„EMD ist keine Nische mehr“

Istvan Fritsche, Client Portfolio Manager bei ING Investment Management, im Gespräch mit e-fundresearch über zunehmenden Inflationsdruck, die untergeordnete Rolle von Hartwährungsstaatsanleihen und die Performanceaussichten für 2013. Funds | 20.03.2013 02:00 Uhr
Istvan Fritsche, Client Portfolio Manager bei ING Investment Management
Istvan Fritsche, Client Portfolio Manager bei ING Investment Management
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e-fundresearch: Herr Fritsche, handelt es sich bei EMD angesichts der rasanten Zuwächse der letzten Jahre eigentlich noch um eine Nische?

Istvan Fritsche: Nein, das zeigt etwa auch, dass das Universum der handelbaren Anleihen heute rund 12 Milliarden USD ausmacht. Der Markt für US-Staatsanleihen ist dagegen nur 6 Milliarden USD groß. Es stimmt allerdings, dass EMD als Assetklasse weltweit immer noch stark unterinvestiert ist. Das wird sich jedoch ändern. So will unter anderem der norwegische Ölfonds sein Engagement auf bis zu 7 % ausweiten.

e-fundresearch: Was ist ihrer Meinung nach die interessanteste Assetklasse im EMD-Universum?

Fritsche: Lokalwährungsanleihen (LC) – und zwar sowohl Staatsanleihen als auch Unternehmensanleihen – und in Hartwährungen (HC) emittierte Unternehmensanleihen sind die am schnellsten wachsenden Assetklassen im EMD-Universum. Letztere weisen inzwischen einen Anteil von 10 % auf – der Markt ist fast so groß wie jener für US High Yield.

e-fundresearch: Wie schaut es mit LC-Unternehmensanleihen aus?

Fritsche: LC-Unternehmensanleihen machen mittlerweile rund 35 % des EMD-Universums aus. Die Assetklasse ist allerdings für internationale Investoren kaum zugänglich. Ich erwarte, dass das in 10 Jahren nicht mehr der Fall sein wird.

e-fundresearch: Was für eine Rolle spielen HC-Staatsanleihen heute?

Fritsche: Eine zunehmend untergeordnete. Sie machen heute nur mehr 6 % aus. Heute besteht das EMD-Universum zu 50 % aus LC-Staatsanleihen. Hintergrund dieser Entwicklung ist, dass die Emerging Markets, aufgrund der gewaltigen wirtschaftlichen Fortschritte der letzten Jahre, nicht mehr in Hartwährungen emittieren müssen. Für 2013 wird ein Netto-Emissionvolumen von lediglich 10 Milliarden USD erwartet. Man darf nicht vergessen, dass für die Schwellenländer HC-Anleihen viel volatiler sind.

e-fundresearch: Die Inflation – und zwar die zyklische als auch die strukturelle Komponente – ist in den Emerging Markets zuletzt zurückgegangen. Wie sehen Sie die Chancen, dass der Inflationsdruck wieder steigt?

Fritsche: Auch wenn wir zuletzt keinen großen Inflationsdruck gesehen haben, müssen wir wieder etwas vorsichtiger sein. Das liegt daran, dass sich die US-Wirtschaft wieder besser entwickelt, sich in China hinsichtlich des Wachstumsrückgangs eine Bodenbildung abgezeichnet hat und auch in Europa die größten Schwierigkeiten bewältigt sind. Insgesamt ist das globale Wachstumsmomentum wieder viel stärker. Auch das Quantitative Easing macht vielen Experten Sorgen. Wir erwarten, dass der Inflationsdruck frühestens, wenn überhaupt, erst im zweiten Halbjahr steigen könnte. Nimmt das Wachstum zu, werden jedenfalls Fremdwährungen und Spreads profitieren.

e-fundresearch: Werden wir, was die Zinsentwicklung betrifft, heuer großartige Sprünge sehen?

