e-fundresearch: Herr Wolle, Sie sind Fondsmanager des Invesco Balanced Risk Allocation Fonds (ISIN: LU0432616737). Seit wann sind Sie für das Management dieses Fonds verantwortlich?
Wolle: Mein Team und ich managen den Fonds seit seiner Auflage im September 2009. In den USA verantworten wir einen vergleichbaren Publikumsfonds seit September 2008.
e-fundresearch: Orientieren Sie sich an einer Benchmark? Wenn ja, an welcher?
Wolle: Die offizielle Benchmark des Fonds ist 60% MSCI World + 40% JP Morgan Europe Government Bond Index, wobei dies eher ein Vergleichsindex unter Risikogesichtspunkten ist, als eine Orientierung für das Management des Fonds. Der Fonds strebt bei vergleichbarer Volatilität an, durch intelligente Risikodiversifikation höhere Erträge zu erzielen.
e-fundresearch: Managen Sie aktuell auch noch andere Fonds oder Mandate?
Wolle: Ja, mein Team von Invesco Global Asset Allocation und ich managen noch eine Reihe weiterer Fonds und Mandate, schwerpunktmäßig in den USA, aber auch in Asien und Europa.
e-fundresearch: Wie hoch ist das Gesamtvolumen, das Sie derzeit verwalten?
Wolle: Invesco Global Asset Allocation verwaltet per 30.6.2011 ein Volumen von USD 10,0 Milliarden
e-fundresearch: Zur Performance: welche Ergebnisse konnten Sie seit Beginn des Jahres und in den letzten fünf Kalenderjahren, d.h. 2006 und 2007, 2008, 2009, 2010 erzielen? Sowohl absolut als auch relativ gegenüber der relevanten Benchmark.
Wolle: Der Fonds wurde am 1. September 2009 aufgelegt und erreichte, gemessen jeweils an der A-Anteilsklasse, in 2009 eine Wertentwicklung von 5,30% (Benchmark 6,10%) in 2010 von 13,30% (Benchmark 13,17%) sowie seit Jahresbeginn 2011 bis Ende Juli eine Performance von 7,12% (Benchmark -1,51%). Insbesondere seit Jahresbeginn beweist sich der Mehrwert der intelligenten Risikodiversifikation.
e-fundresearch: Wie sind Sie selbst mit Ihrer Leistung in den Vorjahren und in diesem Jahr zufrieden?
Wolle: Ich glaube, dass der im Fonds umgesetzte Ansatz, die Anlagen nach ihrem Risikobeitrag gleich zu gewichten, nachhaltig seine Stärke und seinen Mehrwert hat beweisen können. Neben unserer strategischen Risikogleichgewichtung hat darüber hinaus auch unsere taktische Positionierung positiv zur Wertentwicklung beigetragen. Demnach denke ich, dass die erzielten Renditen in diesem schwierigen Marktumfeld durchaus erfreulich sind.
e-fundresearch: Welche Ergebnisse würden Sie in diesem Zusammenhang als sehr gut, mittelmäßig und enttäuschend bezeichnen?
Wolle: Als Fondsmanager ist es ihr Ziel, die Treiber für aktuelle Marktentwicklungen richtig einzuordnen und das Portfolio entsprechend der sich daraus ergebenen Marktchancen zu positionieren. Demnach bewerte ich ein Ergebnis dann als sehr gut, wenn das verfügbare Risikobudget des Fonds im Rahmen der Möglichkeiten Ertrag bringend -oder Verlust vermeidend- eingesetzt worden ist. Dabei denke ich eher mittel- bis langfristig. Langfristig gute Ergebnisse lassen sich erzielen, wenn Sie mit der richtigen Strategie in den richtigen Märkten investiert sind. Dabei bin ich bereit, kurzfristige Verluste für den langfristigen Erfolg in Kauf zu nehmen. Enttäuschend sind Ergebnisse, die auch langfristig die sich bietenden Marktchancen nicht haben nutzen können.
e-fundresearch: Wie können Sie durch Ihre Leistung Mehrwert für Ihre Anleger schaffen?
