Im folgenden Interview erklärt er etwa, warum Value Investing so viel an Arbeit erfordert und warum es gerade in Europa so wenige Value-Fondsmanager gibt.
Kapitalverdoppelung in 5-6 Jahren
e-fundresearch/Salzburg: Mr. Stewart, Sie sind CEO und Chairman von W.P. Stewart. Ihre Firma verwaltet u.a. den Spängler Long Term Value Trust. Ist für einen Value-Investor wie Sie nun eigentlich die Zeit gekommen Aktien zuzukaufen und wenn ja, wo sehen Sie derzeit die besten Einstiegsgelegenheiten?
William P. Stewart: Wir bei W.P. Stewart konzentrieren uns auf Wachstumsunternehmen hoher Qualität. Derzeit ist sicherlich die richtige Zeit um in diesen Unternehmen investiert zu sein. In 5-6 Jahren kann man dort mit konservativen Annahmen sein Kapital verdoppeln. Andererseits gibt es auch keine guten Alternativen, da die Zinsen im Anleihensektor sehr niedrig sind. Langfristig hat man dort aber auch einiges an Risiko zu tragen, vor allem wenn die Zinsen wieder ansteigen. Da machen Wachstumsunternehmen mit hoher Qualität sicher mehr Sinn.
e-fundresearch/Salzburg: Gibt es einige Sektoren oder Einzeltitel, die Sie momentan besonders attraktiv finden?
William P. Stewart: Davon gibt es sicherlich einige, über welche ich aber nicht berichten darf.
Anleger sollten den wahren Wert einer Aktie kennen
e-fundresearch/Salzburg: Ihre Anlagephilosophie orientiert sich ja sehr an Benjamin Graham. Was kann ein durchschnittlicher Anleger von Graham lernen?
William P. Stewart: Zuallererst sollte man sich darüber Gedanken machen, was der faire Wert einer Geldanlage überhaupt ist. Wenn ich mir eine Aktie kaufe, muss ich wissen was das Unternehmen überhaupt wert ist. Viele Anleger tun aber nicht einmal das, obwohl diese Vorgehensweise der erste Schritt zur intelligenten Geldanlage ist. Dann kann ich nämlich schauen ob der Markt diesen Wert über- oder unterbewertet und meine Entscheidungen darauf abstellen.
Value Investing: The hard way
e-fundresearch/Salzburg: Wenn Value-Investing also so einfach ist, warum gibt es dann nur so wenige Value-Investors, speziell in Europa?
William P. Stewart: Value kann sehr unterschiedlich definiert werden. Den inneren Wert einer Aktie zu errechnen ist aber sicher keine einfache Angelegenheit, vor allem wenn man ein genaues Ergebnis benötigt. Die Frage ist also nicht die der richtigen Formel, sondern der richtigen Vorgehensweise um an die gewünschten Informationen zu kommen. Bei uns kümmern sich etwa 15 Analysten um 35-40 Titel.
Detektivische Arbeit erst seit 10-15 Jahren möglich
e-fundresearch/Salzburg: In Europa gibt es im Unterschied zu den USA sehr wenige Fondsmanager, die sich dem Value-Stil verschrieben haben. Sind die Europäer also in der Analyse ihrer Titel nur besonders faul?
William P. Stewart: Das denke ich nicht, faul sind Sie sicher nicht. Es gibt in den USA aber einfach eine längere Tradition wenn es um das "Ausgraben" von Unternehmensinformationen geht. Die Analysten in Kontinentaleuropa sind das noch nicht gewöhnt und müssen dies erst lernen, weil die Informationen noch nicht so lange erhältlich sind Als wir vor 10-15 Jahren hier zu großen Unternehmen gegangen sind, hieß es: "Wir publizieren jährlich einen Jahresabschluss in Englisch." Das war´s: Keine Firmenbesuche, Manager-Interviews etc. Diese detektivische Arbeit ist erst seit 10-15 Jahren möglich und deswegen ist es auch nicht verwunderlich, dass viele Analysten dieses Handwerk erst erlernen. In Europa will man den wahren Wert einer Firma eher nicht publizieren, da das steuerliche Nachteile für die Besitzer, meist Banken oder Familien, mit sich bringen würde. In den USA ist das anders und deswegen gibt da eben schon eine diesbezügliche Historie von 50-100 Jahren.
e-fundresearch/Salzburg: Vielen Dank für das Gespräch!