Warum private Zukunftsvorsorge notwendig ist
Die Einführung der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge in Österreich im Herbst letzten Jahres stand zuerst einmal unter dem Eindruck der Neuwahlen. Danach dominierte die Diskussion um die Höhe der Aktienquote (reduziert von mind. 60 % auf mind. 40 %) und das Anlageuniversum (Schwerpunkt Österreich).
In einem größeren Zusammenhang betrachtet ist die private Zukunftsvorsorge auf jeden Fall notwendig. Zu diesem Schluß kommt auch eine Gruppe europäischer Finanzinstitutionen, die als "European Financial Services Round Table (EFR)" entsprechende Analysen zur Entwicklung der Pensionssysteme in Europa angestellt und entsprechende Vorschläge an die europäischen Finanzministern (ECOFIN Council) übermittelt haben, wie u. a. auch von IPE.com berichtet wurde.
Auf Basis dieser Analysen kann man festhalten, daß der Ausbau der privaten Pensionsvorsorge die Kürzung der zukünftigen staatlichen Pensionen reduzieren, aber nicht verhindern kann.
Demographische Entwicklung führt zu dramatisch höheren Pensionsaufwendungen in Europa
Die EFR Analysen gehen davon aus, daß die Kosten der staatlichen Pensionsvorsorge in Europa in den nächsten 40 Jahren um 30 % steigen werden bzw. bei gleichbleibenden Ausgaben des Staates die Pensionsleistungen um diesen Betrag sinken müßten. Auf die Gefahr einer Kostenexplosion wurde bereits im letzten Jahr im Rahmen eines Berichts "One Europe. One Pension" hingewiesen.
"Drei Säulen Modell" als Lösung des Problems
Der EFR unterstüzt in seinen Empfehlungen das klassische "Drei Säulen Modell" (staatliche, betriebliche und private Altersvorsorge). Die konkrete Ausgestaltung des Modells muß jedoch in jedem Land individuell gestaltet werden und auf die bestehenden Strukturen Rücksicht nehmen.Wichtig wird nach Ansicht des EFR auf jeden Fall die Schaffung einer ausgewogenen Balance zwischen den einzelnen Säulen.
Mit der Reform des Abfertigungsmodells (Abfertigung Neu) und den staatlich geförderten Zukunftsvorsorgeprodukten sind in Österreich wichtige Schritte in die richtige Richtung gesetzt worden. Man kann davon ausgehen, daß in den nächsten Jahren weitere Schritte folgen werden.
EFR prognostiziert hohe Kosten für Österreich
Im Rahmen eines Ländervergleichs hinsichtlich der erwarteten Kostensteigerungen für staatliche Pensionssysteme wurden für Österreich folgende Kosten prognostiziert (Pensionsausgaben für Personen ab 55 Jahre, vor Steuern, in % des BIP):
Österreich: 14,5 % (2000), 16 % (2020) und 18,3 % (2040)
Deutschland: 11,8 % (2000), 12,6 % (2020) und 16,6 % (2040)
EU: 10,4 % (2000), 11,5 % (2020) und 13,6 % (2040)
Inwieweit diese Daten mit heimischen Berechnungen übereinstimmen kann nicht abschließend überprüft werden. Faktum ist jedoch, daß Österreich höhere Kosten als der EU Durschnitt und Deutschland aufweisen würde und im Jahr 2040 nur noch Griechenland mit 23,8 % mit höhere Kosten kämpfen müßte. Interessanterweise liegt Österreich zum Stichtag 2020 mit 16 % n der Spitze, knapp vor Griechenland (15,4 %).
Hohe Pensionslücke in Europa
Weitergehende Berechnungen des EFR ergaben eine beträchtliche Pensionslücke in Europa. Bei gleichbleibenden Pensionsbeiträgen auf dem Niveau des Jahres 2000 und ohne Anhebung des Pensionsalters bzw. Kürzung von Pensionen ergibt sich für Europa in 40 Jahren eine Pensionslücke von EUR 456 Mrd. - pro Jahr! Der Anteil Österreichs wäre mit knapp EUR 12 Mrd. nicht gerade gering. Deutschland müßte mit zusätzlichen Kosten von EUR 110 Mrd. rechnen.
EFR fordert Marktöffnung und Wettbewerb
Die zentralen Forderungen des EFR zielen auf die Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen ab. Die Vertreter des EFR sehen vor allem in der Schaffung von fairen Rahmenbedingungen für die private Finanzindustrie einen zusätzlichen Beitrag zur Reduktion der Pensionslücke.
In Österreich wartet die gesamte Fondsindustrie mit wachsender Ungeduld auf die Reform der Investmentfondsbesteuerung. Die weitgehende Gleichbehandlung von in- und ausländischen Fonds in der Zukunft wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung - zum Vorteil für Anleger.
Wie die oben genannten Analysen zeigen, muß die Schaffung eines effizienten Kapitalmarktes letztendlich auch im Interesse der Finanzministers liegen. Sie werden das demographische Problem der Zukunft nicht alleine lösen können.