Verschiebung der KESt-Abzugspflicht
Der VfGH hat in Reaktion auf eine Klagseinbringung österreichischer Banken unmittelbar nach Abhaltung der mündlichen Verhandlung am 16.6. 2011 die grundsätzliche Verfassungskonformität der neuen Kapitalertragsbesteuerung von Wertpapieren. bestätigt (VfGH G 18/11-14). Der VfGH hat in seinem Erkenntnis ausgeführt, dass er zwar die Abzugsverpflichtung der Banken per 1.10.2011 aufgrund der zu knappen Umsetzungsfrist für die Banken als verfassungswidrig erachtet, er hat allerdings die grundsätzliche Konzeption einer Kursgewinnbesteuerung für verfassungskonform befunden (etwa Effizienzgebot oder die Kostentragung durch Banken). Bezüglich der übrigen inhaltlichen Vorbringen (z.B. Kapitalmaßnahmen oder Liquidität) hat sich der VfGH nicht gesondert geäußert. Diese Themen waren nach Auffassung des VfGH nicht zu behandeln, da es an einem unmittelbaren Eingriff in die Rechtssphäre der Banken gemangelt hat.
Nachdem das BMF bereits vor Veröffentlichung des VfGH-Erkenntnisses das Inkrafttrreten der Abzugsverpflichtung der Banken im Entwurf eines Abgabenänderungsgesetzes 2011 vom 1.10.2011 auf den 1.4. 2012 angekündigt hat, konnten die geplanten steuerlichen Änderungen im Rahmen des AbgÄG 2011 weitgehend aufrecht bleiben.
Die Verschiebung der KESt-Abzugspflicht gemäß § 27 iVm § 95 EStG (vom 1.10. 2011 auf den 1.4. 2012) betrifft alle Wertpapiere und verbrieften Derivate (§ 124b Z 185 EStG). Die Steuerhängigkeit von Aktien sowie Investmentfonds- und Immobilienfondsanteilen für Erwerbe ab 1.1. 2011 ist weiterhin aufrecht.
Steuerausländer, die Immobilienfonds halten
Das BMF hat die Unverhältnismäßigkeit einer KESt Pflicht von inländischen Immobilienerträgen von offenen Immobilienfonds (inkl. Einbeziehung in die neue Kursgewinnbesteuerung), die von Steuerausländern gehalten werden, erkannt. Die KESt-Pficht entfällt, in dem die bisher bestehende KESt-Befreiung in § 94 Z 8 EStG wieder verankert worden ist. Die Erträge bleiben veranlagungspflichtig.
II) Änderungen InvFG 2011
a) Allgemeines zu Besteuerung in- und ausländischer Fonds:
Durch die neue Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen wird das bestehende österreichische Kapitalertragssteuersystem auf sämtliche realisierte Kursgewinne aus depotfähigen Wertpapieren (inkl. Fondsanteilen) ausgeweitet. Banken haben künftig neben Zinsen und Dividenden aus Wertpapieren auch auf Kursgewinne aus Wertpapieren 25% Kapitalertragsteuer einzubehalten. Nachdem die Besteuerung der Investmentfonds grundsätzlich auch dem Transparenzprinzip verpflichtet ist (die vom Fonds vereinnahmten Erträge wie Zinsen, Dividenden und Kursgewinne werden beim Anteilinhaber in die jährliche steuerliche Bemessungsgrundlage miteinbezogen, unabhängig davon, ob der Fonds auch eine Ausschüttung der Fondserträge tätigt), werden die Kapitalerträge künftig auf zwei Ebenen besteuert. Einerseits werden die jährlich vom Fonds erzielten Erträge einer Kapitalertragsteuer unterworfen (Fondsebene), andererseits haben die Banken künftig auch Kursgewinne aus einer allfälligen Veräußerung der Fondsanteilscheine (Anteilscheinebene) mit 25%-igen Kapitalertragsteuer abzurechnen (die einjährige Spekulationsfrist gilt nur mehr für Fondsanteilscheine, die vor dem 1.1. 2011 erworben wurden). Eine Doppelbesteuerung der Kapitalerträge aus Investmentfonds wird dadurch vermieden, dass die KAGs, die bereits jährlich steuerlich vom Anleger erfassten Erträge im Wege der OeKB an die Banken melden, welche diese Erträge den individuell in den Banksystemen erfassten Anschaffungskosten der Fondsanteile ihrer Kunden hinzubuchen. Durch die Zubuchung der bereits versteuerten ausschüttungsgleichen Erträge wird der Kursgewinn aus der Veräußerung der Fondsanteilscheine reduziert, eine effektive Doppelbesteuerung somit vermieden. Die Besteuerung der Anteilscheinebene durch die Banken hat nunmehr erstmals am 1.4. 2012 zu erfolgen (für Anteilscheine, die nach dem 31.12. 2010 erworben werden).
b) Änderungen
1) WICHTIG - Verschiebung der Besteuerung der ausschüttungsgleichen Erträge (insbesondere realisierter Kursgewinne) auf Fondsebene
Die allgemeines Verschiebung der KESt-Abzugspflicht gemäß § 27 iVm § 95 EStG auf Anteilscheinebene (vom 1.10. 2011 auf den 1.4. 2012) hat auch Auswirkungen auf die Besteuerung der Fondsebene.
Die Verschiebung der KESt-Abzugspflicht auf Anteilscheinebene auf den 1.4.2012 hat auch zu einer Verschiebung des Inkrafttretens der Ausweitung der Definition des ausschüttungsgleichen Ertrag auf den 1.4. 2012 geführt (§ 198 Abs 2 Z 1 InvFG). Dies bedeutet, daß die Erweiterung der Kursgewinn-BMGl (auf Renten und Rentenderivate) sowie die Ausweitung der Verlustverrechnung auf Fondsebene erstmals erst für GJ, die im Kalenderjahr 2013 beginnen, vorgesehen sind (bisher: GJ, die im KJ 2012 beginnen).
Auswirkungen der Besteuerung auf Fondsebene im Konkreten:
Für GJ des Fonds, die nach dem 30.6. 2011 beginnen, steigt der Prozentsatz auf 30% (BMGl: realisierte Kursgewinne aus Aktien- und Aktienderivate).
Für GJ des Fonds, die im KJ 2012 beginnen, steigt der Prozentsatz auf 40% (BMGl: realisierte Kursgewinne aus Aktien- und Aktienderivate)
Für GJ des Fonds, die im KJ 2013 beginnen, würde erstmals die Erweiterung der BMGl auf Fondsebene (auf realisierte Kursgewinne aus Renten- und Rentenderivate) anzuwenden sein, dann mit einem Prozentsatz von 50%.
Gleichzeitig würde auch die neue (erweiterte) Verlustverrechnung inkl. Verlustvortrag auf Fondsebene zur Anwendung kommen (Verrechnung von Kursverlusten primär mit Kursgewinnen, danach mit Zinsen und Dividenden) Für GJ des Fonds, die im KJ 2014 beginnen, beträgt der Prozentsatz dann 60%.
Die Besteuerung der realisierten Kursgewinne im Betriebsvermögen kommt ebenfalls erst für GJ, die im KJ 2013 beginnen, zur Anwendung.
Die zeitlichen Änderungen beim Ertragsausgleich (Erweiterung auf Dividenden und Substanzerträge) verschieben sich ebenfalls entsprechend.
2) Steuerpflichtige Ausschüttungen
Substanzausschüttungen in- und ausländischer Fonds können gemäß § 186 Abs 1 letzter Satz InvFG steuerneutral erfolgen, soferne eine Ausschüttungsreihenfolge eingehalten wird (zuerst ordentliche Erträge, dann Substanzgewinne, dann reine Substanzausschüttung). In diesem Fall reduzieren Substanzausschüttungen die Anschaffungskosten der Fondsanteile (§ 186 Abs 3 zweiter Satz InvFG). Ausschüttungen, die bereits als ausschüttungsgleicher Ertrag (inkl. inländ. Dividenden) erfaßt worden sind, sind ebenfalls steuerneutral (§ 186 Abs 3 erster Satz).
3) Präzisierung der Definition ausschüttungsgleiche Erträge
Nicht ausgeschüttete Substanzgewinne müssen nicht in einen steuerpflichtigen und steuerfreien Teil aufgeschlüsselt werden. Wir gehen davon aus, daß hinsichtlich des Inkrafttretens hier ebenfalls die GJ-Betrachtung bezüglich der Fonds gilt (§ 186 Abs 2 Z 1 erster Satz).
4) Meldung ausschüttungsgleicher Erträge (OeKB)
Die täglichen KESt-Meldungen für in- und ausländische Fonds laufen bis 1.4.2012 weiter (bisher wären diese ab 1.10.2011 entfallen), danach hat nur mehr eine Jahresmeldung der ausschüttungsgleichen Erträge - ausschließlich an die OeKB - zu erfolgen. Der Status blütenweißer Fonds endet somit per 31.3. 2012.
5) Definition ausschüttungsgleicher Erträge ausländischer Fonds
Die bisherigen Bestimmungen zur Ermittlung ausschüttungsgleicher Erträge ausländischer Fonds laufen gemäß § 198 Abs 2 Z 1 InvFG – so wie bei den inländischen Fonds (Ausnahme: Sonderbestimmung Betriebsvermögen gemäß § 42 Abs 3 InvFG Alt) – für Geschäftsjahre, die im Kalenderjahr 2012 beginnen, weiter. Details siehe bereits Pkt 1. zuvor.
Die bisher bestehende pauschale Ermittlung ausschüttungsgleicher Erträge schwarzer Fonds läuft bis 31.3. 2012 weiter (§ 42 Abs 2 InvFG Alt). Die Sicherungs-KESt läuft bis 31.3. 2012 weiter. Ab 31.12. 2012 kommt für ausländische schwarze Fonds erstmals die neue pauschale Besteuerungsregel des § 186 Abs 2 Z 3 InvFG zur Anwendung (Jahresbesteuerung).
Das BMF hat in § 186 Abs 2 Z 3 InvFG weiters klargestellt, daß im Falle einer fehlenden KESt-Meldung bezüglich der Ertragsbestandteile der Ausschüttung der „weiße Fondsstatus“ des ausländischen Fonds nicht betroffen ist. Die Ausschüttung ist aber zur Gänze steuerpflichtig.
6) Fondsfusion - Fondszusammenlegung
Das BMF hat nach Diskussionen mit der Branche sehr wohl erkannt, daß bei den Fondsfusionen die im Erstentwurf enthaltene Annahme eine Realisierung der stillen Reserven der Wertpapiere des untergehenden Fonds im Fusionszeitpunkt nicht sinnvoll ist.
Die Buchwertfortführung hinsichtlich der Wertpapiere des untergehenden Fonds wurde vom BMF deshalb grundsätzlich als zielführend erachtet.
Bedenken wurden allerdings hinsichtlich einer allfälligen Verwässerung der stillen Reserven des untergehenden Fonds gesehen, die in den aufnehmenden Fonds übertragen werden und dort auf alle Anteilinhaber (inkl. ausländische Anteilinhaber) aufgeteilt werden.
Zumindest für inländische Fondsfusionen ist eine Verschiebung der stillen Reserven auf Basis der Erläuterungen zu § 186 Abs 4 nicht anzunehmen, Nachweise sind somit nicht erforderlich. Entsprechende Fondszusammenlegungen sollten deshalb zu Buchwerten möglich sein.
Die laufenden Erträge des untergehenden Fonds gelten gemäß § 186 Abs 4 Z 2 im Fusionszeitpunkt als zugeflossen (Ausnahme Verlustvorträge).
Der Umtausch der Anteile selbst gilt nicht als steuerpflichtige Realisierung bzw Veräußerung (§ 186 Abs 4 Z 3). Die Bestimmung soll per 1.4. 2012 in Kraft treten.
Zum Autor: Mag. Thomas Zibuschka ist Steuer- und Rechtsexperte bei der Vereinigung Österreichischer Investmentfondsgesellschaften (VÖIG) in Wien.
Gastkommentare werden von anerkannten Experten verfasst, deren Meinungen nicht mit jener der e-fundresearch.com Redaktion übereinstimmen müssen.