e-fundresearch: Herr Carey, das Thema „Fiscal Cliff“ wird derzeit heiß diskutiert. Glauben Sie, dass das automatische Wirksamwerden von Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen zum Jahresende vermieden werden kann?
John Carey: Ich befürchte diese Diskussion wird uns noch eine Zeit lang begleiten. Derzeit schaut es nicht nach einer Einigung zwischen Demokraten und Republikanern aus. Sogar innerhalb der Parteien ist man nicht einer Meinung. Das wahrscheinlichste Szenario ist jedenfalls, dass eine vorübergehende Lösung gefunden wird, um das „Fiscal Cliff“ zu vermeiden. Eine dauerhafte Lösung erwarte ich bis zum Jahresende nicht.
e-fundresearch: Was erwarten Ihrer Meinung nach die Märkte?
John Carey: Ich glaube, dass auch die Märkte nicht von einer dauerhaften Lösung ausgehen. Sie preisen eine temporäre Lösung ein. Kommt es also entgegen der Erwartungen doch zu einem Kompromiss, so werden die Märkte sicher positiv reagieren. Auf der anderen Seite werden wir im Falle des Wirksamwerdens des „Fiscal Cliff“ mit Sicherheit eine negative Reaktion erleben.
e-fundresearch: Wie haben Sie den Pioneer Funds – U.S. Pioneer Fund positioniert?
John Carey: Das Portfolio ist schon seit einiger Zeit auf eine temporäre Lösung des US-Budgetstreits ausgerichtet. Man kann das Portfolio – entsprechend der Benchmark – als breit diversifiziert umschreiben. Besonders gut gefallen uns derzeit Konsumtitel, Healthcare, Technologie und Finanzdienstleistungen, weniger gut dagegen Rohstoffe, Energie und zyklische Konsumtitel.
e-fundresearch: Bitte geben Sie Beispiele für Ideen, die sie gerade spielen?
John Carey: Sehr genau schauen wir uns sowohl die Gesundheits- als auch die Finanzmarktreform in den USA an. Große Auswirkungen haben wir von beiden noch nicht gesehen. Aber das dauert schließlich auch seine Zeit. Von der Gesundheitsreform erwarten wir Auswirkungen auf eine Reihe von Firmen – angefangen von Pharmaunternehmen bis hin zu Krankenversicherungen. Was die Finanzmarktreform betrifft, sehen wir große diversifizierte Finanzunternehmen als Profiteure.
e-fundresearch: Was spricht für ein Investment in US-Aktien gegenüber europäischen Aktien?
John Carey: In beiden Märkten sehen wir interessante Gelegenheiten. In Europa findet man etwa viele multinationale Unternehmen zu äußerst attraktiven Preisen. Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Wachstumsprognosen für die europäische Wirtschaft nicht allzu gut sind. In den USA kann man dagegen durchaus von einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum sprechen. Davon profitieren Unternehmen mit einem Inlandsfokus. Viele dieser US-Unternehmen erzielen darüber hinaus einen beachtlichen Teil ihrer Umsätze im Ausland.
e-fundresearch: Wie schätzen Sie im direkten Vergleich die Bewertungen ein?
John Carey: In den USA sind die Bewertungen sicher höher. Am Ende des Tages kommt es allerdings immer auf die Ertragsaussichten an, die sind – auf den Binnenmarkt bezogen – sicher in den USA besser. Was mich für US-Aktien zusätzlich positiv stimmt, ist die Tatsache, dass viele Investoren nur eine geringe Allokation in der Assetklasse aufweisen – vor allem solche mit institutionellen Mandaten.
e-fundresearch: Das größte Risiko für US-Aktien?
John Carey: Das ist eindeutig das Wirksamwerden des Fiscal-Cliffs. In diesem Fall ist auch eine neuerliche Rezession möglich. Man darf nicht vergessen, dass Unternehmen Erträge und Umsätze erzielen müssen. Das ist in einem von niedrigem Wachstum gekennzeichneten Umfeld kaum möglich. Ich persönlich glaube, dass sich viele Menschen über die wirklichen Auswirkungen dieses Szenarios gar nicht bewusst sind.
e-fundresearch: Herr Carey, wir bedanken uns für das Gespräch.
John Carey managt neben dem Pioneer Funds – U.S. Pioneer Fund unter anderem auch den Pioneer Equity Income Fund. Darüber hinaus ist er auch Executive Vice President und Mitglied sowohl des US Operating Committee als auch des US Investment Committee bei Pioneer Investment Management.