Mit der beginnenden Berichtssaison kommt auf die Fondsmanager viel Arbeit zu. Jede neue Quartalsbilanz bietet Gelegenheit, das Fondsportfolio auf Vordermann zu bringen. Im High-Tech-Bereich geben in dieser Woche einige Schwergewichte ihren Bericht ab, darunter Intel, Apple, Ebay, Microsoft und Sun Microsystems. Zwar hätten die Quartalsberichte in der jüngeren Vergangenheit „meistens eher negative Überraschungen“ bereitgehalten, sagt Andreas Kraft, Fondsmanager des DWS US Technoaktien Typ O. Aber immerhin: Diesmal habe es vor Start der Berichtssaison deutlich weniger Gewinnwarnungen gegeben als im vorigen Quartal.
Gute Nachrichten von Juniper Networks und Dell
Gute Nachrichten hatten an der Nasdaq Ende vergangener Woche für Hoffnung gesorgt. Positive Zahlen gab’s zum Beispiel vom Internet-Ausrüster Juniper Networks. Das Unternehmen hat im zweiten Quartal wieder die Gewinnzone erreicht. Im Vorjahr hatte es noch Verluste verzeichnet. Auch Dell versetzte den US-Tech-Werten einen Schub. Der Computerhersteller hatte trotz eines schwachen Marktumfeldes für das laufende zweite Geschäftsquartal seine Umsatz- und Ergebniserwartungen angehoben.
Die Skepsis bleibt
Insgesamt ein positives Signal für die Branche, hofften einige Händler. Aber der Optimismus konnte sich nicht durchsetzen. Dell habe der Nasdaq zwar ein leichtes Kursplus beschert, „die Nachrichten sind aber nicht so positiv. Der Anstieg spiegelt auch die Tatsache wider, dass die Nasdaq zuvor die höchsten Verluste verbucht hat." sagt Brian Pears, Leiter Aktienhandel bei Victory Capital Management. Auch Hans Leitner, Fondsmanager bei der Wiener ERSTE Sparinvest, sieht keinen Grund für Höhenflüge: „Im heurigen Jahr gibt es an der Nasdaq nichts mehr zu verdienen.“ Das Kursziel für den Nasdaq Composite zu Jahresende liege bei 1150 bis1450 Punkten. Zum Ende der vergangenen Woche lag der Index bei 1373 Punkten.
Fünfjahres-Tief an der Nasdaq
Im letzten Jahr haben die Technologiewerte in den USA besonders gelitten. Während die Branche im asiatisch-pazifischen Raum ein Plus von elf Prozent schaffte, lag Nordamerika mit minus 45 Prozent ganz hinten. Europa stand mit minus 43 Prozent allerdings nicht viel besser da. „Die Nasdaq liegt wieder auf dem Niveau von vor fünf Jahren“, schreiben die Analysten von Merrill Lynch.
Schwache Nachfrage im High-Tech-Bereich
Zurückhaltung bei High-Tech-Werten empfiehlt derzeit Fondsmanager Klaus Breil, der für Adig den Fondamerika verwaltet. „Ich sehe gegenüber den traditionellen Industriewerten eine weniger günstige Entwicklung“, meint er. Ein Grund: die schwache Nachfrage. „Es sind erhebliche Kapazitäten im Technologiesektor vorhanden. In normalen Zeiten wären diese nicht zu hoch. Aber im Moment besteht eine deutliche Investitionszurückhaltung der Branchen, die in den Aufschwungjahren besonders investitionsfreudig waren“, sagt Breil.
Schwung an Weihnachten
„Es hat sich noch nichts wirklich verbessert“, meint auch DWS-High-Tech-Experte Kraft. Allerdings: Es sei wahrscheinlich, „dass der Markt mal kurzfristig läuft“. Vor allem im Winter werde wieder Schwung in die Tech-Aktien kommen, erwartet Kraft. „Das klappt jedes Jahr. Richtig wachsen wird der Sektor aber erst wieder Mitte, Ende kommenden Jahres.“
Erfolg mit Outsourcing und Internet
Schwere Zeiten für Manager von High-Tech-Fonds. Andreas Kraft setzt in diesem Marktumfeld auf sorgfältige Auswahl von Sektoren und Einzeltiteln. Er hat zum Beispiel den Service- und Outsourcing-Bereich übergewichtet. „Der war relativ stabil.“ Auch Internet-Aktien seien interessant und hätten „dieses Jahr deutlich outperformt“, betont Kraft. Er setzt etwa auf Amazon und Ebay. Wenig vielversprechend schätzt Kraft dagegen die Halbleiter-Werte ein. „Eine Weile konnte man damit gut verdienen. In den letzten Monaten sind diese Aktien aber ziemlich stark eingebrochen.“ Auch der Wiener Hans Leitner hat interessante Werte entdeckt. „Etwa Internet-Security-Unternehmen wie Network Associates.“
Breiterer Ansatz für High-Tech-Fonds
Trotz schwieriger Zeiten und schlechter Nachrichten – kein Grund, sich völlig von den High-Tech-Fonds abzuwenden, meint Klaus Breil. Anleger sollten sich die Fonds aber genau anschauen. „Ich würde mir wünschen, dass sich viele dieser Fonds breiter aufstellten als in der Vergangenheit. Bei einem sehr engen Technologie-Begriff würde ich Probleme sehen.“ Auch ein Motorrad-Hersteller könne durchaus zum High-Tech-Bereich im weiteren Sinne gehören.
Auslese am Markt
Mittelfristig habe die derzeitige High-Tech-Krise auch ihr Gutes, da sind sich viele Fondsmanager einig. Neue Gesetze, strengere Richtlinien – und eine Auslese am Markt. „Die großen, solide aufgestellten Unternehmen werden gestärkt aus der Krise hervorgehen“, hofft Breil etwa Intel oder Microsoft. Und DWS-Fondsmanager Kraft sagt: „Die High-Tech-Industrie ist nicht tot.“
Furcht vor neuen Bilanz-Fälschern
Allerdings: Noch ist die Stimmung an den Märkten labil. Neue Nachrichten von Bilanzfälschungen seien wahrscheinlich – und sie könnten eine beginnende Erholung ersticken, befürchtet Kraft. „Das erschüttert das Investorenvertrauen in die gesamte Branche.“ Auch Hans Leitner ist sich sicher: „Bilanzskandale, wie wir sie in letzter Zeit gesehen haben, wird es auch in den nächsten 6 Monaten noch geben. Treffen wird es aber hier viel eher große Konzerne und nicht kleinere Unternehmen.“