2012 stehen bekanntlich in vielen Ländern Wahlen an – allen voran in den USA. Wird das Auswirkungen auf die Märkte haben?
Gordon: Nein. In den USA werden sich Investoren voraussichtlich erst im November dem Thema widmen. Dass weder die Demokraten noch die Republikaner vor den Wahlen die Schuldenproblematik auf den Tisch bringen wollen und sich eher der Arbeitsplatzschaffung widmen ist letztlich auch gut für Aktien.
Muss man auch 2012 mit einer hohen Marktvolatilität rechnen?
Gordon: Ende 2011 waren die meisten Marktteilnehmer der Meinung, dass die Volatilität weiter hoch bleiben wird. In Wirklichkeit ist sie zuletzt stark zurückgegangen, seit September, Oktober haben sich die Volatilitätsindizes nahezu halbiert. Ich glaube, dass die Volatilität in den kommenden Monaten zwar wieder zunehmen kann, sie sollte jedoch nicht zu einem ähnlichen Problem werden wie 2011.
Sehen Sie eher ein Inflations- oder Deflationsrisiko?
Williams: Weder noch. Mit Ausnahme von Japan ist die Inflation derzeit weitgehend unter Kontrolle. Ich gehe davon aus, dass sowohl die Headline- als auch die Kerninflation im Laufe des Jahres weiter zurückgehen werden – genauso wie die erwartete Inflation.
Herr Gordon, wie schätzen Sie heuer das Potenzial von Aktien ein?
Gordon: Ich bin sehr zuversichtlich, was Aktien betrifft. Die Bewertungen sind sehr attraktiv – vor allem im Vergleich zu anderen Assetklassen. Am billigsten sind wahrscheinlich europäische Aktien. Allerdings muss man sagen, dass Aktien auf der ganzen Welt attraktiv bewertet sind – auch in den Emerging Markets. Allerdings dürfen Anleger nicht vergessen, dass Bewertungen auf kurze Sicht keine Kurstreiber sind.
Auf welche Unternehmen setzen Sie im aktuellen Umfeld?
Gordon: Unser Investmentansatz hat sich im Grunde nicht geändert. Wir bevorzugen nach wie vor qualitativ hochwertige Unternehmen, die unabhängig vom konjunkturellen Umfeld wachsen können. Diese Unternehmen können letztlich auch anständige Dividenden ausschütten. Das Einkommen steuert den Total Investment Return. Das war immer so und wird auch so bleiben.
Herr Williams, wie schätzen Sie das Umfeld für Fixed Income ein?
Williams: Das Umfeld bleibt gut für hochwertige festverzinsliche Wertpapiere. So kommt der Assetklasse die expansive Geldpolitik entgegen – die Zinsen werden auch 2012 weiter niedrig bleiben. Auch wenn die Renditen auf einen historischen Tiefstand sind, kann Fixed Income gut performen. Uns gefallen allerdings die USA besser als Europa, das sich unserer Meinung nach in einer Rezession befindet. Das gilt sowohl für High Yield- als auch Investmentgrade-Titel. Signifikanten Wert sehen wir vor allem in den Emerging Markets.
Stichwort: Emerging Markets. Werden die aufstrebenden Volkswirtschaften die Weltwirtschaft auch 2012 antreiben.
Williams: Ja, die Emerging Markets werden ein Wachstumstreiber für die Weltwirtschaft bleiben. Aus diesem Grund haben wir die Schwellenländer auch in unseren globalen Fixed Income-Portfolios übergewichtet.
Die Schwellenländeraktien sind auch im Vorjahr nicht wirklich auf Touren gekommen. Was müsste passieren, dass sich das heuer ändert?
Gordon: Ich sehe vor allem zwei Katalysatoren: Die Bankenfinanzierung und der US-Hausmarkt. Was die Bankenfinanzierung betrifft, hat sich die Situation zuletzt deutlich entspannt, was sich auch in den Kursen vieler Bankaktien widerspiegelt hat. Auch am US-Hausmarkt sehen wir nach fünf Krisenjahren eine leichte Stabilisierung. Das wird den Märkten zweifellos helfen.
Rechnen Sie mit einer harten Landung der chinesischen Wirtschaft?
Williams: Nein, China hat in der Vergangenheit bewiesen, dass es seine Wirtschaft sehr erfolgreich managen kann. Die politischen Entscheidungsträger haben auch in der jetzigen Situation das Werkzeug und das Können, um für eine weiche Landung zu sorgen.
Gordon: Wir sind eindeutig zuversichtlicher, dass es China mit seinen Problemen zurecht kommt als etwa Indien. In Indien ist die Situation etwas festgefahren. Es gibt zwar gute Unternehmen, das politische Umfeld – und vor allem die bürokratischen Strukturen – stellt jedoch ein Problem dar. Dass Indien zugunsten Chinas etwas an Aufmerksamkeit eingebüßt hat, kann allerdings für interessante Investmentgelegenheiten sorgen.
Wie sehen Sie das Potenzial von Gold?
Gordon: Von der Marktperspektive her ist Gold sicherlich interessant. Ich bin mir allerdings nicht sicher, dass man von einem sicheren Hafen sprechen kann. Ich persönlich bin kein großer Freund von Gold. Damit ein Investment funktioniert, muss man erst jemand finden, der dazu bereit ist mehr zu zahlen als man selber dafür bezahlt hat.
Gibt es noch sichere Hafen im Fixed Income Universum?
Williams: Das sind nach wie vor die USA. Gründe dafür sind unter anderem die flexible Geldpolitik und die Liquidität des Marktes.
Gordon: Im Aktienbereich sind große Qualitätsunternehmen sicherlich ein sicherer Hafen. Weltweit gibt es derzeit knapp 70 Unternehmen, die höhere Dividendenrenditen aufweisen als Staatsanleihen. Gemeinsam haben diese Unternehmen, dass sie die Hälfte ihrer Gewinne im Ausland machen und dementsprechend in ihren Heimmärkten auch weniger Steuern bezahlen.
Welche Ratschläge möchten Sie Anlegern mit auf den Weg geben?
Gordon: Sie sollten sich an konkreten Zahlen orientieren und nicht von Störgeräuschen beirren lassen.
Williams: Investoren dürfen keineswegs die Bedeutung der Politik unterschätzen. Für eine gute Einschätzung der Entwicklung der Märkte, ist eine profunde politische Analyse Voraussetzung.