Lateinamerika ins rechte Licht rücken

Stefan Herz, Manager des Magna Latin American Fund, spricht exklusiv mit e-fundresearch über das ungerechtfertigte „Schattendasein“ Lateinamerikas, Inflationssorgen und wieso Brasilien keine klassische Rohstoff-Story ist. Funds | 12.04.2011 04:30 Uhr
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e-fundresearch: Herr Herz, in der Vergangenheit haben Investoren Lateinamerika zugunsten von Asien immer etwas links liegen gelassen. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Herz: Lateinamerika wurde von Investoren tatsächlich immer ein wenig wie ein Waisenkind behandelt – zu Unrecht wie ich meine. Wir sehen hier eine ähnliche Dynamik wie in Asien, gleichzeitig aber sehr viel attraktivere Bewertungen. Mit einem durchschnittlichen KGV von 10 gehört Brasilien derzeit zu den attraktivsten Märkten. Dazu kommt, dass Transparenz, Corporate Governance sowie die Qualität des Managements – vor allem in Brasilien und Mexiko – sehr gut sind. Das ist vielen Investoren anscheinend nicht bewusst.

e-fundresearch: Auch gegenüber Europa hat Lateinamerika derzeit das Nachsehen offensichtlich unter anderem auch wegen Sorgen um den Ölpreis?

Herz: Es ist mit Sicherheit der falsche Ansatz bei Sorgen um den Ölpreis auf europäische Aktien zu setzen. Ein hoher Ölpreis hat für die entwickelten Länder noch dramatischere Auswirkungen als für die Schwellenländer. Vielmehr macht es Sinn in Länder wie Brasilien und Russland zu investieren, die vom steigenden Ölpreis profitieren.

e-fundresearch: Ist Brasilien wie Russland eine klassische Rohstoff-Story?

Herz: In Brasilien dreht sich nicht alles um Rohstoffe. Rohstoffe machen zwar 50 Prozent der Exporte aus, ihr Anteil am BIP liegt allerdings nur bei 13 Prozent. Enorm wichtig ist etwa auch der Konsum. Eine Schlüsselrolle spielt hier die demographische Entwicklung, die wie in China schnell und dramatisch verläuft – allerdings in einer anderen Größenordnung. Allein zwischen 2006 und 2010 ist die brasilianische Mittelschicht von 61 auf 77 Millionen Menschen angewachsen.

e-fundresearch: Welche Themen versuchen Sie neben Rohstoffen und Konsum noch in ihrem Portfolio umzusetzen?

Herz: Wir interessieren uns auch für das Thema Infrastruktur. Allein schon wegen der Fußball WM 2014 und den Olympischen Spiele 2016 müssen in Brasilien in den kommenden Jahren wichtige Infrastrukturprojekte realisiert werden. Dazu gehören unter anderem Flughäfen, Häfen und Straßen. Aber bei Wohnbauten gibt es große Defizite. Es muss im Infrastruktur-Bereich wirklich einiges passieren.

e-fundresearch: Sehen Sie die neue Regierung als Unsicherheitsfaktor?

Herz: So wie es derzeit ausschaut, wird die neue Präsidentin Dilma Rosseff den Kurs ihres Vorgängers Lula fortsetzen. Ich hab den Eindruck, dass sie sehr pragmatisch vorgeht. Trotzdem sind Investoren etwas nervös. Nervös macht Investoren bekanntlich auch die starke Währung. Ich glaube allerdings nicht, dass wir eine weitere Verstärkung des Reals gegenüber dem Dollar sehen werden.

e-fundresearch: Inwiefern bereitet Ihnen Inflation Sorgen?

Herz: Inflation ist zwar ein Thema, aber die brasilianische Zentralbank hebt seit Monaten die Zinsen an. Inflation gilt in Brasilien ohnehin als Staatsfeind Nummer eins – keiner will eine Rückkehr in die Zeit der Hyperinflation. Insgesamt sehen wir in Brasilien derzeit nur zyklische und nicht strukturelle Probleme.

e-fundresearch: Was für eine Rolle spielt Mexiko in Ihrem Portfolio? (ISIN: IE00B04R3D07)

Herz: Mexiko darf man auch nicht vergessen. Obwohl Mexiko nur 25 Prozent des Index (MSCI Latin America 10/140, Anmerkung) ausmacht ist es eines der wenigen Länder in dem derzeit die Inflation sinkt, gleichzeitig ist das Lohnwachstum stark. Aber auch Chile ist sehr interessant, allerdings ist der Markt wegen der Pensionsfonds, die regelmäßig in chilenische Aktien investieren, teuer. Auch in Kolumbien werden die Bewertungen von den Pensionsfonds getrieben. Insgesamt liegt der Schwerpunkt im Fonds jedoch eindeutig bei Brasilien und Mexiko.

e-fundresearch: Was stellt für Sie die größte Herausforderung bei Schwellenländer-Investments dar?

Herz: Das richtige Markttiming zu finden ist in den Emerging Markets sehr schwierig. Wenn sich diese Märkte drehen, dann sehr dynamisch wie das etwa 2009 der Fall war. Den richtigen Boden wird man hier wahrscheinlich nie finden. Investoren sollten deshalb einen langfristigen Investmentstrategie verfolgen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Schwellenländer auf längere Sicht outperformen werden.

e-fundresearch: Herr Herz, wir bedanken uns für das Gespräch.

 


 

Der Magna Latin American Fund wurde im Dezember 2004 aufgelegt und wird von den Charlemagne Capital-Experten Stefan Herz und Ian Simmons gemanagt. Das Portfolio setzt sich aus 30 bis 40 Titeln zusammen und weist einen Tracking Error von 4,7 Prozent auf. Seit seiner Auflegung hat der Fonds eine Performance von +254,4 Prozent erzielt. Nach einem Minus von 53,7 Prozent im Jahr 2008 ist die Performance 2009 (+107,5 Prozent) sowie im Vorjahr (+33,7 Prozent) wieder in den positiven Bereich gedreht.

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