Claudia Roth, Grünen-Sprecherin, und Ulrich Strunz, der Gesundheitsapostel, kaufen diesen Fonds sicher nicht. Und der Papst schon gar nicht. Denn der von der Investmentgesellschaft Mutuals.com pünktlich zum Abschluss des Nachhaltigkeitsgipfels in Johannesburg aufgelegte Vice Fund (www.vicefund.com) investiert in die Unternehmen, die nicht als politisch korrekt gelten, oder deren Produkte ungesund oder sogar "sündig" sind: Alkohol, Tabak, Glücksspiel und Rüstung.
Sündige Segmente entwickeln sich besser
"Gerade diese Branchen haben sich in der Vergangenheit als rezessionsfest erwiesen", begründen die beiden Fondsmanager Dan Ahrens und Eric McDonald ihren ganz speziellen Themenfonds. Moralische Bedenken wischen sie zur Seite. Ihr wichtigstes Argument: die Wertentwicklung. Und die ist nicht von schlechten Eltern. Jedes einzelne Segment hat sich in den vergangenen fünf Jahren an den Aktienmärkten deutlich besser geschlagen als zum Beispiel der S&P-500-Index.
Bin Laden sorgt für Rüstungs-Boom
Doch nicht nur mit Zahlen werben die beiden Manager um Kunden. Für jede Branche liefern sie zusätzlich eine mehr oder weniger stichhaltige Begründung. Bei den Rüstungsunternehmen fällt diese besonders knapp aus: Osama bin Laden. "Das sollte eigentlich genügen, um sich für Verteidigungs-Aktien zu interessieren", heißt es im Verkaufsprospekt. Auch nach der Erledigung des Top-Terroristen mache ein Rüstungsengagement Sinn. "Vielleicht werden in einer perfekten Welt diese Industrien nicht mehr benötigt, aber bis dahin kaufen wir lieber ihre Aktien", sagen Ahrens und McDonald.
Auch George Washington liebte sein Bierchen
Um den Anlegern Alkohol-Aktien schmackhaft zu machen, scheut sich Mutuals.com nicht, auf den ersten Präsidenten der USA zu verweisen. George Washington hätte ja auch sein Bier "jeden Abend am Lagerfeuer, zu Hause und bei jedem Staatsempfang genossen".
Wachstum mit Glücksspiel und Tabak
Ähnlich wie beim Alkohol sieht das Management auch bei der Glücksspiel-Industrie enorme Wachstums-Chancen. Grund: Die Möglichkeit, legal zu spielen, sei schon lange nicht mehr nur auf Nevada begrenzt. Mittlerweile habe fast jeder US-Bürger die Möglichkeit, legal zu zocken. Und immer mehr Menschen nutzen dies auch, so das Argument. Zu guter Letzt kommen die zwei Manager den Gegnern der Tabakindustrie selbst mit der Moral. Die sorge schließlich für Millionen von Arbeitsplätzen und sei entscheidend für die Wirtschaft von mehr als 150 Ländern.
Liederlichkeit als Marketinggag?
Deutsche und österreichische Anleger, die sich für den Sündenfonds interessieren, haben allerdings kaum die Chance, an der guten Performance der Anlage teilzuhaben. Der Fonds ist in beiden Ländern nicht zum Vertrieb zugelassen. Deutsche, die den Fonds trotzdem über eine US-Bank beziehen, müssen 90 Prozent der Erträge versteuern. Aber vielleicht kommen ja auch europäische Investmentgesellschaften auf den Gedanken, die Idee der amerikanischen Kollegen zu kopieren. Bei der Münchner Activest aber gibt man sich reserviert. "Das ist nur ein Marketing-Gag. Wir glauben nicht, dass es für ein solches Produkt eine entsprechende Zielgruppe gibt", sagt Pressesprecher Stefan Liebl.
(Quelle: EURO am Sonntag; Foto: Visipix)