Seitdem springen verschiedene Kritiker immer wieder darauf an, so dass die Kritik nicht abreißt. Meiner Meinung nach wird das auf absehbare Zeit so bleiben. Und die Schuld daran trägt die Branche zu einem großen Teil selbst!
Die ETF-Anbieter reagierten auf die Kritik von FSB, BIZ und IMW eher verhalten. Offenbar hofften sie darauf, dass sie von allein schnell wieder in den Hintergrund gerät. Doch daraus wurde nichts, wie man sieht: Erst vor wenigen Tagen schoss der Londoner Fondsmanager Terry Smith von Fundsmith in seinem Newsletter gegen ETFs und bezog sich dabei auf die Kritik der drei genannten Organisationen. Auch die britische Finanzpresse wird nicht müde, die Fonds in teilweise mehrseitigen Beiträgen zu kritisieren – unter Berufung auf FSB, BIZ und IWF.
Da zeigt sich, was schlechtes Krisenmanagement anrichten kann! Denn statt den Vorwürfen mit einer Stimme zu widersprechen, kämpften die wenigen Anbieter, die aktiv wurden, lieber für sich allein und schossen dabei gegen Wettbewerber, um sich zu profilieren. Die Mehrheit schwieg die Angelegenheit sowieso lieber tot. Denn dieses Verhalten hat in meinen Augen dazu geführt, dass die unterschiedlichen Blickwinkel und Argumente der Anbieter, die sich zu Wort gemeldet haben, die Investoren zusätzlich verwirrt statt aufgeklärt haben.
Damit wird sich die Branche meiner Meinung nach noch eine ganze Weile herumschlagen müssen. Warum? Die Kritik kommt von allen Seiten. Und sie geht von Medien, Experten beziehungsweise Organisationen aus, die in der Finanzbranche anerkannte Institutionen sind. Das verleiht ihnen enorme und lang anhaltende Durchschlagkraft. Zudem fehlt es Investoren an Fachwissen um ETFs, um die verschiedenen Argumente, die im Zuge der Diskussion auftauchen, einordnen und bewerten zu können.
Da die Kritik anhalten wird, ist es für die Branche noch immer nicht zu spät, zu reagieren. Aber wie? Sie sollte zeigen, dass die geäußerten Kritikpunkte zwar zum Teil richtig, aber aufgrund der Produktkonstruktionen und der gesetzlichen Regulierung von ETFs größtenteils unberechtigt sind. Ich habe an anderer Stelle bereits gesagt, dass die ETF-Branche dringend einen gemeinsamen Verband braucht, um auf künftige Krisen einstimmung und professionell reagieren zu können. Aber mir ist klar, dass sich so eine Organisation nicht innerhalb weniger Wochen einrichten lässt.
Was bleibt der Branche also übrig? Anbieten würde sich eine unternehmensübergreifende Arbeitsgruppe, die der Branche als Sprachrohr dient. Sie könnte meiner Ansicht nach sehr schnell aktiv werden. Denn die unterschiedlichen Anbieter verfügen ja bereits über reichlich Markt- und Produktanalysen, die nur noch zusammengefasst und einheitlich aufbereitet werden müssten. Aber um es klar zu sagen: Eine solche Arbeitsgruppe ist keine Alternative zu einem Verband, sondern nur eine vorübergehende Lösung – quasi eine schnelle Eingreiftruppe.
Zudem muss die Branche etwas dafür tun, dass die Investoren aufkommende Kritik besser verstehen, einordnen und bewerten können. Denn wer die verschiedenen Argumente selbst durchdenken kann, nimmt Kritik nicht nur auf und hilft, sie zu verbreiten. Daher muss die Ausbildung der Investoren ganz oben auf den Agendas der ETF-Anbieter und -Dienstleister stehen. Entsprechende Maßnahmen wirken zwar eher langfristig und helfen der Industrie bei der aktuellen Diskussion nicht weiter. Sie werden sich aber in der Zukunft auszahlen. Denn die Branche wird – wie jede andere Branche auch – immer mal wieder Kritik erleben.
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Über den Autor Detlef Glow, MBA (UoW):
Glow begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Thomson Reuters - Lipper. Seit Anfang 2007 war er dort Leiter der Fondsanalyse für Zentral-, Nord- und Osteuropa. Seit Herbst 2010 ist Herr Glow Head of Lipper EMEA Research und damit Leiter der Fondsanalyse Europa, Mittlerer Osten und Afrika. Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanger für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.
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