Fritsche: Die Zinsen werden sich 2013 eher seitwärts bewegen. Es gibt keinen Grund für großartige durationsbedingte Kursgewinne. Das ist auch in den Anleihenkursen eingepreist. Zinsanhebungen in Brasilien oder Senkungen in Ungarn stellen eine Ausnahme dar.

e-fundresearch: Wie werden sich die einzelnen Regionen im EMD-Universum 2013 Ihrer Meinung nach entwickeln?

Fritsche: Im Vorjahr haben sich Asien und Lateinamerika gut entwickelt. Europa ist dagegen etwas hinterhergehinkt, hat sich aber in der zweiten Jahreshälfte etwas besser geschlagen. Wir glauben, dass die CEE-Staaten 2013 wieder an Fahrt gewinnen werden – auch wenn das Wachstum weiter suboptimal ausfallen wird. In Lateinamerika sollten sich Kolumbien, Peru, Mexiko und Brasilien heuer gut entwickeln. In Asien sollten chinesische Unternehmensanleihen, z.B. im Real Estate-Sektor, gut performen.

e-fundresearch: Im Vorjahr hat EMD bekanntlich zu den am stärksten performenden Assetklassen gezählt. Wird es 2013 in einer ähnlichen Tonart weitergehen?

Fritsche: Nach der guten Vorjahresperformance sollten Investoren heuer in absoluter Hinsicht etwas weniger erwarten. Was HC-Staatsanleihen betrifft, werden wir heuer eine Performance zwischen 3 und 7 % sehen, Unternehmensanleihen werden sich etwas besser entwickeln. Die HC-Gesamtrenditen sollten sich deshalb schwächer entwickeln, weil sich die Spreads schon sehr eingeengt haben. HC-EMD ist schon relativ gut bewertet. Bei LC werden wir Renditen im hohen einstelligen Bereich sehen.

e-fundresearch: Was für eine Rolle wird heuer die Fremdwährungskomponente spielen?

Fritsche: Sie wird bei LC einen großen Teil der gesamten Performance ausmachen – sprich, getrieben von der Währungsaufwertung 3 bis 5 %. Die Gesamtrendite wird bei rund 8-10 % liegen. Insgesamt erwarten wir jedenfalls starke Zuflüsse EMD – vor allem im LC-Bereich.

e-fundresearch: Bitte umschreiben Sie Ihren Investmentstil.

Fritsche: Unser Anlagestil ist durch ein fundamental aktives und mittelfristig orientiertes Management gekennzeichnet und wird sowohl von einem Top-Down- als auch einen Bottom-Up-Research-Prozess getrieben. Bei HC kommt es etwa auf Bottom-Up-Research an. Wichtig ist es das jeweilige Länderrisiko zu verstehen.

e-fundresearch: Seit wann beschäftigt man sich bei ING Investment Management mit EMD?

Fritsche: Wir haben mehr als 20 Jahre Erfahrung mit der Assetklasse. Damals hat es noch kein Research Material gegeben – geschweige denn Informationen auf Bloomberg. Wir haben uns deshalb vor Ort entsprechende Strukturen aufgebaut, sind es also gewohnt Informationen auf den Grund zu gehen. Unser EMD-Team arbeitet heute von drei Standorten aus – sprich, Atlanta, Den Haag und Singapur.  

e-fundresearch: Vielen Dank!


Zum EMD-Portfolio von ING gehören heute der ING (L) Renta Fund Emerging Market Debt Hard Currency, der ING (L) Renta Fund Emerging Market Corporate Debt, der ING (L) Renta Fund Emerging Market Local Currency, der ING (L) Renta Fund Emerging Market Local Bonds, der ING (L) Renta Fund Asian Debt (Hard Currency), ING (L) Renta Fund Asian Debt (Local Bond). Laut Fritsche haben alle Fonds 2012 ihre Benchmarks geschlagen.

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