Gewitterstimmung in den USA
Über den Vereinigten Staaten braut sich ein heftiges Börsengewitter zusammen. Denn Amerikas Unternehmen stehen unter dem Generalverdacht der Bilanzfälschung. Aber nicht nur das: Nun holt auch noch US-Präsident George W. Bush und seinen Vize Dick Cheney ihre Vergangenheit in der Wirtschaft ein. Gegen Cheney wurde bereits Anklage erhoben.
Vergleich mit den 30er Jahren?
Das Vertrauen der Anleger ist dahin und die politische Führung der Supermacht USA selbst in der Kritik: Skeptiker vergleichen die aktuelle Börsenlage bereits mit der Baisse der 30er Jahre. Das mag überzogen ein. Doch zurzeit überwiegt die Skepsis an den Aktienmärkten. „Heute wie damals entstanden Kursentwicklungen, die im Nachhinein als spekulative Blase bezeichnet werden müssen“, bestätigt André Wetzel vom Deutschen Aktieninstitut.
Auf der Suche nach Vertrauen
„Realwirtschaftlich spricht aber wenig für eine Wiederholung von 1929. Die anhaltenden Kursverluste müssen primär als Folge der Skandale betrachtet werden“, so Wetzel weiter. „Zuerst muss das Vertrauen der Investoren wieder zurück gewonnen werden“, sagt daher Elisabeth Staudner, Geschäftsführerin der österreichischen Constantia Privatbank KAG.
Anlagestrategen unter Handlungsdruck
Für die Anlagestrategen der Fondsgesellschaften ergibt sich nun Handlungsbedarf. Sollen US-Aktien untergewichtet werden? Und wenn ja, wie stark? Und was soll stattdessen gekauft werden? Asset Allocation sagen die Experten zu dieser Aufteilung des Vermögens auf bestimmte Regionen. Maßstab dafür ist der weltweite Aktienindex MSCI World. Anhand dessen gewichten die Anlagestrategen Regionen über oder unter.
USA untergewichten
Klar auf Untergewichten steht bei den Anlagestrategen momentan Nordamerika, also die USA und Kanada. Das US-Investmenthaus Morgan Stanley beispielsweise hat diese Region derzeit mit 52 Prozent gewichtet. Zum Vergleich: Im MSCI World liegt der Wert bei etwa 57 Prozent. Noch pessimistischer ist die britische Fondsgesellschaft Baring. Sie hat eine Nordamerika-Position von nur 46 Prozent. „Die Welt sucht nach einem neuen Wachstumsmotor, da die US-Wirtschaft erst die Exzesse der späten 90er Jahre bekämpfen muss“, erklärt Robert Pelosky, Chefstratege von Morgan Stanley. Alternativen sind also gefragt.
Europa ist erste Wahl
Europa ist hier die erste Wahl der Anlagestrategen. Wichtig allerdings: Großbritannien wird nicht dazu gezählt. Die ADIG, Fondsgesellschaft der Commerzbank, setzt zu 22,43 Prozent auf Europa – rund drei Prozent mehr als im MSCI World. Auch Credit Suisse Asset Management gewichtet Europa mit zwei Prozentpunkten über. Begründung der Anlagestrategen: Europäische Aktien sind günstiger bewertet als US-Titel und unterliegen nicht dem Wechselkursrisiko des schwachen Dollar. „Ein Crash des US-Dollar ist aber unwahrscheinlich“, beruhigt Robert Pelosky.
Defensives Großbritannien
Einen anderen Akzent setzt Baring: Nicht Europa, sondern Großbritannien wird von den Briten übergewichtet. „Der britische Aktienmarkt ist weniger technologielastig als andere Märkte“, so die Begründung von Baring. Geringere Kursverluste als beim Euro Stoxx 50 sind die Folge. Statt 11 Prozent wie im MSCI World, rät die Fondsgesellschaft zu einer Gewichtung von 15 Prozent.
China und Indien als Retter der Weltwirtschaft
Einig sind die Anlagestrategen bei den Emerging Markets. Hier lautet ihre Empfehlung einhellig: „übergewichten“. „Die Aktien der Emerging Markets sind im Frühstadium einer langjährigen Outperformance“, sagt Robert Pelosky von Morgan Stanley. Er sieht China und Indien als neue Antriebskräfte der weltwirtschaftlichen Erholung. Russland wachse zwar auch, sei von der absoluten Größe her aber zu klein. In seinem Musterportfolio arbeitet Morgan Stanley mit einer 6-prozentigen Position in den Emerging Markets. Zum Vergleich: Im MSCI World sind die Emerging Markets gar nicht vertreten.