Wolle: Wir setzen im Balanced Risk Allocation Fonds einen innovativen Risikogleichgewichtungsansatz um. Während traditionelle gemischte Fonds mit z.B. 50% Aktien und 50% Rentenanteil zwar von der Allokation ausgewogen erscheinen, sind sie aus Risikosicht doch vom Aktienmarktrisiko dominiert. Überspitzt gesagt, haben sie an solch einem 50/50-Fonds nur dann ihre Freude, wenn der Aktienmarkt läuft. Der Rentenbeitrag wird in der Regel vom der Aktienentwicklung dominiert.
Unser Ansatz versucht nicht in der Allokation sondern nach strategischen Risikobeiträgen der Assetklassen „balanced“, ausgewogen, zu sein. Demnach investieren wir ein Drittel des strategischen Portfoliorisikos in Aktien, Staatsanleihen und Rohstoffe. Im Ergebnis ist der Ergebnisbeitrag aller drei Anlageklasse für den Fonds langfristig gleich wichtig. Sie lösen sich von der Aktienabhängigkeit und nutzen viel breitere Ertragspotentials, zumal wir auch innerhalb der Anlageklassen breit diversifizieren. Darüber hinaus gewichten wir über die taktische Allokation die Anlagen entsprechend unserer kurzfristigen Markterwartungen.
e-fundresearch: Wie lange sind Sie schon Fondsmanager?
Wolle: Ich arbeite seit 1991 in der Investmentindustrie und bin seit 2000 Fondsmanager im Asset Allocation Team von Invesco.
e-fundresearch: Was waren bisher Ihre größten Erfolge und Misserfolge in Ihrer Fondsmanager Karriere?
Wolle: Die Kapitalanlage ist eine langfristig Angelegenheit - umso wichtiger ist es, alle Entscheidungen daraufhin kritisch zu überprüfen, ob sie die richtigen Ergebnisse liefern oder nicht, um die eigene Leistung ständig zu verbessern. Aus diesem Grund spreche ich auch lieber von Lehren als von Erfolgen und Misserfolgen. Zu den wichtigsten dieser Lehren gehören die Disziplin, Ockhams Rasiermesser und die Demut. Ausdruck der Disziplin ist ein klarer, bewährter Anlageprozess, auf den ich mich in jedem Marktumfeld verlassen kann. Einer der schlimmsten Fehler, den Anleger machen können, ist, in schwierigen Zeiten umfangreiche Prozessveränderungen anzustoßen. Ockhams Rasiermesser ist eine Regel, nach der man einen Prozess nur so komplex wie nötig machen sollte. Eine höhere Komplexität ist ganz bestimmt keine Garantie für bessere Ergebnisse, häufig ist sogar das Gegenteil der Fall. Sehr wichtig ist auch die Demut. Arroganz macht blind für Schwachstellen, wodurch unvermeidbare Schwächephasen noch schwerer zu bewältigen sind.
e-fundresearch: In welchem Kapitalmarktumfeld bewegen wir uns Ihrer Ansicht nach derzeit?
Wolle: Die globalen Investoren stehen weiter im Bann der Schuldenkrise in den Euro-Peripherieländern. Ende Juni wurde ein zweites finanzielles Rettungspaket für Griechenland beschlossen. Allerdings adressieren die Liquiditätshilfen die zentralen fundamentalen Probleme des Landes wie die fehlende Wettbewerbs- oder Zahlungsfähigkeit des Landes nicht. Auch wenn es den Staatsanleihemärkten eine kurze Atempause beschert hat, wird also auch dieses Paket kaum eine Lösung der Krise herbeiführen. Entscheidend ist dabei weniger Griechenland und Portugal, sondern, dass Spanien und Italien sich weiterhin zu akzeptablen Konditionen am Kapitalmarkt finanzieren können.
e-fundresearch: Wie agieren Sie in diesem Umfeld?
