Dieser Eindruck hat mich zuletzt nach der Konferenz ETF & Indexing in Frankfurt und dem Institutional Investor Congress in Wien beschlichen. Aus meiner Sicht ist diese neue Harmonie sowohl für die Anbieter als auch die Investoren von Vorteil. Aber woher kommt sie?
In den vergangenen Jahren haben die einzelnen Anbieter auf Konferenzen, Messen und Roadshows eher gegeneinander als miteinander gespielt. Das galt schon für die verschiedenen ETF-Anbieter - je nachdem, ob ihre Fonds die Indexentwicklungen über Derivate nachvollzogen haben oder indem sie die Indexpapiere im Portfolio hielten. Beide Seiten zeigten gern mit dem Finger aufeinander und machten auf die Gefahren des Kontrahentenrisikos beziehungsweise der Wertpapierleihe aufmerksam.
Als dann neben ETFs ähnliche Produkte wie ETCs oder ETNs auf den Markt kamen, wurde es noch verzwickter. Mit diesen Produkten, die ja rechtlich gesehen Inhaberschuldverschreibungen und nicht wie Fonds Sondervermögen sind, wollten die ETF-Anbieter bloß nicht in Verbindung gebracht werden. Daher wurden sie nicht müde, auf die Unterschiede hinzuweisen.
Meiner Empfinden nach hat sich das in letzter Zeit geändert. Auf den Veranstaltungen, die ich in den vergangenen Wochen besucht habe, präsentierten sich die verschiedenen Anbieter von ETFs, ETCs und ETNs harmonisch nebeneinander. In Vorträgen und Posiumsdiskussionen sprachen sie einhellig darüber, wie gut sich ihre Produkte ergänzen würden. Früher war es üblich, sich in solchen Runden anzugreifen.
Aber woher kommt diese neue Harmonie? Meiner Ansicht nach gibt es dafür zwei Gründe. Zum einen scheinen die Anbieter verstanden zu haben, dass sie mehr Anleger von den grundsätzlichen Vorzügen von ETFs, ETCs und ETNs überzeugen können, wenn sie ihre Wettbewerber nicht kritisieren. Sie haben wohl erkannt, dass es besser ist, gemeinsam die Vorteile dieser Instrumente zu vertreten. Denn insgesamt betrachtet sind die Produkte ähnlich und zielen auf die gleiche Gruppe von Anlegern. Zum anderen haben heutzutage fast alle ETF-Anbieter sowohl replizierende als auch Swap-basierte Produkte im Angebot. Einige ETF-Anbieter bieten inzwischen sogar auch ETCs an oder umgekehrt. Aus diesem Grund macht es für die Gesellschaften keinen Sinn mehr, auf die Nachteile bestimmter Produktarten einzugehen, da sie damit auch ihr eigenes Geschäft unter Druck bringen würden.
Aus meiner Sicht ist die neue Harmonie in der Branche von Vorteil - sowohl für die Produktanbieter als auch für die Investoren. Denn endlich können sich beide Seiten auf die wesentlichen Dinge bei der Produktauswahl konzentrieren, anstatt Zeit mit marketing-getriebenen Störfeuern zu verschwenden. Professionelle Anleger reagieren sowieso nur verhalten auf Kritikpunkte, die nicht von den eigenen Analyseabteilungen ausgelöst oder bestätigt wurden. Daher hat die frühere Kritik ihr eigentliches Ziel oftmals verfehlt und vor allem zur Verunsicherung privater Anleger beigetragen.
Dies soll nicht bedeuten, dass die Anbieter von ETFs, ETCs und ETNs nicht auch weiterhin auf Fehler anderer Anbieter hinweisen sollen. Jedoch sollten sie diese Kritik sachlich vorbringen, um nicht das stetig wachsende Pflänzchen des Anlegervertrauens zu zerstören. Auf der anderen Seite sollten sich Investoren bei Kritik an einfach nachvollziehbaren Finanzprodukten wie ETFs immer fragen, woher die Einwände kommen und welches Ziel dahinter stecken könnte.
Ich bin der Ansicht, dass die Produktanbieter nur durch Kritik aus dem Markt besser werden können. Denn nur dadurch können sie die Interessen und Bedürfnisse ihrer Kunden kennenlernen.
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Über den Autor Detlef Glow, MBA (UoW):
Glow begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Thomson Reuters - Lipper. Seit Anfang 2007 war er dort Leiter der Fondsanalyse für Zentral-, Nord- und Osteuropa. Seit Herbst 2010 ist Herr Glow Head of Lipper EMEA Research und damit Leiter der Fondsanalyse Europa, Mittlerer Osten und Afrika. Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanger für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.
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