Solange sich im Euroraum keine nachhaltige Lösung der Staatsschuldenkrise abzeichnet, werde die Stimmungslage jedoch angespannt bleiben, meinen die Allianz Invest Experten.
Mit dem letzten EU-Gipfel und der weltweiten Liquiditätsausweitung der Notenbanken scheint ein wichtiger Schritt zur Bewältigung der Krise vollzogen. „Die Risikoaversion bleibt aber auch 2012 weiterhin das beherrschende Thema. Die Stimmungslage dürfte unverändert davon geprägt sein, wie gut es der Politik gelingt, das Heft des Handelns wieder in die Hand zu bekommen und die Kapitalmärkte aus ihrem Krisenmodus zu befreien“, erklärte Martin Bruckner, Vorstand der Allianz Investmentbank AG und Chief Investment Officer der Allianz Gruppe in Österreich, am Mittwoch vor Journalisten.
Abkühlendes Wirtschaftswachstum, expansivere Geldpolitik
Global haben sich die Vorlaufindikatoren im letzten Quartal deutlich abgekühlt: Während man im Euroraum mit einer Rezession rechnet, dürften die USA 2012 ein niedrig positives Wachstum erzielen. Schwellenländer zeigen eine deutliche Verlangsamung bei höherem Wachstum, wobei die Gefahr des „hard landing“ in China gestiegen ist. Die Risiken für die Finanzstabilität und mögliche konjunkturelle Ansteckungseffekte haben in der Euro-Zone deutlich zugenommen. Kämpfen die EU-Peripherie-Staaten mit rezessiven Entwicklungen, erscheinen Kernländer wie Deutschland, Holland und Österreich robuster. Wachsende Konjunkturrisiken, insbesondere in der Eurozone, und negative Rückkoppelungseffekte als Folge der lang anhaltenden EU-Schulden- und Vertrauenskrise werden das Sentiment weiter belasten.
Positiv hingegen sei der Trend einer expansiven Geldpolitik zu bewerten: Der Leitzins der Federal Reserve stehe bei Null, ein weiteres Quantitative Easing sei nicht ausgeschlossen. Die EZB dürfte weitere Zinssenkungsschritte setzen und zumindest in begrenztem Rahmen die EU-Anleihenmärkte unterstützen, in den Schwellenländern habe der Zinssenkungszyklus begonnen. Das Makroszenario sowie die expansive Ausrichtung der Notenbanken wirken unterstützend für Anleihenmärkte. Bei den Aktienmärkten geben die jüngsten fundamentalen Faktoren jedoch auch Grund zur Hoffnung: Renditesuchende Liquidität trifft auf attraktive Bewertungen, hohe Dividendenrenditen und historisch niedrige Aktieninvestitionsquoten. „Die Politische-Unsicherheits-Prämie und damit die Volatilität an den Märkten dürfte allerdings weiter hoch bleiben“, erklärte Mag. Christian Ramberger, Geschäftsführer der Allianz Invest KAG.
Chancen für Anleger: Emerging Markets-Anleihen
„Im derzeitigen Umfeld raten wir den Anlegern, Anleihen gegenüber Aktien überzugewichten“, erklärte Bruckner die Anlagestrategie der Allianz für das erste Quartal. Auf der Anleihenseite ist der Ausblick speziell in der Eurozone jedoch sehr differenziert zu beurteilen. Dabei empfiehlt die Allianz, Emerging Markets und Unternehmensanleihen überzugewichten. Staatsbilanzen und absolutes Wachstum sind in den meisten Emerging Markets besser als für Developed Markets. Auch in den BRIC-Staaten sind schwächere Wachstumstendenzen erkennbar, die geldpolitische Wende bietet Chancen. Die erstmals seit Jahren expansivere Geldpolitik der Zentralbanken sollte sich auch gut für die Rentenseite auswirken – so haben etwa Brasilien und China ihre geldpolitischen Zügel wieder etwas gelockert. Investmentgrade-Anleihen sind auf Grund der fundamental guten Unternehmenssituation attraktiv, während man weiterhin Unternehmensanleihen der Peripherieländer meiden sollte.
Auf der Aktienseite empfiehlt die Allianz, USA über- und Europa sowie Japan unterzugewichten, und Emerging Markets neutral zu halten. Der US-Wirtschaftsausblick hat sich bei niedrig positivem Wachstum stabilisiert. Dabei werde der Aktienmarkt weiter vom defensiven Charakter profitieren und der US-Dollar dürfte 2012 noch stärker tendieren. „In den USA stehen 2012 Präsidentschaftswahlen an – dies ging in der Vergangenheit mit einer guten Aktienmarktperformance einher“, so Ramberger.
Das Gesamtjahr 2012 sieht die Allianz besser als es die derzeitige Stimmung vermuten ließe: Auch, wenn kurzfristig der hohe Refinanzierungsbedarf und die Rekapitalisierung der Banken erste Stolpersteine für die Kapitalmärkte darstellen könnten, sei die mögliche rasche Umsetzung koordinierter politischer Maßnahmen positiv zu bewerten. „Die einzige Konstante bleibt die Unsicherheit“, so Bruckner abschließend.