Wolle: Wir haben die Allokation in globalen Aktien reduziert und auch einige unserer Rohstoffpositionen abgebaut. Im Gegenzug haben wir Staatsanleihen und Gold taktisch übergewichtet.
e-fundresearch: Was sind die speziellen Herausforderungen in der aktuellen Situation?
Wolle: Die Verunsicherung der Marktteilnehmer in Bezug auf die Schuldenkrise in den Euro-Peripherieländern wird die Märkte weiter bewegen. Darüber hinaus kommt das Wirtschaftswachstum in den USA nicht in Schwung, während viele Schwellenländer mit Zinserhöhungen den hohen Kreditwachstum und den Inflationsrisiken begegnen. Im Ergebnis sehen wir eine Zweiteilung der Weltwirtschaft: Auf der einen Seite stehen die dynamisch wachsenden Schwellenländer in Asien und Lateinamerika, auf der anderen die wachstumsschwachen, krisengeschüttelten Länder Westeuropas und Nordamerikas.
e-fundresearch: Welche Ziele haben Sie bis zum Ende des Jahres und mittelfristig für die kommenden 3-5 Jahre?
Wolle: Das Ziel bleibt, durch ein ausgewogenes Portfolio langfristig stabile Erträge für unsere Anleger zu generieren und zwischenzeitliche Schwächephasen als langfristige Chancen zu begreifen.
e-fundresearch: Welche Ergebnisse würden Sie in drei Jahren als sehr gut, neutral und enttäuschend empfinden?
Wolle: Diese Frage ist in Anbetracht der aktuellen Kapitalmarktsituation nicht mit einem konkreten Ertragsziel zu beantworten. Ein gutes Ergebnis wäre aus meiner Sicht, wenn wir durch konsequentes Risikomanagement und breite Diversifikation an den sich bietenden Marktchancen bei Aktien, Anleihen und Rohstoffen teilhaben und dabei zwischenzeitliche Kursrückschläge begrenzen.
e-fundresearch: Gibt es für Sie Vorbilder?
Wolle: Ich konzentriere mich vor allem auf Ideen und Grundsätze und weniger auf eine bestimmte Person. Meine Position setzt eine interessante Kombination von Neugier und intellektueller Flexibilität auf der einen und Disziplin und Pragmatismus auf der anderen voraus.
e-fundresearch: Was motiviert Sie als Fondsmanager in Ihrem Job?
Wolle: Kunden exzellente Ergebnisse zu liefern. Dieser Job hat viele attraktive Seiten – zum Beispiel ist er intellektuell anspruchsvoll und bietet die Möglichkeit, mit talentierten und hochmotivierten Kollegen zusammenzuarbeiten – letztlich ist es aber der Wunsch, das Vermögen unserer Kunden zu schützen und zu vermehren, der uns antreibt.
e-fundresearch: Was wollen Sie noch erreichen bzw. was sind Ihre weiteren Ziele als Fondsmanager?
Wolle: Das Ziel, Kunden zu helfen, ist ein langfristiges Ziel, an dessen Realisierung wir kontinuierlich arbeiten müssen. Dazu gehört die Entwicklung neuer Ansätze der Zusammenarbeit mit dem Kunden. Wir haben eine flexible Struktur aufgebaut, die sich für unterschiedliche Ziele einsetzen lässt; wo immer wir der Meinung sind, dass wir unseren Ansatz mit einer hohen Erfolgswahrscheinlichkeit für unsere Kunden ausbauen können, tun wir dies auch.
e-fundresearch: Welchen Beruf würden Sie gerne ausüben, wenn Sie nicht Fondsmanager wären?
Wolle: Ich liebe meine Arbeit, daher müsste jeder andere Job ähnliche Qualitäten haben: eine nützliche Serviceleistung, eine intellektuelle Herausforderung und außergewöhnliche Kollegen. Wahrscheinlich gibt es mehrere Tätigkeiten, auf die diese Beschreibung zutrifft, aber eine, die ich vielleicht auch interessant gefunden hätte, ist die Architektur.
e-fundresearch: Herzlichen Dank für das Interview!