Mittelfristiges Potential sehr groß
e-fundresearch: Herr Mol van Otterloo, Sie sind der Fondsmanager des Schroder ISF Italian Equity Fund. Dieser Fonds war mit einer 5-Jahres Performance von 166 Prozent der zweitbeste Fonds in diesem Zeitraum. Wie sieht denn ihr Ausblick für die nächsten fünf Jahre aus?
Adriaan de Mol van Otterloo: Der italienische Aktienmarkt ist nicht ganz so entwickelt wie der europäische Aktienmarkt. Viele Familienunternehmen versuchen erst jetzt über die Börse zu Eigenkapital zu kommen. Früher waren dort hauptsächlich Versorger und Versicherungen an der Börse notiert, heute hat sich das aber geändert: Viele Small- und Mid-Caps kommen auf den Markt. Deshalb ist das mittelfristige Potential weiterhin sehr groß.
Defensiver Charakter Italiens
e-fundresearch: Wie sieht nun die Zukunft Italiens aus? Was kann man dort dieses Jahr als Aktieninvestor noch verdienen?
Adriaan de Mol van Otterloo: Italien ist leicht defensiver als die anderen europäischen Märkte. Der Markt hat weniger Technologiewerte und ist nicht so abhängig von der US-Konjunktur, da der Binnenmarkt so groß ist. Banken, Versicherungen und Ölgesellschaften dominieren generell. Ich glaube also, dass in den nächsten 6-12 Monaten die italienische Börse besser performen wird als der europäische Durchschnitt. Falls wir aber eine konjunkturelle Erholung in Europa sehen, wird der italienische Markt underperformen.
e-fundresearch: Und was erwarten Sie für die europäischen Börsen? Haben wir den Boden etwa schon gesehen?
Adriaan de Mol van Otterloo: Das ist schwer zu sagen, da wir uns noch kein komplettes Bild der europäischen Wirtschaft machen können. Die wichtigste Frage ist aber: Gibt es eine Deflation oder nicht?
Bevorzugte Sektoren: Konsum und Industrie
e-fundresearch: Und welche Sektoren bevorzugen Sie im aktuellen Marktumfeld in Italien?
Adriaan de Mol van Otterloo: Wir favorisieren hauptsächlich Firmen aus dem Konsum- und Industriebereich. Weiters ist Telekom Italia Savings interessant, weil das die defensivste Telekomfirma Europas ist. Auch die italienischen Small- und Mid-Caps sollen sich gut entwickeln.
Politik dominiert: Berlusconi als Investor
e-fundresearch: Welche Rolle spielt die Politik für die italienische Börse?
Adriaan de Mol van Otterloo: Die Politik ist dort sehr, sehr wichtig – und wird das auch weiterhin so bleiben. Berlusconi ist ja nicht nur Premierminister sondern hat auch mindestens zwei große Investments: Mediaset, welche etwa Pro7 kaufen will, und Mediolanum, ein Lebensversicherer an dem er über Fininvest beteiligt ist.
Politik spielt in Italien aber generell eine viel größere Rolle als an anderen europäischen Börsen. Seit dem Beitritt Italiens zur Euro-Zone hat sich das aber etwas gebessert: Zinsanpassungen oder Schwankungen der Lira gehören etwa der Vergangenheit an.
e-fundresearch: Welche italienischen Unternehmen gefallen Ihnen derzeit besonders bzw. was planen Sie da in Zukunft zu ändern?
Adriaan de Mol van Otterloo: Derzeit halten wir Italgas bzw. ENI. Unter den kleineren Firmen haben wir Jolly Hotels und Autostrada Turino-Milano unter unseren Top-Picks. Weiters sind Parmalat und Telekom Italia Savings interessant.
Sinn und Unsinn von Länderfonds
e-fundresearch: Viele Fondsgesellschaften schließen Ihre Länderfonds, DIT etwa auch kürzlich seinen Italien Fonds, weil mit dem Euro nun europäische Sektorfonds mehr Sinn machen als Länderfonds. Welchen Grund sehen Sie für den Fortbestand Ihres Fonds?
Adriaan de Mol van Otterloo: Wenn Sie sich die Investorenstruktur unseres Fonds ansehen, werden Sie registrieren, dass ein Großteil davon italienische Investoren sind. Viele Italiener wünschen einfach ein rein italienisches Exposure und nicht nur ein europäisches Portfolio. Die meisten Länderfonds schließen aber, weil die Performance nicht gut genug ist.
Wir waren aber nicht nur in den letzten 5 Jahren unter den Besten sondern auch auf 3-Jahres-Sicht. Weiters sind wir jedes Jahr im ersten Quartil und wollen das auch weiterhin.
„Wir entscheiden rationaler“
e-fundresearch: Und warum sind Sie da besser als Ihre Konkurrenten?
Adriaan de Mol van Otterloo: Weil wir sehr viele hauseigene Analysten haben, die unser intellektuelles Kapital darstellen. Verglichen mit dem typischen Italien-Investor entscheiden wir bei unseren Investmententscheidungen rationaler. Italiener sind hier oft sehr emotional, und das kostet eben Performance. Unser Turnover beträgt etwa 30-40 Prozent pro Jahr, die meisten anderen haben über 100 Prozent.
e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch!