"Hedge-Fonds können das Risiko begrenzen"
e-fundresearch: Herr Harmssen, Hans Eichel will demnächst in Deutschland den Vertrieb von Hedge-Dachfonds zulassen. Was halten Sie davon?
Harmssen: Ich stehe dem etwas zwiespältig gegenüber. Es ist natürlich positiv, dass sich der deutsche Finanzmarkt alternativen Investments öffnet. Damit können auch "normale Dachfonds" ihr Anlagespektrum erweitern und dann unter anderem auch aus fallenden Kursen Profit schlagen. Zudem sind Hedge-Fonds in der Regel gering zu anderen Anlageklassen korrelliert und können so unter Umständen sogar das Risiko begrenzen.
"Man kauft mit einem Hedgefonds eine Black Box"
e-fundresearch: Und die negative Seite?
Harmssen: Das Problem bei Hedge-Fonds liegt in ihrer sehr großen Vielfalt. Hedgefonds ist nicht gleich Hedgefonds. Manche Fonds verfolgen gleich mehrere unterschiedliche Strategien. Daher sind sie häufig sehr schwer zu durchschauen. Zudem unterliegen sie bislang keiner staatlichen Kontrolle. Man kauft also eine Black Box.
"Die Rendite-Versprechen vieler Hedgefonds werden nie und nimmer erreicht"
e-fundresearch: Hat also auch der Profi keinen Einblick in das Portfolio?
Harmssen: Grundsätzlich nicht. Zudem dürften sich nur sehr wenige Dachfondsmanager mit dieser Materie auskennen. Dadurch könne sich das Risiko einiger Dachfonds erhöhen. Viele Dachfondsmanager schauen nur auf die bisherige Performance von Fonds. Das würde das Risiko der Fonds immens erhöhen. Zumal die Rendite-Versprechen vieler Hedgefonds nie und nimmer erreicht werden.
"Ob man nach drei Jahren Baisse Hedgefonds propagieren sollte, steht in Frage"
e-fundresearch: Warum?
Harmssen: Ganz einfach. Hedgefonds haben in der Regel eine sehr hohe Gewinnbeteiligung, die auch die Dachfonds zahlen müssen. Das belaste natürlich ihre Performance. Ob man nach drei Jahren Baisse jetzt Hedgefonds stark propagieren sollte, steht auch in Frage. Ich denke, es gibt eine bessere Alternative.
"Mit der neuen OGAW-Richtlinie können Dachfonds gezielt in Derivate investieren"
e-fundresearch: Woran denken Sie?
Harmssen: Es gibt ja jetzt die neue EU-Richtlinie der Organismen zur gemeinsamen Anlage von Wertpapieren (OGAW). Nach dieser Richtlinie können Dachfonds gezielt in Derivate investieren, um Positionen zu hedgen oder trotz fallender Märkte, einen Gewinn zu erzielen.
"Erstmals bieten Dachfonds eine wirkliche Vermögensverwaltung an"
e-fundresearch: Was genau dürfen Sie dann machen?
Harmssen: Man kann seine eigenen Strategien umsetzen. Wenn man zu einem Markt eine negative Meinung hat, kann man durch Kaufen von Puts oder Schreiben von Calls von fallenden Märkten profitieren. So ist man nicht auf einen dritten angewiesen, von dem man nicht genau weiß, was er macht. Zudem darf man in Zertifikate, einzelne Aktien oder Renten investieren. Dann kann man erstmals die mit einem Dachfonds eine wirkliche Vermögensverwaltung anzubieten.
"Mit der Commerzbank (ADIG) legen wir gerade den Fonds Select Fundamental auf"
e-fundresearch: Haben Sie einen solchen Fonds schon in Planung?
Harmssen: Ja. Zusammen mit der Commerzbank (ADIG) legen wir gerade den Fonds Select Fundamental auf. Der Fonds wird in etwa vier Wochen mit einer Luxemburger Vertriebszulassung auf den Markt kommen. Das Ziel des Fonds sind absolute Erträge.
"Ich wäre zufrieden, wenn wir pro Jahr zwischen sieben und elf Prozent schaffen"
e-fundresearch: Welche Performance versprechen Sie sich langfristig?
Harmssen: Voraussagen sind zwar schwierig. Aber ich wäre zufrieden, wenn wir pro Jahr zwischen sieben und elf Prozent schaffen könnten.
"Mit Derivaten möchten wir vor allem bestehende Positionen absichern"
e-fundresearch: Mit welchem Konzept wollen Sie das schaffen?
Harmssen: Wir wollen das nicht mit wildem Spekulieren schaffen. Mit Derivaten möchten wir vor allem bestehende Positionen absichern. Nur in außergewöhnlichen Situationen, wo klar ist, dass der Markt nach unten geht, würden wir short gehen. Ansonsten werden wir es tunlichst vermeiden, spekulativ tätig zu sein. Schließlich ist es nicht unser eigenes Geld, sondern das unserer Kunden.
"Es ist nun möglich, bis zu 100 Prozent Cash zu halten"
e-fundresearch: Gibt es noch andere Vorteile der neuen Richtlinie?
Harmssen: Ja. Es ist nun möglich, bis zu 100 Prozent Cash zu halten. Damit kann man sich auch einer Baisse entziehen. Denn was nützte bisher der beste Fonds, wenn der ganze Markt stark nach Süden geht.
"Wenn die Märkte stark nach oben laufen, wird man nie ganz vorne dabei sein"
e-fundresearch: Die Flexibilität hat aber doch auch Nachteile?
Harmssen: Klar, wenn die Märkte stark nach oben laufen, wird man nie ganz vorne dabei sein können, weil man permanent Risiken absichert. Aber viele Kunden oder Berater mit denen ich dieses Problem diskutiert habe, finden das nicht schlimm. Wenn man in Hausse-Phasen statt zwölf Prozent Rendite nur neun oder zehn hat, ist das in Ordnung. Unter der Voraussetzung, dass in fallenden Märkten das Kapital erhalten bleibt.
"Dachfonds ohne große Banken im Rücken werden es zukünftig sehr schwer haben"
e-fundresearch: Das klingt alles gut. Aber der Anleger steht dann doch vor der Frage, was macht der Manager und welches Risiko geht er ein?
Harmssen: Das ist sicherlich ein Problem. Der Anleger hat dann die Wahl zwischen Dachfonds alter und neuer Prägung und völlig unterschiedlichem Risikoprofilen. Das wird sehr kompliziert werden, um den Überblick zu behalten. Zumal auch viel mehr Wissen nötig wird. Dachfonds unabhängiger Berater ohne das Know-How großer Banken im Rücken werden es zukünftig sehr schwer haben.
Zur Person: Ulrich Harmssen (49), ist kein typischer Vertreter der Finanzbranche. Von Hause aus Film- und Theaterkomponist, dreht sich sein Alltag seit 1992 um Fonds. Damals gründete er den Makler Pool Fonds Select. Seit 2000 managt er für Merck Finck drei Dachfonds nach einem von ihm entwickelten mathematischen Systems.