erwartet, ist das Zinsniveau in vielen Schwellenländern zu niedrig, es muss stark erhöht werden, was kurzfristig negative Auswirkungen hat“, meint er mit Hinblick auf die zunehmenden Inflationssorgen. Auf kurze Sicht werde in den Schwellenländern nämlich das Inflationsthema gespielt – sowohl die Lebensmittel- als auch der Ölpreis würden Druck machen.

„Derzeit handelt es sich noch ausschließlich um Lebensmittelinflation“, so Maier weiter. Das Problem sei jedoch, dass man die Lebensmittelpreise nicht über das Zinsniveau beeinflussen kann. Es handle sich vielmehr um ein strukturelles Problem: „Die Bauern arbeiten in den Emerging Markets nicht so effizient wie in Europa.“ Neben Inflationsrisiken müssten sich Investoren in den Schwellenländern auch politischer Risiken bewusst sein. „Kleine Unsicherheiten können in diesen Ländern zu Kursstürzen führen.“

KGV in den BRIC-Staaten

Das durchschnittliche KGV für 2011 liegt nach Angaben von Experten in den BRIC-Staaten derzeit bei 12,1, das durchschnittliche Gewinnwachstum der Unternehmen bei etwa 20 Prozent. „Das ergibt ein unverändert attraktives Bewertungsverhältnis im Vergleich zum tatsächlich realisierten Wachstum. Anders als in den entwickelten Märkten ist das Wachstum in den BRIC-Ländern nicht zyklisch sondern strukturell“, erklärt die ESPA-Expertin.

„Die BRIC-Länder haben unter den Emerging Markets die Rolle einer Art G7 eingenommen“, will Fay unter den vier wirtschaftsstärksten Schwellenländern ein neues Selbstbewusstsein ausmachen. Die enge Zusammenarbeit unterstreiche nicht zuletzt der im April in Peking stattfindende BRIC-Gipfel. „Die BRIC-Statten zeichnen sich durch relativ politische Stabilität aus, was auch ihre Aktienmärkte vergleichsweise weniger riskant macht“, so die ESPA-Fondsmanagerin.

Nach Ländern suchen, die nicht so beliebt sind

Für Maier wird es sich für Investoren auch in Zukunft lohnen abseits der großen Schwellenländermärkte aktiv zu werden. „Will man etwa in Aktien investieren, mit denen man gut verdienen kann und die billig sind, muss man in Länder schauen, die derzeit bei der Investment-Community nicht so beliebt sind wie es beispielsweise Thailand Anfang 2010 war“, sagt er. Laut Cova ist eine Streuung der einzelnen Märkte nicht zuletzt deshalb empfehlenswert, weil einige Schwellenländer eine mögliche Korrektur übertreiben werden, andere hingegen weniger. 

Wie werden japanische Investoren reagieren?

Zu den größten Gefahren für den globalen Risikoappetit – und damit auch die Schwellenländerbörsen – zählen Experten neben einer weiteren Zuspitzung der Lage in der MENA-Region ein Double-Dip-Szenario in den USA sowie die Schuldenkrise in Europa. Die Auswirkungen der schweren Katastrophe in Japan wären noch schwer einzuschätzen. Gut möglich sei es etwa, dass japanische Investoren ihr Kapital aus den Emerging Markets abziehen, um aus patriotischen Überlegungen in japanische Staatsanleihen zu investieren.

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